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Lexikon der Ernährung: Muttermilch

Muttermilch, Frauenmilch, Brustmilch, Humanmilch, Ebreast milk, human milk, die während der Laktation von der Brustdrüse der Frau synthetisierte und sezernierte Milch, die zur Ernährung des Säuglings in den ersten Lebensmonaten dient. Sie enthält alle für den Säugling notwendigen Nährstoffe bei geringer renaler Molenlast, so dass die noch unreifen Stoffwechsel- und Ausscheidungsfunktionen entlastet werden. Die Zusammensetzung der Muttermilch verändert sich während der Stilldauer erheblich (Tab.).
Muttermilch ist im Vergleich zur Kuhmilch (Milch) proteinarm, für das Wachstum des Säuglings ist der Proteingehalt jedoch ausreichend. Aus dem hohen Anteil von Molkenprotein gegenüber Casein resultiert eine gute Verdaulichkeit des Muttermilchproteins. Das Gesamtprotein enthält neben diesem nutritiven Anteil auch einen immunologischen Anteil, die so genannten Schutzfaktoren (s. u.), die besonders im Kolostrum einen großen Anteil ausmachen. Wesentliche Funktionen für das Neugeborene besitzt auch die nichtproteinogene Aminosäure Taurin, die in Muttermilch in deutlich höherer Konzentration als in Kuhmilch vorkommt und bei der Entwicklung des Sehvorgangs und Nervensystems eine Rolle spielt, als Gallensäurebestandteil die Fettverdauung unterstützt und wahrscheinlich einen allgemeinen Wachstumsfaktor für den Säugling darstellt.
Das wichtigste Kohlenhydrat der Muttermilch ist die Lactose, die etwa 40 % der Energiezufuhr des Säuglings ausmacht. Lactose gelangt zum Teil – wie auch die außerdem enthaltenen Oligosaccharide – ungespalten in untere Darmabschnitte, wo sie der Bakterienflora als Energiequelle dient und durch den Abbau zu organischen Säuren die Entwicklung einer gesunden Darmflora und die Unterdrückung pathogener Keime unterstützt.
Das Milchfett weist einen hohen Anteil ungesättigter Fettsäuren auf (bes. Linolsäure) und enthält dabei langkettige, mehrfach ungesättigte Fettsäuren (Arachidonsäure und Docosahexaensäure). Letztere stellen für den Säugling Wachstumsfaktoren dar, sie unterstützen die Entwicklung des Nervensystems und der Sehfunktion.
Der Vitamin- und Mineralstoffgehalt der Muttermilch wird generell als ausreichend für den Säugling angesehen. Mangelzustände werden bei gestillten Kindern kaum beobachtet. Der Vitamingehalt ist jedoch vom Ernährungsstatus der Mutter abhängig und unterliegt von daher Schwankungen (Stillzeit). Obwohl der Vitamin-D-Gehalt in der Muttermilch in der Regel ausreicht, wird zur Rachitisprophylaxe die medikamentöse Gabe von 10 µg pro Tag, vor allem in der lichtarmen Jahreszeit, empfohlen. Vitamin K wird beim Säugling ebenfalls supplementiert, um Blutgerinnungsstörungen vorzubeugen, die fast ausschließlich gestillte Säuglinge betreffen.
Weitere Inhaltsstoffe der Muttermilch sind Cholesterin (ca. 15 mg / 100 ml), Carnitin (ca. 1 mg / 100 ml) sowie Inositol (ca. 15 mg / 100 ml). Muttermilch enthält außerdem bestimmte Schutzfaktoren, die das noch unreife Immunsystem des Kindes unterstützen. Gestillte Kinder sind daher weniger anfällig für Infektionskrankheiten als nicht gestillte. Den wichtigsten Schutzfaktor stellen Immunglobuline dar, von denen sekretorisches Immunglobulin A das wichtigste ist (Kolostrum ca. 0,5 g / dl, reife Frauenmilch ca. 1,5 g / dl). Sie richten sich als Bestandteil der spezifischen Immunantwort gegen Keime und Fremdstoffe aus Umgebung von Mutter und Kind. Sekretorisches IgA verhindert im Gastrointestinaltrakt die Bindung von pathogenen Mikroorganismen an das Darmepithel und bindet bakterielle Toxine. Die in der Muttermilch enthaltenen Leukocyten (Granulocyten, Makrophagen und Lymphocyten) phagocytieren Fremdstoffe und produzieren weitere Schutzstoffe, v. a. Lysozym, Lactoferrin und Immunglobuline (Bifidusfaktor). Lysozym katalysiert die Hydrolyse von Bestandteilen der Bakterienwände und wirkt auf diese Weise bakteriostatisch auf grampositive und gramnegative Bakterien. Weitere Schutzfaktoren sind Lactoferrin, das Mikroorganismen für deren Wachstum notwendiges Eisen entzieht sowie Lactoperoxidase, Neuraminsäure, und die Komplementfaktoren C3 und C4, die durch Bindung (Opsonierung) an Fremdstoffe, deren Phagocytose begünstigen.
Auch von der Mutter aufgenommene Genussmittel sowie bestimmte Medikamente und Schadstoffe können in die Muttermilch übergehen und den Säugling schädigen (Stillzeit). Entsprechend dem höheren Wassergehalt im Vergleich zum Blut enthält Muttermilch nach dem Genuss von alkoholischen Getränken bis zu 10 % mehr Alkohol als das mütterliche Blut. Als Umweltschadstoffe sind vor allem chlorierte Kohlenwasserstoffe (z. B. Hexachlorbenzol, β-Hexachlorcyclohexan, Pentachlorbenzol, polychlorierte Biphenyle, Dibenzodioxine und Dibenzofurane) problematisch. Sie zeichnen sich durch hohe Persistenz aus, reichern sich auf jeder Stufe der Nahrungskette an und werden während der Stillzeit aus dem Depotfett der Mutter mobilisiert. Aufgrund von Anwendungseinschränkungen und -verboten geht jedoch für viele dieser Schadstoffe die Konzentration in der Muttermilch langsam zurück. Der Schadstoffgehalt der Muttermilch schwankt im Wesentlichen in Abhängigkeit von persönlichen Einflussfaktoren (Alter der Mutter, Anzahl der gestillten Kinder, Laktationsdauer) und der Schadstoffbelastung des Wohnortes. Obwohl der ADI-Wert (vertretbare Tagesdosis) für einige dieser Substanzen beim gestillten Säugling überschritten wird, werden die Vorteile des Stillens diesem Nachteil gegenüber eindeutig höher bewertet und ein 4- bis 6-monatiges volles Stillen empfohlen.

