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Lexikon der Ernährung: Polysaccharide

Polysaccharide, E polysaccharides, Kohlenhydrate, die nach der International Union of Pure and Applied Chemistry (IUPAC) aus mehr als 10 Zucker(Monosaccharid-)bausteinen aufgebaut sind (vgl. Oligosaccharide). Diese Grenze ist allerdings willkürlich gezogen.
Struktur: Die wichtigsten Bausteine dieser Biopolymere sind die Hexosen D-Glucose, D-Mannose, D-Galactose und D-Fructose, die Pentosen L-Arabinose und D-Xylose, die 6-Desoxyzucker L-Fucose und L-Rhamnose, die Uronsäuren D-Galacturonsäure und D-Glucuronsäure und die Aminozucker D-Glucosamin und D-Galactosamin. Bis auf die Fructose- und Arabinosereste (Furanosen) liegen alle Zuckerreste der P. in der Pyranoseform vor (Pyranosen). In einigen Polysacchariden können die alkoholischen OH-Gruppen verestert oder methyliert sein. Polysaccharide mit Aminozuckern kommen vor allem in Tieren, aber auch in Pilzen vor.
P. können aus einem einzigen Zucker (Homoglycane) oder verschiedenen Zuckern (Heteroglycane) aufgebaut sein und aus linearen oder verzweigten Ketten bestehen, wobei letztere sich in der Häufigkeit und Länge der Seitenketten unterscheiden. Die Zuckerbausteine der Hauptkette sind Grundlage der Zuordnung der P. zu Gruppen (D-Fructane, D-Glucane, D-Galactane, D-Galacturonane, D-Mannane, D-Xylane u. a.).
Die Art der Monosaccharidreste sowie Typ und Position der glycosidischen Bindung bestimmen die Konformation der Kette (Abb.). Eine gestreckte Kette ergibt sich bei (1→4)-β-glycosidisch verknüpften D-Glucoseresten (Cellulose). Eine gefaltete Anordnung der Kette kann bei (1→4)-α-glycosidisch verknüpften Galaturonsäureresten auftreten (Pektine). Für (1→4)-α- (Amylose) und (1→3)-β-glycosidisch (Lichenan) verknüpfte D-Glucosereste ist eine helicale Konformation typisch. Die Bildung geordneter Strukturen kommt über Wasserstoffbrückenbildung sowie Dipolkräfte und Ionenbeziehungen, die von geladenen Gruppen der P. ausgehen, zu Stande.
Übergeordnete Strukturen werden i. a. durch intermolekulare Wechselwirkungen hervorgerufen. Voraussetzung hierfür sind Abschnitte mit Monosaccharidsequenzen, die sich regelmäßig wiederholen. Der höchste Ordnungsgrad wird erreicht bei maximaler Ausbildung von Wasserstoffbrücken zwischen ideal gestreckten Ketten, wie sie z. B. bei Cellulose und Chitin vorliegen. Hoch geordnete Strukturen („Kristalle“) werden nur von linearen Homo- und sequenziellen Heteropolysacchariden gebildet.
P. sind in Wasser löslich, wenn bestehende zwischenmolekulare Wechselwirkungen durch die Hydratation der OH-Gruppen der Zuckerreste weitgehend unwirksam werden. P., die aus einem neutralen Monosaccharid, verknüpft über einen einzigen Bindungstyp bestehen (Cellulose, Amylose), sind in Wasser unlöslich oder schwerlöslich und können nur durch hohe Temperaturen oder Aufbrechen der Wasserstoffbrückenbindungen z. B. in stark alkalischem Milieu in Lösung gebracht werden. P. mit verzweigten Ketten (Amylopektin) oder Homoglycane mit verschiedenen Bindungstypen (z. B. [1→3], [1→4)-β) sind besser löslich, da zwischen den Ketten weniger Wechselwirkungen bestehen. P. mit Carboxylgruppen (Pektine, Alginsäure) sind als Alkalisalze im neutralen und alkalischen Bereich gut löslich, da zwischen Carboxylanionen eine Abstoßung stattfindet.
Vorkommen: P. sind Strukturelemente der Zellen höherer Pflanzen (Cellulose, Hemicellulosen, Pektine, β-Glucane), der Algen (Agar-Agar, Alginsäure) und Pilze (Chitin) sowie des Exogerüstes von Insekten und Krebstieren (Chitin). P. dienen auch als wichtige Reservestoffe in Pflanzen (Amylose, Amylopektin, Fructane, Galactomannane) und Tieren (Glycogen) und haben in dieser Form Bedeutung für die menschliche Ernährung, andere P. wirken bei Pflanzen als Schutzstoffe (Exsudate, Pflanzengummen [Gummi]).
Bedeutung für die Ernährung: vgl. Kohlenhydrate; Ballaststoffe.


Polysaccharide: Schematische Darstellung verschiedener Nicht-Stärke-Polysaccharid-Moleküle. Polysaccharide

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