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Lexikon der Chemie: Penicilline

Penicilline, eine Gruppe der β-Lactamantibiotika, die das bicyclische Grundgerüst Penam enthalten. Die P. sind Derivate der 6-Aminopenicillansäure, bei der die Aminogruppe acyliert ist. 6-Aminopenicillansäure enthält 3 chirale C-Atome (C2, C5, C6). Die Biosynthese der P. wie auch die der Cephalosporine erfolgt aus L-2-Aminoadipinsäure, L-Cystein und D-Valin, wobei nach Ausbildung einer acylierten 6-Amino-penicillansäure der L-2-Amino-adipinsäurerest durch Umacylierung mit einer anderen Carbonsäure, z. B. der Phenylessigsäure, ersetzt wird (Benzylpenicillin). Die P. werden unter anderem von Pilzen der Gattungen Penicillium, Aspergillus und Trichophyton gebildet.

P. werden therapeutisch in breitem Umfang verwendet. Wichtigstes von Mikroorganismen gebildetes P. ist Benzylpenicillin (Penicillin G). Daneben entstehen andere Penicilline. Verwendet werden die stabileren Alkalisalze, insbesondere das Natriumsalz. Benzylpenicillin wird industriell unter Einsatz von Hochleistungsstämmen, vor allem von Penicillium chrysogenum, im Submersverfahren unter aeroben Bedingungen gewonnen. Um die Bildung anderer P. zurückzudrängen, wird Phenylessigsäure als Präkursor und/oder Maisquellwasser, das ebenfalls Phenylessigsäure enthält, zugesetzt. Zur Isolierung wird das Myzel abgetrennt, die Lösung nach Ansäuern z. B. mit Butylacetat ausgeschüttelt und aus der die freie Säure enthaltenden organischen Phase das Natriumsalz gewonnen.





Benzylpenicillin wirkt bakterizid gegenüber grampositiven Bakterien (Streptokokken, Pneumokokken und Staphylokokken, bei letzteren, sofern sie keine β-Lactamase bilden) sowie gramnegativen Kokken, z. B. Gonokokken. Es ist wenig toxisch und kann deshalb in hohen Dosen angewendet werden. Nachteilig sind seine geringe chemische Stabilität, insbesondere seine Säureinstabilität, die eine orale Anwendung ausschließt; weiterhin die schnelle Elimination, das begrenzte antimikrobielle Wirkungsspektrum, eine relativ breit entwickelte Resistenz und das gelegentliche Auftreten von Allergien. Um einen ausreichend hohen Blutspiegel längere Zeit aufrechtzuerhalten, werden wäßrige bzw. ölige Lösungen oder Suspensionen schwerlöslicher Salze des Benzylpenicillins z. B. mit Procain oder Benzathin (N,N'-Bisbenzylethylendiamin) injiziert. Die Entwicklung säure- und/oder β-lactamasestabiler P. sowie von P. mit breitem Wirkungsspektrum gelang durch die Synthese von P., die sich vom Benzylpenicillin durch einen anderen Acylrest unterscheiden. Dies gelang durch Zusatz anderer monosubstituierter Essigsäuren als Präkursoren, hauptsächlich aber durch Acylierung von 6-Aminopenicillansäure, die zunächst durch enzymatische Entacylierung von Benzylpenicillin gewonnen wurde. Neuerdings wird 6-Aminopenicillansäure auch auf chemischem Wege aus Benzylpenicillin nach dem Delfter-Verfahren gewonnen.

Die wichtigsten partialsynthetischen P. gehören zu den Gruppen der säurestabilen, aber nicht β-lactamasestabilen Phenoxypenicilline, wie Phenoxymethylpenicillin (Penicillin V), der säure- und β-lactamasestabilen Isoxazolylpenicilline, z. B. Cloxacillin und Dicloxacillin, der β-lactamaseinstabilen, säurestabilen α-Aminobenzylpenicilline mit Breitspektrumwirkung, wie Ampicillin und Amoxicillin, Acylureidopenicilline, z. B. Azlocillin und Mezlocillin, die vor allem bei Infektionen durch Problemkeime, wie Pseudomonas aeruginosa und bestimmte Proteus-Arten, eingesetzt werden. Zur besseren Resorption werden z. T. Ester der P. eingesetzt, aus denen im Blut enzymatisch die wirksamen freien Säuren gebildet werden.

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