Lexikon der Geowissenschaften: Kohle
Kohle, Sedimentgestein, das vorwiegend aus dem Detritus von höheren (terrestrischen) Pflanzen besteht und das nach der Kompaktion und Inkohlung über 50 Gew.-% und über 70 Vol.-% Kohlenstoff beinhaltet. Kohle wird seit Jahrtausenden als fester fossiler Brennstoff und chemischer Rohstoff genutzt. Humuskohlen bestehen im Gegensatz zu Sapropelkohlen hauptsächlich aus Pflanzengewebe und Zellwänden, die unter aeroben Bedingungen abgelagert wurden. Die Bildung der Kohle findet i.d.R. unter nicht marinen oder paralischen Bedingungen statt. Die ständige Wasserbedeckung im Torfmoor verhindert die Oxidation und Zerstörung des Pflanzendetritus. Nach der Ansammlung der abgestorbenen Pflanzen auf dem Boden setzen zunächst biochemische und später, nach Überlagerung, geochemische Prozesse ein. Im Verlauf weiterer Absenkung verursachen diese Prozesse kontinuierlich die Inkohlung des organischen Materials mit den Reifestadien Torf, Braunkohle, Steinkohle bis Anthrazit. Während der Inkohlung bilden sich große Mengen von Methan als leichtflüchtige Kohlenwasserstoffe. Die Hauptphase der Methanbildung in Kohlen findet im Fettkohlenstadium (Reflexionsvermögen ca. 1,3-1,4%) statt. Das Bildungspotential von schweren, nicht flüchtigen Kohlenwasserstoffen in der Kohle ist sehr begrenzt.
Die petrographischen Komponenten der Kohle sind die Macerale, die Minerale der Kohle. Sie werden mikroskopisch auf der Basis von Reflektion, Umriß und Struktur unterschieden. Weitere Methoden, die zur Anwendung bei der Unterscheidung der Komponenten kommen sind Ätzen, Elektronenmikroskopie, Fluoreszenz und Lumineszenz. In der Braunkohle bildet der Huminit die Hauptkomponente. In einer typischen Steinkohle sind die drei Hauptmaceralgruppen Liptinit, Vitrinit und Inertinit. Die Reflektionswerte sind beim Liptinit am niedrigsten und beim Inertinit am höchsten.
Es existieren unterschiedliche Möglichkeiten, Kohle zu klassifizieren. Drei Kriterien sind dabei von Bedeutung: der Kohlegrad, der Kohletyp und der Kohlerang. Der Kohlegrad bezieht sich auf die mineralische Kontamination der Kohle. Der Wert und der Verwendungszweck der Kohle wird durch den Anteil der mineralischen Komponenten, die als Ascheanteil zurückbleiben, erheblich beeinflußt. Der Kohletyp definiert die organischen Bestandteile, die makroskopisch, mikroskopisch oder chemisch bestimmt werden. Am gebräuchlichsten ist die Bestimmung der Verhältnisse der Macerale Vitrinit, Exinit und Inertinit in An- und Dünnschliffen. Der Kohlerang beschreibt den Inkohlungsgrad der Kohle und wird durch die Faktoren Zeit, Druck und Temperatur bestimmt. Je stärker die Inkohlung, desto höher ist der Rang der Kohle. Die unterschiedlichen Inkohlungsstadien werden in Deutschland seit 1951 entsprechend der DIN-Norm (21900) und in Nordamerika nach der ASTM (American Society for Testing Materials) klassifiziert. Zu den wichtigsten Parametern in Deutschland gehören a) das Reflexionsvermögen, b) das Bläh- und Backvermögen und c) die chemische Analyse der Kohle. In Nordamerika werden der Inkohlungsrang, die pflanzliche Zusammensetzung und der Grad der Verunreinigung der Kohle als wichtigste Parameter zur Klassifizierung herangezogen.
Die ältesten bekannten abbauwürdigen Kohleflöze stammen aus dem Oberdevon auf der Bäreninsel (Norwegen). Moskauer Braunkohlen aus dem Unterkarbon sind nicht abbauwürdig. Die wichtigsten deutschen Steinkohlevorkommen (Ruhrgebiet, Saargebiet) sind aus dem Karbon, ebenso die Kohlelagerstätten im Osten der USA, in Rußland, Böhmen, im Massiv Central (Frankreich) und in Spanien. Aus dem Perm entstammen die Gondwanakohlen der südlichen Hemisphäre. Großenteils aus dem Mesozoikum sind die Kohlelagerstätten in Nordamerika, Australien und im Fernen Osten. Tertiäre Braunkohlen werden in Nordamerika, Europa, Fernen Osten und in geringer Form in Australien abgebaut. Die heute weltweit bewiesenen Kohlereserven (Ende 1997, BP Statistische Rückschau der Weltenergie, Juni 1998) belaufen sich auf etwa 1031,61 Mio. Tonnen. [AHW]
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