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Lexikon der Geographie: Erde

Erde, von der Sonne aus gesehen der dritte Planet im Sonnensystem, hinter Merkur und Venus. Danach folgen Mars, Jupiter, Saturn, Uranus, Neptun und Pluto ( Abb. 1). Ihre Entfernung zur Sonne beträgt ca. 149,6·106 km. Der Erdumfang, um die Pole gemessen, beträgt ca. 40.000 km. Der aus den Pol- und Äquatorradien gemittelte Erdradius beträgt ca. 6378 km. Die Oberfläche umfasst 510·106 km2, von der ca. 71% von Wasser bedeckt sind. Die Verteilung von Land und Wasser ist auf den beiden Hemisphären unterschiedlich. Auf der Nordhalbkugel beträgt der Wasseranteil ca. 61 %, während er auf der Südhalbkugel ca. 81 % erreicht. Das Volumen der Erde beträgt 1,083 1021 m3 und die Erdmasse entspricht 5,973·1024 kg ( Abb. 2).
Die ersten Angaben über das Erdalter stammen aus der Bibel. J. Usher (1581-1656) errechnete aus der Abfolge im Alten Testament ein Erdalter von ca. 6000 Jahren. Im 19. Jh. kam es zu den ersten physikalischen und geologischen Überlegungen. Solche Überlegungen waren z.B. ein Abkühlungsmodell der Sonne des Physikers Helmholtz (1821-1894). Er ging von einem Maximalalter der Sonne von ca. 19 Mio. Jahren aus, wodurch das Maximalalter der Erde ebenfalls bei ca. 19 Mio. liegen musste. Lord Kelvin (1824-1907) kam über den geothermischen Gradienten auf ein Alter von ca. 100 Mio. Jahren. Erste, aus heutiger Sicht zuverlässige, Ergebnisse brachte die Entdeckung der natürlichen Radioaktivität durch Becquerel im Jahre 1896. Durch die quantitative Bestimmung der radioaktiven Zerfallsprodukte und den Vergleich mit der Ausgangsmenge, kommt man zu Ergebnissen über die Dauer und damit auch zum Beginn des Zerfalls. Für die Ermittlung des Erdalters sind insbesondere die Elemente mit großen Halbwertzeiten aus der Uran- und Thorium-Reihe von Wichtigkeit. Prinzipiell stehen Gesteine aus drei unterschiedlichen Quellen für diese Untersuchungen zur Verfügung: irdische Gesteine, Meteorite und Mondproben. Gesteine aus den verschiedenen Schildgebieten (Schild) der Erde zeigen ein Uran-Blei-Alter von 3,4-3,9 Mrd. Jahren. Vereinzelt sind auch schon Alter um 4,0 Mrd. Jahren gefunden worden. Das Entstehungsalter von Meteoriten ergibt Werte zwischen 4,4-4,5 Mrd. Jahren. An Gesteinsproben vom Mond wurde ein maximales Alter von 4,5 Mrd. Jahren bestimmt. Aus der Gesamtheit dieser Daten resultiert für die Erde ein Alter von 4,5-4,6 Mrd. Jahren. Es gibt zwei Modelle zur Entstehung der Erde. Beim homogenen Akkretionsmodell ist vor ca. 4,46 Mrd. Jahren eine gravitative Trennung durch Differenziation von Erdkern und Erdmantel (Erdaufbau) erfolgt. Beim heterogenen Modell ist zuerst der siderophile Erdkern und später der silicatische Erdmantel entstanden. Das homogene Akkretionsmodell wird heute von vielen Wissenschaftlern favorisiert. Bei beiden Modellen entstand im Anschluss daran durch Differenziation aus dem Erdmantel die Erdkruste (mindestens 3,9 Mrd. Jahre alt), die im Laufe der geologischen Entwicklung Veränderungen unterlegen war. Etwa zur gleichen Zeit entstanden die Vorstufen der heutigen Hydrosphäre und Atmosphäre, die aber unterschiedlich von den jetzigen chemischen Zusammensetzungen sind.
Die Erdumlaufbahn, eine leicht elliptische Bahn, beschreibt die Erdbahn (ErdrevolutionAbb. 1) um die Sonne. In einem Brennpunkt dieser Erdbewegung steht die Sonne (gemäß den Kepler'schen Gesetzen). Dabei befindet sich die auf die Erde wirkende Gravitationskraft (Gravitation) und die Zentrifugalkraft der Erde im Gleichgewicht. Ein Umlauf dauert ein Jahr (365 d 5 h 48 min 46 s). Die maximale Entfernung Erde-Sonne (Aphel, zurzeit am 3. Juli) beträgt 152,099 Mio. km, die minimale (Perihel, zurzeit am 2. Januar) 147,096 Mio. km. Die mittlere Umlaufgeschwindigkeit liegt bei 29,78 km/s. Die Erdumlaufbahn bewirkt in Zusammenhang mit der Erdachsenneigung (Ekliptik) die Jahreszeiten. Zur Zeit der Äquinoktien, d.h. der