Direkt zum Inhalt

Lexikon der Chemie: Strukturtyp

Strukturtyp, Kristallstrukturtyp, Gittertyp, die verallgemeinernde Beschreibung einer Kristallstruktur, bei der von der speziellen Art der Kristallbausteine abgesehen und nur ihre geometrische Anordnung berücksichtigt wird. Mit dem Begriff des S. kann man die häufig zu beobachtende Strukturanalogie unterschiedlicher Substanzen erfassen und für eine Systematisierung der Vielzahl bisher bekannter Kristallstrukturen nutzen. Die Zugehörigkeit von in ihrer chem. Zusammensetzung und in ihren Eigenschaften meist ähnlichen, vielfach aber auch recht unterschiedlichen Stoffen zum gleichen S. wird als Isotypie bezeichnet.

Die einzelnen S. werden in der Regel nach einem markanten Vertreter benannt. Zu den wichtigsten und häufig vertretenen einfachen S. gehören:

Elemente: Kupfertyp, Wolframtyp und Magnesiumtyp (in diesen drei S. kristallisieren etwa drei Viertel der über 100 metallischen Elementmodifikationen sowie die Edelgase), Diamanttyp und Graphitstruktur.

A2B3-Verbindungen: Korundtyp.

Einfache ternäre Verbindungen: Perowskittyp und Spinelltyp.

Intermetallische Verbindungen: S. der Laves-, Hume-Rothery- und Zintl-Phasen (intermetallische Verbindungen).

Die Strukturen von Verbindungen mit einfachen Komplex-Ionen wie NH4+, C22-, CO32-, NO3-, SO42-[PtCl6]2- usw. lassen sich in vielen Fällen bekannten S. zuordnen, wenn man von kleinen Gitteränderungen absieht, die durch die im Vergleich zu kugelförmigen Ionen niedrigere Eigensymmetrie der Komplexionen hervorgerufen werden. So kristallisieren z. B. Natriumcyanid NaCN bei Raumtemperatur im Natriumchloridtyp und Calciumcarbid CaC2 in einer diesem sehr ähnlichen Struktur, Ammoniumnitrat NH4NO3 oberhalb 398 K im Cäsiumchloridtyp und Kaliumhexachloroplatinat(IV) K2[PtCl6] im Antifluorittyp. S. mit charakteristischen und leicht überschaubaren Bauprinzipien bilden die Silicate. Grundbausteine sind hier SiO4-Tetraeder, die entweder isoliert auftreten können (Orthosilicate) oder über gemeinsame Sauerstoffatome zu Gruppen-, Ketten-, Band-, Blatt- und Raumnetzstrukturen verknüpft sind.

Für die Vielzahl von speziellen Strukturen organischer Verbindungen, die fast ausschließlich in Molekülgittern kristallisieren, läßt sich eine grobe qualitative Klassifikation in S. auf der Grundlage der Molekülgestalt durchführen. Einfache isometrisch gebaute Moleküle bilden häufig Gitter, die bei ausschließlicher Betrachtung der Molekülschwerpunkte auf bekannte S. zurückgeführt werden können. So kristallisieren z. B. Urotropin C6N4H12 im Wolframtyp und Adamantan (CH)4(CH2)6 im Kupfertyp. Langgestreckte Moleküle wie die der Alkane bilden bevorzugt Kettenstrukturen aus, wobei sich die Anisotropie der Molekülgestalt auch in den Abmessungen der Elementarzelle widerspiegelt. Das gilt auch für flachgebaute Moleküle wie z. B. Anthracen C14H10, die meist Schichtstrukturen ausbilden.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
Prof. Dr. Heinrich Bremer, Berlin
Prof. Dr. Walter Dannecker, Hamburg
Prof. Dr. Hans-Günther Däßler, Freital
Dr. Claus-Stefan Dreier, Hamburg
Dr. Ulrich H. Engelhardt, Braunschweig
Dr. Andreas Fath, Heidelberg
Dr. Lutz-Karsten Finze, Großenhain-Weßnitz
Dr. Rudolf Friedemann, Halle
Dr. Sandra Grande, Heidelberg
Prof. Dr. Carola Griehl, Halle
Prof. Dr. Gerhard Gritzner, Linz
Prof. Dr. Helmut Hartung, Halle
Prof. Dr. Peter Hellmold, Halle
Prof. Dr. Günter Hoffmann, Eberswalde
Prof. Dr. Hans-Dieter Jakubke, Leipzig
Prof. Dr. Thomas M. Klapötke, München
Prof. Dr. Hans-Peter Kleber, Leipzig
Prof. Dr. Reinhard Kramolowsky, Hamburg
Dr. Wolf Eberhard Kraus, Dresden
Dr. Günter Kraus, Halle
Prof. Dr. Ulrich Liebscher, Dresden
Dr. Wolfgang Liebscher, Berlin
Dr. Frank Meyberg, Hamburg
Prof. Dr. Peter Nuhn, Halle
Dr. Hartmut Ploss, Hamburg
Dr. Dr. Manfred Pulst, Leipzig
Dr. Anna Schleitzer, Marktschwaben
Prof. Dr. Harald Schmidt, Linz
Dr. Helmut Schmiers, Freiberg
Prof. Dr. Klaus Schulze, Leipzig
Prof. Dr. Rüdiger Stolz, Jena
Prof. Dr. Rudolf Taube, Merseburg
Dr. Ralf Trapp, Wassenaar, NL
Dr. Martina Venschott, Hannover
Prof. Dr. Rainer Vulpius, Freiberg
Prof. Dr. Günther Wagner, Leipzig
Prof. Dr. Manfred Weißenfels, Dresden
Dr. Klaus-Peter Wendlandt, Merseburg
Prof. Dr. Otto Wienhaus, Tharandt

Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.