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Lexikon der Ernährung: Giftpilze

Giftpilze, E poisonous mushrooms, toadstools, höhere Pilze aus der Gruppe der Ständerpilze (Basidiomyceten), die in rohem und / oder zubereitetem Zustand giftig sind. In Europa wachsen ca. 160 giftige oder giftverdächtige Pilzarten. Die Gifte besitzen dabei sehr unterschiedliche Strukturen und Wirkmechanismen. So wirkt z. B. der Knollenblätterpilz durch seinen Gehalt an Amanitin infolge Hemmung der RNA-Polymerase II im Zellkern tödlich. Die gleichzeitig enthaltenen Phallotoxine sind weniger toxisch. Die Giftwirkung von Panter- und Fliegenpilz resultiert aus deren Gehalt an Ibotensäure und Muscimol, die neurotoxisch wirken, wobei tödliche Vergiftungen relativ selten sind. Darüber hinaus enthält der Fliegenpilz Muscarin, das am längsten bekannte Pilzgift, welches in höheren Konzentrationen in den so genannten Risspilzen und giftigen Trichterlingen vorkommt. Beim Verzehr roher Pilze kann es zu Rauschwirkungen kommen, weshalb der Fliegenpilz bei vielen Völkern als Rauschpilz geschätzt war. Hohe Konzentrationen führen zu Schweißausbruch, starker Pupillenverengung, Bradykardie mit Blutdruckabfall, Bronchospasmus mit starker Schleimansammlung in Atemwegen und damit der Gefahr von Lungenödemen. Hinzu kommen Erbrechen, Durchfall und Kolliken. Unbehandelte Fälle (Atropingabe) können innerhalb weniger Stunden tödlich sein.
Das Gift der Frühjahrslorchel, Gyromitrin, ist wasserlöslich, hitzelabil und flüchtig, sodass eine Giftabreicherung durch lange Zubereitung möglich sein sollte. Durch Hydrolyse des Gyromitrins entstehen Hydrazinderivate, die die Ursache der Toxizität (Durchfälle, Leberschaden) sind. Die daraus durch Biotransformation entstehenden Diazoniumverbindungen wirken cancerogen.
Coprin als toxischer Inhaltsstoff von Tintlingen kann zusammen mit Alkohol zu Überempfindlichkeitsreaktionen führen. Coprin wirkt dabei ähnlich dem Disulfiram (Aldehyd-Dehydrogenase-Hemmer).
In manchen Pilzen (z. B. Samtfußkrempling, Tannenreizker, scharfe Milchlinge) kommen auch Inhaltsstoffe mit mutagenen Eigenschaften vor, weshalb deren Verzehr vermieden werden sollte.
Hallimasch, Perlpilz oder Hexenröhrling sind in rohem Zustand zwar giftig, nach dem Kochen jedoch relativ gute Speisepilze. Bei einzelnen Pilzen (Hallimasch) können individuelle Unverträglichkeiten bestehen, bei anderen (Gallenröhrling) unterbindet ein extrem bitterer Geschmack den Verzehr. Die Aufnahme einiger G. (leuchtender Ölbaumpilz, Reizker) ist mit schweren gastrointestinalen Symptomen verbunden. Ein Teil der Pilzvergiftungen ist nicht auf den Verzehr von G. zurückzuführen, sondern resultiert aus dem Konsum zersetzter und mit Toxinen angereicherter Pilzgerichte (nach falscher Lagerung). Der Anteil tödlich verlaufender Pilzvergiftungen konnte kontinuierlich gesenkt werden und beträgt heute etwa 1–3 %.

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