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Lexikon der Chemie: Trocknen

Trocknen, das Abtrennen von Feuchtigkeit von einem Stoff oder Stoffgemisch durch Verdunsten, Verdampfen, Sorption, Sublimation, selektive Destillation, Ausfrieren oder durch chem. Reaktionen. Im Laboratorium erfolgt das T. von Gasen durch Ausfrieren der Feuchtigkeit mit Kältebädern, Absorption durch flüssige Trockenmittel (z. B. Schwefelsäure), Adsorption durch feste Trockenmittel (z. B. Molekularsiebe) oder mit hygroskopischen Verbindungen, die während des T. Hydrate bilden (z. B. Calciumchlorid). Die Trocknungsvorgänge werden in Waschflaschen, Trockenrohren und -türmen durchgeführt (Abb. 1).



Trocknen. Abb. 1: Calciumchloridrohr (a) gerade, (b) gebogen; (c) Trockenturm.

Flüssigkeiten trocknet man durch Zusatz von Trockenmitteln, die chem. Reaktionen (z. B. mit Metallen bzw. Oxiden, wie Natrium, Kalium bzw. Phosphorpentoxid), physikalische Adsorption oder Hydratbildung bewirken. Nach längerem intensivem Kontakt mit dem Trockenmittel wird dieses durch Dekantieren, Filtrieren abgetrennt bzw. die getrocknete Flüssigkeit abdestilliert. Außerdem ist nach Zusatz eines geeigneten Schleppmittels Feuchtigkeit durch azeotrope Destillation entfernbar.

Zum T. von Feststoffen wird in den meisten Fällen die Verdunstungstrocknung und die Verdampfungstrocknung angewendet, wobei die Feuchtigkeit durch Wärmezufuhr in den gasförmigen Zustand übergeführt und als Dampf oder Gasgemisch abgeleitet wird. Erfolgt das T. bei kleinen Dampfdrücken und niedrigen Temperaturen, so handelt es sich um Verdunstungstrocknung; entsprechen die Temperaturen und Dampfdrücke nahezu den Siededaten der Feuchtigkeit, so spricht man von Verdampfungstrocknung. Zufuhr und Übertragung der Wärme erfolgen durch Konvektion (Konvektionstrocknung), durch Strahlung (Strahlungstrocknung) oder durch Leitung (Kontakttrocknung).

Außer diesen Trocknungsarten kommen für Feststoffe noch die Vakuum-, die Gefrier- und die Hochfrequenztrocknung in Frage.

Die Vakuumtrocknung ist eine besonders schonende Art der T. Sie kann in allen Fällen angewendet werden, sofern sich der Trocknungsapparat luftdicht abschließen läßt. Infolge des nach der Evakuierung im Apparat herrschenden niedrigen Druckes sinkt die Siedetemperatur der Feuchtigkeit im Gut, so daß letztere sehr schnell verdampfen kann. Die Wärmezufuhr kann bei der Vakuumtrocknung nicht mehr konvektiv durch ein erwärmtes Gas, sondern nur durch Strahlung, Leitung oder durch vorheriges Aufheizen des Gutes erfolgen. Besondere Bedeutung hat die Vakuumtrocknung bei der Herstellung von organo-therapeutischen Präparaten, trockenen, hygienisch einwandfreien Seren sowie Penicillin. Ferner wird die Vakuumtrocknung bei der Konservierung von vitaminreichen Lebensmitteln sowie von Fleisch-, Fisch- und Eipräparaten angewendet.

Die Gefriertrocknung eignet sich besonders gut zum T. von leichtzersetzlichen Stoffen, z. B. Nahrungs- und Genußmitteln sowie Pharmazeutika. Das Trockengut wird in vakuumdichten Kammern sehr rasch auf tiefe Temperaturen abgekühlt, so daß es gefriert, und dann dem Hochvakuum ausgesetzt. Infolge des dabei auftretenden Dampfdruckgefälles zwischen dem gefrorenen Gut und dem Kondensator setzt eine Sublimation des Eises ein. Die entstehenden Dämpfe schlagen sich auf den Kondensator nieder.

Bei der Hochfrequenztrocknung oder dem dielektrischen T. wird das Trockengut, z. B. Hölzer, Textilien, Kabelpapiere, Keramikteile, Gießformen, Nahrungs- und Genußmittel, Pharmazeutika, in das Wechselfeld eines elektrischen Kondensators gebracht. Die Leistung der Wärmezufuhr wird durch die Hochfrequenzspannung am Generator oder durch den Luftspalt zwischen Gut und Elektroden geregelt. Das T. von Erdöl kann ebenfalls durch ein starkes elektrisches Wechselfeld erfolgen (Feldstärke = 2 kV cm-1). Hierbei werden die das Wasser umhüllenden Asphalthäutchen durch das Wechselfeld zerstört.

Eine Sonderart des T. ist die Zerstäubungstrocknung. Über das T. durch chem. Reaktion Trockenmittel.

Eine wichtige Kenngröße des Trocknungsprozesses ist die Trocknungsgeschwindigkeit. Die den Trocknungsprozeß treibende Größe (Triebkraft) ergibt sich aus der Differenz der nicht gebundenen Feuchtigkeit und der Gleichgewichtsfeuchtigkeit. Das T. von Feststoffen erfolgt in zwei Phasen: 1) Entfernung des an der Oberfläche des Trockengutes anhaftenden Wassers, 2) Entfernung des kapillar und adsorptiv sowie chemisch gebundenen Wassers.

Zur Bestimmung der erreichbaren Erdfeuchte beim Trocknungsvorgang müssen die Sorptionsisothermen und zur Berechnung und Auswahl des geeignetsten Trocknungsverfahrens die Trocknungskurven experimentell aufgenommen werden. Zur Ermittlung des spezifischen Luft- und Wärmebedarfs wird ein Enthalpie-Feuchtigkeits-Diagramm verwendet (das ix-Diagramm nach Mollier).

Zum T. von Feststoffen mit Warmluft werden Kanaltrockner und Bandtrockner (Abb. 2) eingesetzt, für die Kontakttrocknung kommen Walzentrockner (Abb. 3) und Schneckentrockner zum Einsatz.



Trocknen. Abb. 2: Bandtrockner.



Trocknen. Abb. 3: Walzentrockner.

Im Labor werden Feststoffe im Exsikkator oder in beheizbaren Trockengeräten (z. B. Trockenpistole, Abb. 4) getrocknet.



Trocknen. Abb. 4: Trockenpistole.

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