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Lexikon der Chemie: Wachstumsregulatoren

Wachstumsregulatoren, organische Substanzen, die die Wachstums-, Entwicklungs- und Stoffwechselprozesse der Kulturpflanzen bei Anwendung in geringsten Konzentrationen gezielt beeinflussen. Mit Hilfe der W. sollen die auf die Pflanzenproduktion negativen Auswirkungen zahlreicher Umweltfaktoren eliminiert oder sogar verhindert werden. Ferner können W. bestimmte Schwierigkeiten beseitigen oder reduzieren, die sich aus dem Entwicklungsablauf der Kulturpflanzen oder aus einigen ihrer morphologischen Eigenschaften ergeben. Sie schaffen die Möglichkeit, das Ertragspotential der Kulturpflanzensorten und die Standortfaktoren stärker auszuschöpfen sowie die Effektivität solcher Intensivierungsmaßnahmen wie Düngereinsatz zu sichern. Auch bieten W. Voraussetzungen zur Erhöhung der Flächenerträge, Erleichterung der Erntearbeiten und zur Mechanisierung verschiedener Produktionsverfahren. Bei der Steuerung biologischer Prozesse in der Pflanze durch W. handelt es sich insbesondere um eine selektive Beeinflussung der ertrags- und qualitätsbestimmenden Produktionsfaktoren. Nach obiger Definition rechnen zu den W. nicht solche Stoffe, die in der Pflanze als Nähr- oder Baustoffe und als Energieträger dienen, sowie Pflanzenschutzmittel. Eine Übergangsstellung nehmen Transpirationshemmstoffe sowie alterungsfördernde, defoliierend und sikkierend wirkende Substanzen ein. Einige dieser Stoffe, die die Reaktion der Spaltöffnungen beeinflussen oder den Ablauf der natürlichen Alterungsprozesse stimulieren, gehören zu den W. Die vielseitigen Einsatzmöglichkeiten der W. dürften sich durch den Erkenntniszuwachs der Molekularbiologie und Pflanzenphysiologie noch wesentlich erweitern.

Besonderheiten der W. sind 1) die weitgehende Spezifität der Wirkung in Abhängigkeit von Pflanzenart, Sorte, Organ, Entwicklungszustand und dem betroffenen Entwicklungsprozeß. Der gleiche Wirkstoff kann in gleicher Dosierung je nach diesen Umständen quantitativ und qualitativ unterschiedlich wirken; 2) die starke Konzentrationsabhängigkeit der Wirkung, die Über- und Unterdosierungen, versehentliche Doppelbehandlungen und sonstige Ungenauigkeiten bei der Ausbringung zu einem Risiko werden läßt; 3) die starke Witterungsabhängigkeit der Wirkung. Bei ungünstigen Witterungsbedingungen kann – durch gehemmte Mittelaufnahme, durch schwaches Wachstum der Pflanze – die Wirkung ausbleiben, oder es können Schäden und Nebeneffekte auftreten, d. h., die Witterungsfaktoren verändern die in der Pflanze zur Wirkung kommende Mittelkonzentration; 4) die toxikologischen Eigenschaften und das Rückstandsverhalten bestimmen wesentlich die Einsatzfähigkeit.

Die Klassifizierung der W. erfolgt nach verschiedenen Aspekten. So kann zwischen den in den Pflanzen natürlich (nativ) vorkommenden Phytohormonen und synthetischen Wirkstoffen mit hormoneller Wirkung unterschieden werden. Auch wird zwischen Wachstumsstimulatoren (Auxine, Gibberelline, Cytokinine), Wachstumshemmstoffen oder -inhibitoren (Ethylen, Abscisinsäure) differenziert. Jedoch ist eine scharfe Trennung in Stimulatoren oder Hemmstoffe nicht exakt möglich, da eine hemmende oder fördernde Wirkung der gleichen Substanz abhängig von ihrer Konzentration, der Pflanzenart, dem behandelten Pflanzenorgan und der Entwicklungsphase der Pflanze ist.

Wichtige Gruppen von W. sind Auxine, Gibberelline, Cytokinine, Abscisinsäure und Ethylen (Ethen), die sämtlich als Phytohormone in den Pflanzen vorkommen. Im praktischen Einsatz befindliche synthetische Substanzen sind u. a. ethylenabspaltende Synthetica z. B. als Halmstabilisator (Getreide) und Blüh- und Reifestimulantien (Zierpflanzen, Obst- und Gemüseanbau); Morphaktine als Derivate der Fluoren-9-carbonsäure zur Wuchshemmung bei Sträuchern und Gras, Induktion der Parthenokarpie rein weiblicher Gurkenlinien; 2,3,5-Triiodbenzoesäure, Abk. TIBA, zur Wuchshemmung, z. B. bei Soja, Gemüse; 2-Chlorethyltrimethylammoniumchlorid (Chlorcholinchlorid, CCC, Chlormequat, Retacel®, Cycocel®) zur Halmstabilisierung besonders von Weizen; N-(3-Chlorphenyl)-isopropylcarbamat (CIPC, Chlorpropham, Keim-Stop, Keim-Stop-Fumigant) zur Hemmung des Knospenaustriebes bei Lagerkartoffeln; N'N-Bis-phosphonomethylglycin (Glyphosin, Polaris) zur Erhöhung des Saccharosegehaltes bei Zuckerrohr; N-Methyl-1-naphthylcarbamat (Carbaryl, Sevin), zur Fruchtausdünnung des Apfels.

  • Die Autoren
Dr. Andrea Acker, Leipzig
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Fachkoordination:
Hans-Dieter Jakubke, Ruth Karcher

Redaktion:
Sabine Bartels, Ruth Karcher, Sonja Nagel


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