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Lexikon der Ernährung: Radikale

Radikale, E radicals, im echten Sinn freie Radikale, sind Atome, Moleküle oder Ionen mit einem oder mehreren ungepaarten Elektronen, welche ein Atom- oder Molekülorbital allein besetzen. Neben Sauerstoffradikalen, zu denen auch die Hydroxylradikale zu rechnen sind, zählen zu den R. u. a. Stickstoffmonoxyd (.NO), Stickstoffdioxid (.NO2) oder die sog. organischen R. mit einem einsamen Elektron am C-Atom (s. a. Antioxidanzien Tab. 1).
Die Bildung von R. erfolgt durch Abgabe oder Aufnahme eines Elektrons oder durch homolytische Spaltung einer kovalenten Bindung. Der Metabolismus von Fremdstoffen führt häufig zur Bildung organischer freier R. Prototyp eines solchen Fremdstoffes, bei dessen Verstoffwechslung ein Kohlenstoff-R. gebildet wird, ist Tetrachlorkohlenstoff (CCl4). Mischfunktionelle Oxidasen der Leber katalysieren zunächst eine Ein-Elektronen-Reduktion, dem die Abspaltung eines Chloratoms, d. h. die Bildung des reaktionsfreudigen Trichlormethylradikals (.CCl3) folgt (kann Wasserstoffatome aus anderen Verbindungen aufnehmen). Unter Reaktion mit molekularem Sauerstoff kann dies in das noch reaktivere Trichlormethylperoxylradikal (.OOCCl3) überführt werden.
Chinone und verwandte Verbindungen können ebenfalls einer Ein-Elektronen-Reduktion, wobei ein Semichinon entsteht, unterliegen. Durch Reaktion mit Sauerstoff wird die chinoide Struktur regeneriert und ein Superoxid gebildet. Dieser Redoxzyklus, der durch eine weitere Reduktion zum Hydrochinon oder eine direkte DT-Diaphorase vermittelte Zwei-Elektronen-Reduktion des Chinons zum Hydrochinon unterbunden werden kann, führt zur kontinuierlichen Erzeugung von Superoxid-R.
Physiologische Bedeutung: Alle R. weisen eine extrem hohe Reaktionsfähigkeit auf. Oft reagieren sie nach sehr kurzer Halbwertszeit (10–11 sec) mit anderen Substanzen und bilden neue R., wodurch eine Kettenreaktion ausgelöst werden kann (Bildung von sekundären Radikalen z. B. aus Lipiden), die essenzielle Zellbestandteile schädigen bzw. das Ausmaß vorhandener Schäden verstärken kann. Mögliche Reaktionen sind die Addition an Doppelbindungen, die Reaktion mit nucleophilen Gruppen, die Abspaltung von Wasserstoffatomen aus biologischen Molekülen oder die Bildung von Dimeren, was zu einer akut eingeschränkten Zellfunktion v. a. durch Membranschäden, Zerstörung von Rezeptoren, Inaktivierung von Enzymen sowie verminderte Proteinbiosynthese führen kann. Neben nekrotischen oder fibrotischen Zell-/Gewebeveränderungen können infolge der Reaktion mit der DNA auch Spätfolgen (Verminderung der Zelllebensdauer, Weitergabe der Fehlfunktionen bei der Zellteilung bzw. Initiation der Carcinogenese) auftreten.

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