Lexikon der Geowissenschaften: Stickstoffkreislauf
Stickstoffkreislauf, N-Kreislauf, Transformationen von Stickstoff in Form eines zyklischen Fließschemas. Der allgemeine N-Kreislauf läßt sich in Anlehnung an Jansson & Persson (1982) in 3 ineinander geschachtelte Teilkreisläufe unterteilen ( Abb ): Im „elementaren N-Kreislauf” („E-Zyklus”) wird der große Pool des atmosphärischen molekularen Stickstoffs (N2) über die biologische Stickstoff-Fixierung mit dem N-Umsatz in der Biosphäre verbunden. Auch die Oxidation von elementarem Stickstoff durch Verbrennungsvorgänge oder elektrische Entladungen zu NOx (Stickoxide) ist diesem Zyklus zuzuordnen, da dieses über Deposition in den Boden und damit in die Biosphäre gelangt. Geschlossen wird dieser Zyklus durch den Prozeß der Denitrifikation, bei dem unter anaeroben Bedingungen Nitrat (NO3) mikrobiell zu elementarem Stickstoff (N2) und Lachgas (N2O) reduziert wird.
Der organisch gebundene Stickstoff wird durch mikrobiellen Abbau im Zuge der Mineralisation zunächst durch Ammonifikation zu mineralischem Ammonium (NH4) umgesetzt. Unter aeroben Bedingungen wird das gebildete Ammonium, soweit es nicht durch NH4+-Fixierung in den Zwischenschichten von Tonmineralen gebunden wird, im Zuge der Nitrifikation durch autotrophe Bakterien über Nitrit (NO2) zu Nitrat (NO3) oxidiert. Die mineralischen Stickstoffverbindungen (NH4 und NO3) stehen den Pflanzen als Nährstoffe zur Verfügung. Durch die assimilatorische Biomassebildung entstehen primäre organische N-Verbindungen, die entweder direkt über Streu oder Ernterückstände oder über den Umweg der tierischen oder menschlichen Verdauung wieder dem organischen Pool zugeführt werden („A-Zyklus=autotropher N-Kreislauf). Der in der organischen Substanz enthaltene Kohlenstoff und die gespeicherte Energie wird beim Abbau durch die Mikroorganismen z.T. zum Aufbau von Körpersubstanz genutzt, wodurch ein Teil des mineralisierten Stickstoffs durch Immobilisierung wieder in organische Bindung überführt wird („H-Zyklus”=heterotropher N-Kreislauf).
Der organisch gebundene Bodenstickstoff ist je nach Alter und Bindungsform in unterschiedlicher Weise an den Umsetzungsprozessen im Boden beteiligt. Daher wird konzeptionell entsprechend der Umsetzbarkeit der organischen Substanz häufig eine Unterteilung in einen „aktiven”, einen „stabilisierten” und einen „passiven” Pool vorgenommen, wobei der passive nahezu nicht umsetzbare Pool im Boden den weitaus größten Anteil ausmacht.
Durch menschliche Aktivitäten kommt es zu Störungen des „natürlichen” Kreislaufs. Durch die Verbrennung fossiler Brennstoffe wird sowohl der darin organisch gebundene Stickstoff freigesetzt als auch durch die Oxidation von elementarem Luftstickstoff zu NOx der Anteil an reaktiven Stickstoffverbindungen in der Geosphäre erhöht. Durch Deposition gelangen diese von der Biosphäre nutzbaren mineralischen Stickstoffverbindungen in den Boden. Zudem wurde durch die Landwirtschaft über eine Ausweitung der Leguminosenanbaufläche und die damit verbundene symbiontische Stickstoff-Fixierung und die Nutzung von Mineraldünger aus der technisch-industriellen Ammoniak-Synthese vermehrt Stickstoff in die Biosphäre eingeschleust. Diese anthropogen bedingte Überführung von Stickstoff in mineralische Verbindungen hat in den letzten Jahrzehnten die Größenordnung der „natürlichen” Stickstoff-Fixierung überschritten. In der Folge können Probleme durch den Eintrag von Stickstoff in benachbarte Ökosysteme entstehen.
Durch überhöhte Stickstoffdüngung auf landwirtschaftlich genutzte Flächen sowie atmosphärische Einträge in naturnahe Ökosysteme kann es im Boden zu einer Anhäufung von nicht durch die Vegetation aufgenommenem Nitrat kommen. Ein großer Teil dieses überschüssigen Stickstoffs unterliegt der Nitratauswaschung mit dem Sickerwasser und führt zu einer Belastung von Grund- und Oberflächenwasser. Durch die krebsauslösende Wirkung von Nitrat im menschlichen Körper sowie der Gefahr von Sauerstoffmangel durch erhöhte Nitrataufnahme bei Säuglingen ist in der EU ein Trinkwassergrenzwert von 50 mg NO3/l vorgeschrieben. In Deutschland wird der Bilanzsaldo aus Sticksstoffeintrag und Stickstoffentzug mit Ernteprodukten auf der landwirtschaftlich genutzten Fläche derzeit mit einem Überschuß auf der Eintragsseite von 111 kg N/ha (1995) beziffert. In Oberflächengewässern spielt Stickstoff neben Phosphor die bedeutendste Rolle bei der Eutrophierung von Gewässern. Durch den hohen Grad der Stickstoffeliminierung bei der Abwasserreinigung beträgt in Deutschland der Anteil der Stickstoffeinträge in die Oberflächengewässer aus diffusen Quellen etwa 60%.
Gleichzeitig mit dem Eintrag mineralischer Stickstoffverbindungen erhöht sich auch die Freisetzung von Lachgas (N2O) aus dem Boden. Aus der langen Lebensdauer der N2O-Moleküle resultiert ein globaler Anstieg der N2O-Konzentration in der Atmosphäre von 280 ppb in vorindustrieller Zeit auf derzeit etwa 310 ppb. Problematisch ist dieser Anstieg durch die Mitwirkung des N2O am Treibhauseffekt sowie durch seinen Beitrag beim Ozonabbau in der Stratosphäre.
Durch Ammoniakverflüchtigung aus ammoniumhaltigen Düngemitteln und Exkrementen wird Stickstoff über die Atmosphäre in benachbarte naturnahe Ökosysteme eingetragen und führt zusammen mit dem Eintrag von oxidierten N-Verbindungen aus der NOx-Emmission zu einer Versauerung des Bodens und zu einem Nährstoffungleichgewicht. Dies führt unter anderem zu einer Verschiebung des Artenspektrums in Richtung nitrophiler Spezies. [KCK]
Literatur: JANSSON, S. L. & PERSSON, J. (1982): Mineralization and Immobilisation of soil nitrogen. In: Stevenson, F. J. (Ed.): Nitrogen in agricultural soils. Agronomy Monograph 22.
Stickstoffkreislauf: allgemeiner Stickstoffkreislauf mit Teilzyklen („E-Zyklus„ = elementarer N-Kreislauf, „A-Zyklus„ = autotropher N-Kreislauf, „H-Zyklus„ = heterotropher N-Kreislauf) ohne anthropogene Einflüsse und lokale Verlustgrößen. Stickstoffkreislauf:
Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.