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Lexikon der Ernährung: körperliche Aktivität

körperliche Aktivität, im allgemeinen Sprachgebrauch Bezeichnung für jede Art körperlicher Arbeit (E physical work, physical exercise) durch willkürliche abwechselnde Muskelkontraktionen und -relaxationen.
Energieumsatz: Der für die k. A. nötige Energieaufwand (bei gleicher Tätigkeit) ist abhängig vom Geschlecht, dem Alter und dem Körpergewicht der betreffenden Person. Aus diesem Grund wird er – international standardisiert – nicht absolut (in kcal / d) sondern relativ als Mehrfaches des Grundumsatzes ausgedrückt.
Seit 1984 dient hierzu der von der WHO eingeführte PAL-Wert (physical activity level). Dieser ist definiert als der Quotient des Energieumsatzes (EU) in 24 h und dem berechneten bzw. gemessenen Grundumsatz (GU) über den gleichen Zeitraum:
PAL = EU / GU
Der PAL-Wert beschreibt daher den gesamten Energieumsatz (Summe der Energieumsätze für Ruhe bzw. Schlaf und für alle k. A. während der Arbeit und der Freizeit [Leistungsumsatz]). Die Umformung der Gleichung ergibt für den Tagesenergiebedarf:
EU = PAL × GU
Die aktuellen Referenzwerte für die Nährstoffzufuhr der Fachgesellschaften in Deutschland, Österreich und der Schweiz (DACH) berücksichtigen, dass der Energiebedarf für berufliche Tätigkeiten durch Umgestaltung der Arbeitsplätze und -abläufe heute geringer ist als in früheren Zeiten (Arbeitsschwere), gleichzeitig aber in der Freizeit teilweise Sportarten und Aktivitäten mit hohem Energieumsatz ausgeübt werden, wofür entsprechende Zulagen vorgesehen sind. Die PAL-Werte der Berufsschweregruppen (Arbeitsschwere, Tab.) reichen von 1,2–2,4.
Ein zu geringes Maß k. A. gilt als die Hauptursache von Übergewicht und Adipositas mit den damit verbundenen Risikofaktoren (Herz-Kreislauf-Erkrankungen, metabolisches Syndrom etc.). Die genetische Veranlagung des Menschen, durch über dem Bedarf liegende Nahrungsenergiezufuhr Fettdepots anzulegen (und in Zeiten des Mangels davon zu zehren), ist in den Frühzeiten der Menschheitsentwicklung überlebenswichtig gewesen. In Ländern mit bestehendem Lebensmittelüberangebot und bei einer Lebensweise mit geringer k. A. ist sie heute die Grundlage vieler Wohlstandskrankheiten. Dennoch versucht die Mehrzahl der von Übergewicht betroffenen über eingeschränkte Nahrungsenergiezufuhr („Diäten“) und nicht über vermehrte k. A. eine Gewichtsreduktion zu erreichen.
Für das Missverhältnis zwischen Nahrungs(energie)aufnahme und k. A. spielen vielfältige Verhaltensmechanismen und psychologische Ursachen eine Rolle. So haben viele Berufe, die mit k. A. verbunden sind, ein geringeres Ansehen als sog. Schreibtisch-Berufe, während der Besuch eines Fitness-Studios mit einem positiven Image verbunden ist. Nicht selten werden aus Zeit- bzw. Prestigegründen zur Fortbewegung das Auto und der Aufzug benutzt, um dann in der Freizeit auf dem eigens angeschafften Fahrrad-Ergometer zu trainieren und auf dem „Stepper“ Treppensteigen zu simulieren. Teures und / oder reichhaltiges Essen gelten als Zeichen hohen Lebensstandards; als Folge werden (oft ebenfalls teure) „Schlankheitsmittel“ in Kauf genommen.
Physiologische Bedeutung: Über den rein energetischen Aspekt haben die k. A. – und im Negativfall Bewegungsmangel bzw. Immobilität – großen Einfluss auf den Körperstoffwechsel, was in der hormonellen Regulation der k. A. (Aktivierung des sympathischen Nervensystems) und den unterschiedlichen metabolischen Regulationsvorgängen zur Mobilisierung und Regeneration von Energieträgern begründet ist. So erhöht Sport die Insulinempfindlichkeit der Körperzellen (wichtig bei Typ-2-Diabetikern) sowie die Blutonzentration von HDL-Cholesterin. Die Beanspruchung der Muskulatur wirkt positiv auf das Knochenwachstum bzw. die Knochenmineralisation und beugt so Osteoporose vor. Das Immunsystem wird durch k. A. vielfältig beeinflusst, wobei Dauer und Belastungsintensität eine Rolle spielen. So kommt es als wichtigster Effekt mit steigender Belastungsintensität zu einer Umverteilung von Leukocyten in das zirkulierende Blutvolumen. Einige Zelltypen des Immunsystems werden durch geringe Belastungen aktiviert, während für andere Typen auch hemmende Einflüsse, vor allem bei starker Ausdauerbelastung beschrieben werden, doch sind die beiden letztgenannten Auswirkungen bei gesunden Personen wohl von geringer Relevanz. [H. Gabriel, W. Kinderman, Deutsche Zeitschrift f. Sportmedizin 49 Sonderheft 1 (1998) 93–99]

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