Tag- und Nachtgleiche (21. März und 23. September) werden Nord- und Südhalbkugel gleichmäßig von der Sonne beschienen. Zu anderen Zeiten überwiegt die Besonnung auf einer der beiden Halbkugeln deutlich ( Abb. 3). Der Sonnenhöchststand liegt im Sommerhalbjahr auf der Nordhalbkugel am 21. Juni (Sommerpunkt, Südwinter) und der niedrigste Sonnenstand im Winterhalbjahr in der Südhemisphäre am 21. Dezember (Südsommer) (Solstitium). Die Erdumlaufparameter (Orbitalparameter) unterliegen bestimmten langfristigen Variationen. Und zwar variiert die Exzentrizität der Umlaufbahn mit einer Periode von 95.000 Jahren zwischen den Werten 0,0005 und 0,0607 (derzeit 0,0167 abnehmend). Die Erdachsenneigung (welche die Intensität der Jahreszeitenausprägung steuert) variiert mit einer Periode von 21.000 Jahren zwischen rund 22° 2' und 24° 30' und das Datum von Aphel bzw. Perihel wegen der Präzessionsbewegung (Präzession) der Erdachse mit einer Periode von 21.700 Jahren. Dies führt zu Variationen der Sonneneinstrahlung. Bereits im Jahr 1930 hat M. Milanković versucht, aufgrund dieser Variationen, in diesem Zusammenhang auch Milanković-Zyklen genannt, das Kommen und Gehen der Eiszeiten und Warmzeiten (Interglazial) zu erklären. Ein Konzept, das modifiziert im Rahmen der Paläoklimatologie auch heute in Klimamodell-Rechnungen (Klimamodelle) verwendet wird.
Die Form der Erde wird allgemein als Erdkugel bezeichnet, obwohl sie genau genommen ein Ellipsoid bzw. ein Geoid ist. Die Form des Geoids wird durch einen idealisierten Meeresspiegel, der die Oberfläche der Ozeane nach Erreichen des Gleichgewichtszustandes zeigt und der sich unter den Kontinenten fortsetzt, dargestellt. Das Geoid ist kein starrer Körper, sodass an ihm endogene, und exogene Kräfte wirken können. Diese Erddeformationen lassen sich nach ihren räumlichen Ausdehnungen (global, regional, lokal), nach ihren zeitlichen Abläufen (lang andauernd, periodisch, vorübergehend) sowie nach dem physikalischen Materialzustand (elastisch, viskos, plastisch) unterscheiden. Unter lang andauernden, globalen Deformationen der Erde versteht man das Wirken der Kräfte im Erdinnern, die die Plattentektonik und Tektonik in Gang bringen. Die exogenen Kräfte dagegen wirken mit langer Dauer vor allem bei Klimavariationen durch die veränderte atmosphärische Auflast oder durch Schmelz- und Gefrierprozesse in den Polargebieten und der damit verbundene Änderung des Meeresspiegels.
Globale periodische Deformationen werden in erster Linie durch äußere Kräfte in Form der Erdgezeiten (Anziehungskraft von Sonne, Mond und Planeten) sowie durch die jahreszeitliche Variation der atmosphärischen Auflast und des Wasserkreislaufes (ozeanische Zirkulation) erzeugt. Regionale bzw. lokale lang andauernde Deformationen sind dagegen häufig die Folge eines anthropogenen Einflusses, wie z.B. durch den Abbau von Rohstoffen oder die Akkumulation von Massen. Periodische regionale Deformationen ergeben sich durch jahreszeitlich bedingte meteorologische und hydrologische Variationen. Die episodischen Deformationen entstehen hauptsächlich regional bzw. lokal nach einem Erdbeben, Vulkanismus oder Bergsturz. Betrachtet man also die Erde als Ganzes und will ihre Deformation realistisch beschreiben oder modellieren, so muss eine Kombination des unterschiedlichen Materialverhaltens (elastisch-viskos-plastisch) berücksichtigt werden. Deformationen im Erdinneren sind langsame Fließvorgänge, denen ein viskoses Materialverhalten zugrunde liegt. Prozesse und Auswirkungen der Deformationen werden in der Geodäsie beobachtet und präzise gemessen. Bei den messbaren Effekten handelt es sich einerseits um eine geometrische Veränderung der Form der Erdoberfläche in horizontaler (Plattenkinematik) und vertikaler (Gebirgsbildung) Richtung. Andererseits sind auch die daraus resultierenden Variationen der Erdrotation und der Erdanziehungskraft mit den Methoden der Geodäsie messbar.