Muttermilch: . Zusammensetzung der Frauenmilch in Abhängigkeit von der Laktationsdauer.

Inhaltsstoffe
pro 100 g
Kolostrumtransitorische Frauenmilch   reife
  Frauen-
  milch
Energiegehalt [kcal]566569
Protein [g]2,61,61,1
Fett [g]2,93,54,0
Linolsäure [g]0,38
Kohlenhydrate [g]4,96,67,0
Natrium [mg]542913
Kalium [mg]646447
Calcium [mg]294032
Magnesium [mg]3,33,53,1
Phosphor [mg]1815
Eisen [µg]484058
Zink [µg]380148
Jod [µg]2,46,3
Retinol [µg]16913969
Vitamin D [ng]67
Tocopherol (ges.) [mg]1,210,590,35
Vitamin K [ng]483
Thiamin [µg]102015
Riboflavin [µg]438
Pyridoxin [µg]14
Folsäure [µg]0,59
Cobalamin [ng]3650
Vitamin C [mg]5,54,4
  • Die Autoren

Albus, Christian, Dr., Köln
Alexy, Ute, Dr., Witten
Anastassiades, Alkistis, Ravensburg
Biesalski, Hans Konrad, Prof. Dr., Stuttgart-Hohenheim
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Daniel, Hannelore, Prof. Dr., Weihenstephan
Dorn, Prof. Dr., Jena
Empen, Klaus, Dr., München
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