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Lexikon der Kartographie und Geomatik: Augenbewegungen

Augenbewegungen, E eye movements, Änderung der Augenposition mit unterschiedlichem Verlauf und zu unterschiedlichem Zweck. Jedes Auge wird von sechs Muskeln bewegt. Mit ihrer Hilfe kann der kugelförmige Augapfel horizontale, vertikale und cyclo-rotatorische Bewegungen ausführen, wobei durch die Kombination von horizontalen und vertikalen Bewegungen auch schräge Augenbewegungen möglich sind. Physiologisch werden verschiedene Augenbewegungen unterschieden, von denen die gemeinsamen konjugierten für die Empirische Kartographie von Bedeutung sind. Durch konjugierte Augenbewegungen können die Augen jeweils zusammen nach oben, nach unten, nach links oder nach rechts bewegt werden.
Die großen Makrobewegungen des Auges dienen der Exploration des visuellen Feldes. Dabei werden die retinalen Abbilder hervorstechender Merkmale des jeweiligen Blickfeldes in der Fovea centralis (Netzhautgrube) konzentriert. Die Bewegung der Augen erfolgt bei einem solchen freien Umherblicken nie langsam und gleichmäßig von einem Fixationspunkt (vgl. Fixation) zum anderen, sondern die Augen springen in schnellen, ruckartigen Bewegungen, den Sakkaden, deren Amplitude und Richtung willentlich beeinflusst werden können, von einem Fixationspunkt zum nächsten. Zwischen den Sakkaden treten Fixationsperioden von 0,15 bis etwa 2 Sekunden Dauer auf, in denen die Aufnahme visueller Information möglich ist. Die Dauer der Sakkaden selbst wächst linear mit der Weite und schwankt zwischen 10 und ca. 80 Millisekunden. Bei großen Weiten fallen Sakkaden typischerweise zu kurz aus, und ca. 200 Millisekunden nach Beginn der ersten Sakkade folgt eine Korrektursakkade, auch wenn das Fixationsziel nicht mehr sichtbar ist. Bereits kurz vor Beginn und über die Dauer der Sakkade hinaus ist die Empfindlichkeit des Sehens vermindert (saccadic supression). Große Sakkaden werden in der Regel von Kopfbewegungen begleitet. Wird ein bewegtes Objekt mit den Augen verfolgt, so treten gleitende Augefolgebewegungen auf. Vorausgesetzt die Winkelgeschwindigkeit des verfolgten Objektes ist nicht zu groß, bleibt sein Abbild auf diese Weise auf der Stelle des schärfsten Sehens (Fovea centralis).
Ist ein Objekt fixiert, führt das Auge kleine Mikrobewegungen aus. Dies sind Driftbewegungen (langsame und zufällige Bewegungen), der Fixationstremor (hochfrequente Zitterbewegungen) sowie Mikrosakkaden (unregelmäßige, schnelle Blicksprünge beider Augen zur Korrektur der Driftbewegungen), die der Aufrechterhaltung der Fixation dienen.
