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Lexikon der Chemie: Polarographie

Polarographie, ein elektrochem. Analysenverfahren, bei dem Strom-Spannungs-Kurven ausgewertet werden. Als Arbeitselektrode dient eine Quecksilbertropfelektrode. Bei der Gleichstrompolarographie besteht die polarographische Meßanordnung aus der Meßzelle, in der sich ein Leitelektrolyt, ein Depolarisator sowie die Quecksilbertropf- und die Bezugselektrode (meist eine Kalomelelektrode) befinden, und einer äußeren, veränderlichen Gleichspannungsquelle. Die Arbeitselektrode wird mit einer Spannungsrampe zunehmend negativ polarisiert. Aber erst, wenn die Zersetzungsspannung des Depolarisators erreicht ist, beginnt ein durch Elektrodenreaktionen bedingter Strom durch die Meßzelle zu fließen. Dieser Strom erreicht bei weiterer Negativierung des Potentials an der Arbeitselektrode einen Grenzwert, den Grenzstrom. Dieser wird durch Diffusionsvorgänge (Diffusionsstrom) oder kinetische Vorgänge (kinetischer Strom) bestimmt. Insbesondere der Diffusionsstrom stellt ein Maß für die Konzentration des Depolarisators dar. Das Potential, bei dem der Grenzstrom seinen halben Wert erreicht, wird als Halbstufenpotential E1/2 bezeichnet, es ist ein qualitatives Kriterium für die Art des Depolarisators.



Polarographie. Abb.1: Prinzipielle Schaltung einer polarographischen Meßanordnung.

Die bei der Messung erhaltene Stufe zeigt eine Oszillation, die durch die Oberflächenänderung des Quecksilbertropfens hervorgerufen wird. Für die polarographische Analyse eignen sich anorganische Ionen oder organische Substanzen, die an der Quecksilbertropfelektrode reduziert (oder seltener oxidiert) werden können. Für die quantitative Auswertung eignen sich besonders diffusionskontrollierte Grenzströme. Deshalb wird der zu analysierenden Lösung ein Leitsalz zugesetzt, das den Ladungstransport übernimmt. Dadurch kann die Diffusion des Depolarisators zur Elektrode zum geschwindigkeitsbestimmenden Schritt der Elektrodenreaktion werden.

Die bisher beschriebene "klassische P." eignet sich für Depolarisatorkonzentrationen von 10-3 bis 10-5 mol/l. Unterhalb dieses Konzentrationsbereiches sind Messungen nicht möglich, da der ebenfalls durch die Meßzelle fließende kapazitive (nicht-Faradaysche) Strom die Größenordnung des Diffusionsstromes erreicht. Diese Störgröße wird durch die zeitliche Veränderung der Oberfläche des Quecksilbertropfens und die des Elektrodenpotentials hervorgerufen. Die Gleichstrompolarographie wurde deshalb in verschiedener Weise modifiziert, um geringere Depolarisatorkonzentrationen nachweisen zu können.

Bei der Wechselstrompolarographie wird die in der Gleichstrompolarographie angewandte Spannungsrampe mit einer Wechselspannung kleiner Amplitude (Frequenz meist 50 oder 60 Hz) moduliert. Für die Strommessung wird nur der Wechselstromanteil des durch die Zelle fließenden Stromes herangezogen. Anstelle der polarographischen Stufe erhält man bei der Wechselstrompolarographie Strompeaks.

Die Tastpolarographie bedient sich des unterschiedlichen zeitlichen Verlaufs von Diffusionsstrom und kapazitivem Strom während der Dauer eines Tropfenlebens. Während der Diffusionsstrom mit der Zeit ansteigt, zeigt der kapazitive Strom fallende Tendenz. Die Strommessung erfolgt nur am Ende des Tropfenlebens, und damit wird der Anteil des kapazitiven Stromes teilweise eliminiert.

Bei der Pulspolarographie wird die Arbeitselektrode nur mit einzelnen Spannungspulsen polarisiert. Der gemessene Strom entspricht der Differenz des Stromes kurz vor Tropfenfall und dem im Meßintervall fließenden. Es ergeben sich wie in der Gleichstrompolarographie Stufen.

Bei der Differenz-Pulspolarographie wird die in der Gleichstrompolarographie übliche Spannungsrampe mit Rechteckimpulsen kleiner Amplitude moduliert. Das Meßsignal ist die Differenz zwischen dem Gleichstrom, der während des Meßintervalls fließt, und dem Gleichstrom, der während eines kleinen Intervalls kurz vor Anlegen des Pulses fließt. Diese P. ist die empfindlichste der polarographischen Methoden, die ohne vorherige Anreicherung arbeiten. Moderne Polarographen sind deshalb besonders für diese Technik ausgelegt.



Polarographie. Abb. 2: Spannungsfunktionen und Signalkurven der unterschiedlichen polarographischen Verfahren. E Spannung, I Stromstärke, t Zeit.

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