Der Aufbau der Erde ist konzentrisch schalenförmig und wird deshalb in einzelne Geosphären untergliedert. Die äußerste Schale bildet die gasförmige Atmosphäre, gefolgt von der Biosphäre und Hydrosphäre. Im Erdinneren setzt sich der Schalenbau fort und ist im Prinzip dreigeteilt, in Erdkruste (bis max. 70 km), Erdmantel (70-2898 km) und Erdkern (2898-6371 km) (Erdaufbau). Der Chemismus der Erde ist sehr heterogen. Zirka 90% der Erde sind aus den vier Elementen Eisen, Sauerstoff, Silicium und Magnesium aufgebaut.
Das an der Oberfläche gemessene Erdmagnetfeld setzt sich seiner Herkunft nach aus dem Erdinnenfeld und dem Außenfeld zusammen. Das magnetische Erdinnenfeld, dessen Quellen sich im Erdkörper befinden, besteht aus dem Haupt- oder Kernfeld, dem Feld der magnetisierten Gesteine der Erdkruste sowie aus dem Anteil, der durch elektrische Induktion in der Kruste erzeugt wird (Erdmagnetismus). Das Erdmagnetfeld ( Abb. 4) ist die Vektorsumme aller Felder natürlichen irdischen Ursprungs. Hierzu gehören die magnetischen Felder, die im Erdkern modelliert werden, die magnetischen Felder der magnetisierten Gesteine der Erdkruste und die magnetischen Felder der elektrischen Ströme in Ionosphäre und Magnetosphäre. Das Geodynamofeld ist das Hauptfeld, es beträgt an den magnetischen Polen etwa 60.000 nT (Nanotesla, 1 Tesla=Weber/m2=Vs/m2), am magnetischen Äquator etwa 30.000 nT. Es ändert sich zeitlich nur langsam und hat angenähert die Geometrie eines Dipolfeldes. Das erdmagnetische Außenfeld entsteht durch Stromsysteme außerhalb des Erdkörpers. Diese Ionosphärenströme erzeugen tägliche Variationen von etwa 50 nT in mittleren Breiten (Polarlichter). Sie werden von intensiven und zeitlich variablen Strömen in Ionosphäre und Magnetosphäre hervorgerufen. Erdmagnetische Stürme werden ausgelöst durch Sonneneruptionen deren Häufigkeit mit dem elfjährigen Zyklus der solaren Aktivität korreliert. Solche Stürme lassen sich bisher nur ungenau ankündigen.
Ein anderes Phänomen ist das elektrische Feld der Atmosphäre, ein infolge der Potenzialdifferenz zwischen Ionosphäre und Erdoberfläche bestehendes elektrisches Feld. Bei ungestörtem Wetter ist das Feld vertikal nach unten ausgerichtet. Die Erdoberfläche bildet dabei den negativen Pol. Die Änderung der Feldstärke mit der Höhe verläuft im Wesentlichen invers zur elektrischen Leitfähigkeit die ihrerseits von der Ionisationsrate und der Mobilität der Ladungsträger abhängt. Das Feld ist nahe der Erdoberfläche am stärksten mit -100 bis -150 V/m und nimmt mit der Höhe annähernd logarithmisch ab. In einer Höhe von 30 km beträgt die Feldstärke nur noch etwa -30 mV/m.
Einzelne Themenbereiche der Geographie, die die Erde im Hinblick auf natürliche Gegebenheiten und anthropogene Phänomene betrachten, sind unter folgenden Stichworten abgehandelt: Agrarregion, Bevölkerungsentwicklung, Faunenreiche, Florenreiche, Klimaklassifikation, Kulturerdteile, Plattentektonik, Vegetationszonen, Weltbodenkarte.


Erde 1: Erde 1: Planetenkonstellation unseres Sonnensystems.

Erde 2: Erde 2: Physikalische Maße der Erde.

Erde 3: Erde 3: Scheinbare Bewegung der Sonne um die Erde an unterschiedlichen Orten.

Erde 4: Erde 4: Erdmagnetfeld [nT].
  • Die Autoren

Redaktion:
Dipl.-Geogr. Christiane Martin (Leitung)
Dipl.-Geogr. Dorothee Bürkle
Dipl.-Geol. Manfred Eiblmaier

Fachkoordinatoren und Herausgeber:
Prof. Dr. Ernst Brunotte (Physische Geographie)
Prof. Dr. Hans Gebhardt (Humangeographie)
Prof. Dr. Manfred Meurer (Physische Geographie)
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Dr. Heinz-Hermann Essen, Hamburg [HHE]
Dr. Heinz-Hermann Essen, Hamburg [HHE]
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Dipl.-Geogr. Klaus Mensing, Hamburg [KM]
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Grafik:
Mathias Niemeyer (Leitung)
Ulrike Lohoff-Erlenbach
Stephan Meyer

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