Augenbewegungen sind der beobachtbare und messbare Ausdruck der visuellen Aufmerksamkeit. Sie sind sowohl von Merkmalen der Reizvorlage, wie von Erwartungen und visuellen Strategien des Betrachtenden abhängig. Augenbewegungen sind nicht zufällig, sondern werden durch zwei Kontrollmechanismen gesteuert. Auf der einen Seite steht die automatische Steuerung: Durch bestimmte visuelle Merkmale und Anreize der Vorlage wird reflektorisch Blickzuwendung ausgelöst. Auffällige Merkmale und unerwartete Konfigurationen (eye catcher), durch die die Aufmerksamkeit unmittelbar auf den Zielreiz gelenkt wird, sind vor allem eine besondere Farbe oder Intensität, die ausschließlich den Zielreiz auszeichnet, ein besonderes Texturmerkmal, eine besondere Orientierung des Zielreizes, ein den Zielreiz auszeichnendes Formmerkmal sowie Blinken oder Bewegung des Zielreizes. Im Gegensatz zur automatischen Steuerung von Augenbewegungen steht die willentliche Steuerung, die aufgaben- und interessenorientiert abläuft sowie in starkem Maße vom Vorwissen abhängt. Spezialisten beherrschen spezifische Strategien der Durchmusterung, zum Beispiel zur Auswertung raumbezogener Medien wie Luft- und Satellitenbilder oder auch komplexer thematischer Karten.
Die Aufzeichnung der Abfolge von Fixationen und Augenbewegungen ist eine Methode der Empirischen Kartographie zur Analyse von visuell-kognitiven Informationsverarbeitungsprozessen. Mit Hilfe der Registrierung von Augenbewegungen lassen sich Erkenntnisse über die Effektivität von Karten und anderen visuellen Medien gewinnen. Blickmuster können auf diese Weise zu Rückschlüssen auf die Komplexität und damit Leserlichkeit und Verständlichkeit kartographischer Medien benutzt werden. Die Blickbewegungsregistrierung bietet dabei die genauste Information über die Auswertung von visuellen Medien, denn die Durchmusterung ist der beobachtbare Ausdruck der Aufmerksamkeitszuwendung. Die Kartennutzung geschieht durch eine Abfolge von Fixationen und Sakkaden als sichtbarer Ausdruck der Aufmerksamkeitszuwendung. In der Regel beginnt die Kartenbetrachtung mit weiten Sakkaden und kurzen Fixationen und geht zu kürzeren Sakkaden mit längeren Fixationen über. Also von einer groben Übersichtsorientierung zu einer eingehenden Exploration, in der auch Details berücksichtigt werden. Dabei bekommen Areale mit hohem Informationsgehalt mehr Aufmerksamkeit zugeteilt, indem sie häufiger und länger fixiert werden. Bei der Formwahrnehmung steht die Bewegungsbahn des Auges in Beziehung zur Gegenstandskontur. Dabei werden bestimmte Konturelemente als Bezugspunkte des Abbildaufbaus ausgesondert und die übrigen Konturteile auf sie bezogen.
Das Muster der Augenbewegungen (Blickpfade) ergibt eine Anzahl von praktisch interessanten Variablen, wie die Anzahl und Dauer von Fixationen, die Position und Reihenfolge fixierter Areale in der Vorlage, die Sakkadenlänge sowie die Anzahl der Rücksprünge zwischen fixierten Arealen. Kurze Sakkaden, lange Fixationen und häufige Rücksprünge sind beispielsweise Indikatoren für komplexe Vorlagen. Durch den gezielten Graphikeinsatz lassen sich Augenbewegungen in Grenzen steuern (vgl. Arbeitsgraphik).

