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Lexikon der Chemie: Sechsringheterocyclen

Sechsringheterocyclen, cyclische Kohlenstoffverbindungen mit sechs Ringgliedern und im allg. ein bis vier Heteroatomen (Heterocyclen). Bei der nomenklaturgerechten Formelschreibweise ist der Sechsring mit derjenigen Eckposition nach oben gerichtet, in der sich das vorrangige Heteroatom befindet (Position 1, Nomenklatur C VI). Daneben findet man bei der Vorstellung der entsprechenden Verbindungen, der Behandlung von Eigenschaften und Reaktionen andere Anordnungen des Ringes vor, z. B. das vorrangige Heteroatom nach unten gerichtet. Das ist erlaubt und üblich, da die Ringe beliebig gedreht werden können.

Aromatische S. gehören zu den π-Mangel-Heterocyclen, d. h., sie reagieren wesentlich leichter mit nucleophilen Reagenzien (Pyridin, Pyrimidin, Pyryliumsalze) als mit elektrophilen Reagenzien. Daher sind Amino- und Hydroxyderivate aus den Stammverbindungen zugänglich. Besonders elegant können Chlorverbindungen durch nucleophile Substitutionen abgewandelt werden (Ersatz von -Cl durch -OH, -SH, -NH2). Andererseits werden die an den Grundkörpern nur unter extremen Bedingungen ausführbaren elektrophilen Substitutionsreaktionen (Bromierung, Nitrierung) bei Anwesenheit eines Elektronendonators, z. B. der Aminogruppe, sehr erleichtert. So läßt sich z. B. 2-Aminopyridin in 3- und 5-Position unter normalen Laborbedingungen nitrieren. Mit zunehmender Anzahl von Stickstoffatomen im Ring nimmt der π-Mangelcharakter zu. Das zeigt sich unter anderem in einer abnehmenden Basizität der Di-, Tri- und Tetrazine. Ursache dafür ist die Elektronenakzeptorwirkung der tertiären N-Atome, die mit der Wirkung von Nitrogruppen mit ihrem -M-Effekt in Benzolringen vergleichbar ist.

Aromatische S. lassen sich stufenweise und vollständig hydrieren, z. B. Pyridin zu Dihydropyridin und besonders zu Piperidin. Außerdem sind sie häufig in benzkondensierte und heterocyclisch kondensierte Ringsysteme eingebaut.

In der Natur weit verbreitet sind z. B. Pyridin, Chinolin oder Isochinolin als Bausteine von Alkaloiden, Pyrimidin als Baustein von Nucleinsäuren oder Purinderivaten. Pyridin-3-carbonsäureamid ist das Nicotinamid des Vitamin-B-Komplexes und andere Pyridin- und Pyrimidinderivate sind ebenfalls Bestandteile der B-Vitamine. S. finden sich auch in Wirkgruppen von Enzymen und in Naturfarbstoffen. Technisch dienen sie als Lösungsmittel, z. B. Pyridin oder 1,4-Dioxan, sowie zur Synthese, z. B. von Pharmaka und Farbstoffen.

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