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Lexikon der Chemie: Fraktionierung

Fraktionierung, 1) allgemein die Zerlegung eines Stoffgemisches durch stufenweise Abtrennung der Bestandteile unter bestimmten Temperatur-, Druck- oder Konzentrationsbedingungen. Die abgeschiedenen und einzeln aufgefangenen Anteile werden Fraktionen genannt. Die F. wird in allen Trennprozessen angewendet, besonders bekannt ist sie bei der Destillation, Kristallisation, Kondensation, Sublimation und allen Sorptionsprozessen.

2) in der makromolekularen Chemie die Auftrennung einer polydispersen Substanz in verschiedene Fraktionen mehr oder weniger einheitlicher Molekülmassen. Die Einheitlichkeit einer Fraktion hängt von der Trennschärfe des Fraktionierverfahrens ab. Man unterscheidet:

Gleichgewichtsverfahren.

1) Die fraktionierte Fällung beruht darauf, daß man der Lösung eines polymeren Stoffes ein Fällungs- oder Nichtlösungsmittel, das mit dem Lösungsmittel mischbar sein muß, zusetzt, bis Trübung auftritt. Nach einiger Zeit scheidet sich dann eine zweite flüssige Phase ab, die die höherpolymeren Anteile enthält. Die darüberstehende Lösung wird abgetrennt und erneut mit dem Fällungs- oder Nichtlösungsmittel versetzt. Nach mehrmaliger Wiederholung dieser Arbeitsgänge liegen verschiedene Polymerfraktionen vor, mit deren Hilfe die Verteilungsfunktion aufgestellt werden kann. Man geht dabei so vor, daß man das Lösungsmittel-Nichtlösungsmittel-Gemisch entfernt, die Masse des polymeren Rückstandes bestimmt und die relative Molekülmasse der Fraktion nach einer der üblichen Methoden, wie Viskosimetrie, Osmometrie, bestimmt. Mittels der erhaltenen Werte kann man dann die integrale oder differentiale Verteilungsfunktion aufstellen. Man unterscheidet sukzessive und summative F.

2) Verfahren ohne Isolierung der Fraktionen. Diese Verfahren gehören zu den Schnellmethoden der F. Sie liefern relativ schnell einen orientierenden Überblick über die Verteilungsfunktion. Man unterscheidet: a) Trübungstitration (turbidimetrische F.); man mißt die Trübung abhängig von der zugegebenen Fällungsmittelmenge. b) Messung des Volumens der Gelphase (volumetrische F.); man mißt das Volumen der entstehenden zweiten Phase in Abhängigkeit von der zugegebenen Fällungsmittelmenge. c) Bestimmung mit der Sedimentationswaage (gravimetrische F.); man bringt kurz über dem Boden des Fraktionierungsgefäßes eine Waagschale an, auf der sich der bei der Fällung entstehende Niederschlag absetzt, und registriert ihn in Abhängigkeit von der zugesetzten Lösungsmittelmenge.

3) Die Lösungsfraktionierung beruht darauf, daß in einer polymerhomologen Reihe unter sonst gleichen Bedingungen die Löslichkeit mit wachsendem Polymerisationsgrad abnimmt. Behandelt man einen polymolekularen Stoff zunächst mit einem schlechten Lösungsmittel, so erhält man die niedrigen Molekülmassenanteile gelöst. Wendet man dann besser lösende Mittel an, so lösen sich auch die höheren Molekülmassenanteile auf. Je feiner dabei die Lösungsmitteleigenschaften abgestuft werden, desto schärfer kann man trennen. Praktisch geht man so vor, daß man die polymere Substanz auf inerten Trägern aufbringt und diese Lösungsmittelgemischen bestimmter Abstufung aussetzt. Nach einer gewissen Zeit wird dann das Lösungsmittel – z. B. durch Abdampfen – entfernt und der Rückstand gewogen.

4) Bestimmung des Sedimentationsgleichgewichts in der Ultrazentrifuge.

5) Das Verteilungsverfahren beruht darauf, daß zwischen nichtmischbaren, verschiedenen Lösungsmitteln eine Verteilung erfolgt.

6) Gradientenelution. Das Gradientenelutionsverfahren kann mit einem Temperaturgradienten (Thermoextraktionsverfahren) oder mit einem Druckgradienten durchgeführt werden (Verteilungschromatographie).

Adsorptionsverfahren beruhen darauf, daß an geeigneten Adsorptionsmitteln die Adsorptionsfähigkeit von der Molekülmasse abhängig ist. Auf diese Weise kann man z. B. Polyester an Harnstoffsäulen aus benzolischer Lösung trennen (Chromatographie).

Die F. mit Hilfe der Densechromatographie kann sowohl über einen Adsorptionsmechanismus als auch über einen Verteilungsmechanismus erfolgen. Die F. von hochpolymeren Substanzen kann auch durch Permeationschromatographie erfolgen. Sehr variabel und für hohe Molekülmassen (bis 1012 g mol-1) geeignet ist die Feld-Fluß-Fraktionierung.

Kinetische Verfahren.

1) Die Messung der Diffusionsgeschwindigkeit beruht darauf, daß diese umgekehrt proportional der Molekülmasse ist, Diffusion.

2) Verwendung von Membranen abgestufter Porosität. a) Ausnutzung der Ultrafilterwirkung gewisser Membranmaterialien. Sie lassen sich mit verschiedener Porosität herstellen, so daß man auf diesem Wege verschiedene Molekülgrößen durch Ultrafiltration abtrennen kann. b) Messung des zeitlichen Verlaufs des osmotischen Druckes.

3) Ausnutzung der Thermodiffusion. a) Trennrohrverfahren analog dem Verfahren zur Isotopentrennung im Clusiusschen Trennrohr. b) Statistisches Verfahren unter Verwendung des Soret-Effektes; es beruht darauf, daß sich Moleküle verschiedener Größe innerhalb einer Lösung partiell entmischen.

4) Messung der Auflösungsgeschwindigkeit in bestimmten Lösungsmitteln, die ebenfalls von der Molekülmasse abhängig ist.

5) Messungen in der Ultrazentrifuge beruhen darauf, daß sich in einer Flüssigkeit gelöste Teilchen unter der Wirkung der massenproportionalen Zentrifugalkraft absetzen. Es gibt dabei verschiedene Methoden: a) Bestimmung der Sedimentationsgeschwindigkeit, b) Messung des Sedimentationskoeffizienten, c) Messungen nach dem Archibald-Verfahren, d. i. ein Verfahren, bei dem die sonst langwierigen Untersuchungen in der Ultrazentrifuge wesentlich verkürzt sind.

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