FHN

Literatur: [1] CARPENTER, R.H.S. (1988): Movements of the eyes. London. [2] GREGORY, R.L. (1990): Eye and brain: the psychology of seeing.-Oxford et al. [3] STEINKE, T.K. (1987): Eye movement studies in cartography and related fields. Cartographica, Vol. 24, No. 2, 40-73.

  • Die Autoren

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lexikons der Kartographie und Geomatik

Herausgeber und Redaktion (jew. mit Kürzel)

JBN

Prof. Dr. Jürgen Bollmann, Universität Trier, FB VI/Kartographie

WKH

Prof. Dr. Wolf Günther Koch, Technische Universität Dresden, Institut für Kartographie

ALI

Dipl.-Geogr. Annette Lipinski, Köln

Autorinnen und Autoren (jew. mit Kürzel)

CBE

Prof. Dr. Christoph Becker, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Fremdenverkehrsgeographie

WBE

Dipl.-Met. Wolfgang Benesch, Offenbach

ABH

Dr. Achim Bobrich, Universität Hannover, Institut für Kartographie und Geoinformatik

GBR

Dr.-Ing. Gerd Boedecker, Bayrische Akademie der Wissenschaften, Kommission für Erdmessung, München

JBN

Prof. Dr. Jürgen Bollmann, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

WBO

Dr. Wolfgang Bosch, Deutsches Geodätisches Forschungsinstitut, München

CBR

Dr. Christoph Brandenberger, ETH Zürich, Institut für Kartographie, (CH)

TBR

Dipl.-Geogr. Till Bräuninger, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

KBR

Prof. Dr. Kurt Brunner, Universität der Bundeswehr, Institut für Photogrammetrie und Kartographie, Neubiberg

MBR

Prof. Dr. Manfred F. Buchroithner, TU Dresden, Institut für Kartographie

EBN

Dr.-Ing. Dr. sc. techn. Ernst Buschmann, Potsdam

WBH

Prof. Dr. Wolfgang Busch, TU Clausthal-Zellerfeld

GBK

Dr. Gerd Buziek, München

ECS

Prof. Dr. Elmar Csaplovics, TU Dresden, Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung

WDK

Prof. Dr. Wolfgang Denk, FH Karlsruhe, Hochschule für Technik, FB Geoinformationswesen

FDN

Doz. Dr. Frank Dickmann, TU Dresden, Institut für Kartographie

RDH

Prof. Dr. Reinhard Dietrich, TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie

DDH

Dr. Doris Dransch, Berlin

HDS

Prof. Dr. Hermann Drewes, Deutsches Geodätisches Forschungsinstitut, München

DER

Dr. Dieter Egger, TU München, Institut für Astronomische und Physikalisch Geodäsie

RET

Dr. jur. Dipl.-Ing. Rita Eggert, Karlsruhe

HFY

Dipl.-Geogr. Holger Faby, Europäisches Tourismus Institut GmbH an der Universität Trier

GGR

Univ. Ass. Dr. MA Georg Gartner, TU Wien, Institut für Kartographie und Reproduktionstechnik, (A)

CGR

Prof. Dr. Cornelia Gläßer, Martin-Luther-Universität, Halle/S.-Wittenberg, Institut für Geographie

KGR

Dr. Konrad Großer, Institut für Länderkunde, Leipzig

RHA

Dr. Ralph Hansen, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

HHT

Dipl.-Met. Horst Hecht, Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, Hamburg

BHK

Prof. Dr.-Ing. Bernhard Heck, Universität Karlsruhe, Geodätisches Institut

FHN

Dr. Frank Heidmann, Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation, Stuttgart

RHN

Prof. Dr. Reinhard Hoffmann, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Didaktik der Geographie

KIK

Prof. Dr. Karl-Heinz Ilk, Universität Bonn, Institut für Theoretische Geodäsie

WKR

Dipl.-Geol. Wolfgang Kaseebeer, Universität Karlsruhe, Lehrstuhl für Angewandte Geologie

KKN

Prof. Dr. Ing. Karl-Hans Klein, Bergische Universität Wuppertal, FB 11, Vermessungskunde/ Ingenieurvermessung

AKL

Dipl.-Geogr. Alexander Klippel, Universität Hamburg, FB Informatik

CKL

Dr. Christof Kneisel, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

WKH

Prof. Dr. Wolf Günther Koch, Technische Universität Dresden, Institut für Kartographie

IKR

Prof. Dr. Ingrid Kretschmer, Universität Wien, Institut für Geographie und Regionalforschung, (A)

JKI

Dr. Jan Krupski, Universität Wroclaw (Breslau), Institut für Geographie, (PL)

CLT

Dipl.-Geogr. Christian Lambrecht, Institut für Länderkunde, Leipzig

ALI

Dipl.-Geogr. Annette Lipinski, Köln

KLL

Dr. Karl-Heinz Löbel, TU Bergakademie Freiberg

OMF

Dr. Otti Margraf, Beucha

SMR

Prof. Dr. Siegfried Meier, TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie

SMI

Dipl.-Geogr. Stefan Neier-Zielinski, Basel (CH)

GML

Dr. Gotthard Meinel, Institut für Ökologische Raumentwicklung, Dresden

RMS

Roland Meis, Puls

BMR

Prof. Dr. Bernd Meißner, Technische Fachhochschule Berlin, FB 7

MMY

Doz. Dr. Dipl.-Ing. Miroslav Miksovsky, TU Prag, Fakultät Bauwesen, (CZ)

AMR

Dr. Andreas Müller, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt.Kartographie

JMR

Dr.-Ing. Jürgen Müller, TU München, Institut für Astronomische und Physikalische Geodäsie

MND

Dr. Maik Netzband, Universität Leipzig, Institut für Geographie

JNN

Prof. Dr. Joachim Neumann, Wachtberg

ANL

Dr. Axel Nothnagel, Universität Bonn, Geodätisches Institut

FOG

Prof. Dr. Ferjan Ormeling, Universität Utrecht, Institut für Geographie, (NL)

NPL

Dr. Nikolas Prechtel, TU Dresden, Institut für Kartographie

WER

Dr. Wolf-Dieter Rase, Bundesamt für Städtebau und Raumplanung, Abt. I, Bonn

KRR

Prof. Dr. em. Karl Regensburger, TU Dresden, Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung

WRT

Prof. Dr. Wolfgang Reinhardt, Universität der Bundeswehr, Institut für Geoinformation und Landentwicklung, Neubiberg

HRR

Heinz W. Reuter, DFS Deutsche Flugsicherung GmbH, Offenbach

SRI

Dipl.-Geogr. Simon Rolli, Basel (CH)

CRE

Dipl.-Ing. Christine Rülke, TU Dresden, Institut für Kartographie

DSB

PD Dr. Daniel Schaub, Aarau (CH)

MST

Dr. Mirko Scheinert, TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie

WSR

Dr.-Ing. Wolfgang Schlüter, Wetzell

RST

Dr. Reinhard-Günter Schmidt, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

JSR

PD Dr. Ing. Johannes Schoppmeyer, Universität Bonn, Institut für Kartographie und Geoinformation

HSN

Prof. Dr. Heidrun Schumann, Universität Rostock, Institut für Computergraphik, FB Informatik

BST

PD Dr. Brigitta Schütt, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

HSH

Prof. Dr.-Ing. Harald Schuh, TU Wien, Institut für Geodäsie und Geophysik, (A)

GSR

Prof. Dr. Günter Seeber, Universität Hannover, Institut für Erdmessung

KSA

Prof. Dr. Kira B. Shingareva, Moskauer Staatliche Universität für Geodäsie und Kartographie, (RU)

JSS

Dr. Jörn Sievers, Bundesamt für Kartographie und Geodäsie, Frankfurt

MSL

Prof. Dr. Michael H. Soffel, TU Dresden, Lohrmann-Observatorium

ESS

Prof. Dr. em. h.c. Ernst Spiess, Forch (CH)

WSS

Doz. i.R. Dr. Werner Stams, Radebeul

MSR

Dipl.-Geogr. Monika Stauber, Berlin

KST

Prof. Dr. em. Klaus-Günter Steinert, TU Dresden, Lohrmann-Observatorium

PTZ

Dr. Peter Tainz, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

ETL

Dr. Elisabeth Tressel, Universität Trier, FB VI/Physische Geographie

AUE

Dr. Anne-Dore Uthe, Institut für Stadtentwicklung und Wohnen des Landes Brandenburg, Frankfurt/Oder

GVS

Dr.-Ing. Georg Vickus, Hildesheim

WWR

Dipl.-Geogr. Wilfried Weber, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

IWT

Prof. Dr. Ingeborg Wilfert, TU Dresden, Institut für Kartographie

HWL

Dr. Hagen Will, Gießen

DWF

Dipl.-Ing. Detlef Wolff, Leverkusen

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