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Lexikon der Kartographie und Geomatik: Digitales Höhenmodell

Digitales Höhenmodell
Nikolas Prechtel, Dresden
DHM, E Digital Elevation Model (DEM), die diskretisierte, quantitative Beschreibung der Form der festen Erdoberfläche über eine nicht attributierte 3D-Punktmenge (Massenpunkte), welche entweder über Kanten zu einem Dreiecksnetz (Delaunay-Triangulation) vermascht ist oder in einem äquidistanten Raster in der Horizontalebene angeordnet ist. Der Übergang von der realen Erdoberfläche auf ein DHM ist der von einer physischen auf eine mathematische Fläche. Die Oberflächenrauhigkeit (z. B. einer Ackerfläche) ist definitionsgemäß nicht Inhalt eines DHM und stellt als Rauschanteil seine theoretische Genauigkeitsgrenze dar.
1. Definition der Oberfläche
Speziell für großmaßstäbige Untersuchungen mit hoch aufgelöstem DHM ist es bedeutsam, welche Oberfläche tatsächlich repräsentiert ist. Hierzu bedarf es einer klaren Definition als Teil der Metadaten zum DHM. Von Elementen der Reliefbeschreibung in topographischen Karten ausgehend, repräsentiert das DHM zumeist eine idealisierte Bodenoberfläche ohne Bewuchs, anthropogene Objekte (z. B. Gebäude, Brücken) und zeitlich stark variable Elemente wie Schnee-, Eis- und (temporäre) Wasseroberflächen. Diese Abgrenzung ist sinnvoll, weil sie, sofern nicht hoch dynamische geomorphologische Prozesse auf einen Raum einwirken, zu stabilen, also wenig aktualitätskritischen Modellen führt. Der Ausschluss anthropogener Objekte in der Reliefrepräsentation ist allerdings unscharf, wenn wie üblich Abgrabungen (z. B. Steinbruch, Kiesgrube, Tagebaufläche, Straßen- oder Bahneinschnitt), Aufschüttungen (z. B. Straßen- oder Bahndamm) oder künstliche Terrassen (z. B. Weinbau) je nach Maßstab (Auflösung) als Teile des natürlichen Reliefs Eingang finden und auch in Applikationen (z. B. Massenbewegungsmodelle) mit dem nicht direkt veränderten Reliefanteil zusammen bearbeitet werden. Ist hingegen die beschriebene Oberfläche ein vereinfachtes Abbild der unteren Grenzfläche der Atmosphäre, so wird der Terminus digitales Oberflächenmodell verwendet und auch Objekte mit einer hohen zeitlichen Dynamik (im Extrem z. B. Fahrzeuge, sonst zumindest alle Kunstbauten, das Kronendach von Gehölzbeständen, u. a. Objekte) integriert.
2. Abbildungseigenschaften und Speichermodelle
Je nach Anwendung eines DHM sind verschiedene Abbildungseigenschaften für das DHM weitestmöglich zu berücksichtigen: Formtreue (z. B. Geomorphologie, Hydrologie), Volumentreue, Neigungstreue (z. B. Bauingenieurwesen, Bodenkunde) u. a. Die Anforderungen an das Abtastintervall (Abtasttheorem), mit der die Geländeoberfläche in das Modell übertragen wird, können abgeschätzt werden, wenn das Relief als mathematische Fläche nach Trendabspaltung als die Realisierung eines Zufallsprozesses aufgefasst wird.
Verschiedene unterschiedlche Speichermodelle (digitale Geländemodellierung) bieten Vor- und Nachteile: Die irreguläre Punktverteilung in der Speicherform als Dreiecksnetz, im Englischen als TIN (Triangular Irregular Network) bezeichnet, mit implizit unterschiedlicher Punktdichte erlaubt eine flexible und hinsichtlich Speicherumfang kompaktere Darstellung; hohe Reliefenergie und hochfrequente Reliefstrukturen können mit feinen Maschen dargestellt werden, während für weiche Geländeformen ohne hochfrequente Anteile eine grobe Maschenweite ausreicht. Die Speicherung in einem äquidistanten Raster hat den Vorteil eines einfachen Datenformats und damit der Kompatibilität zu beliebiger Software, die Rasterdaten verarbeiten kann. Häufig verlangt zudem eine operationelle parametrische Bildentzerrung als eine wichtige DHM-Applikation eine Reliefrepräsentation, die strukturell der Bildinformation entspricht (Raster). Konzepte zur Speicherung in quadratischen Rastern mit variabler Rasterweite existieren, werden aber softwareseitig selten unterstützt. Ähnliches gilt für eine sicher geeignete und effiziente Quadtree-Speicherung, ebenso für eine facettenweise Repräsentation der Oberfläche durch Polynome höherer Ordnung, bei denen neben einer optimalen Schmiegung an die reale Oberfläche gegebenenfalls die Randbedingung einer globalen stetigen Differenzierbarkeit gewährleistet werden kann. Allen vorgestellten Strukturen ist gemein, dass keine Senkrechten (Wände) oder gar Überhänge gespeichert werden können. Damit sind die üblichen DHMs nur eingeschränkt tauglich für Anwendungen in der virtual reality. Hingegen bietet GIS-Software operationell die Möglichkeit der Transformation zwischen den gebräuchlichen DHM-Strukturen, d. h. von regulären Rasterrepräsentationen in Dreiecksmaschen und umgekehrt.
3. Begriffsabgrenzung
Der dem digitalen Höhenmodell verwandte Begriff digitales Geländemodell bezieht sich nach K. Kraus auf ein veredeltes digitales Höhenmodell, bei denen neben Massenpunkten (Knoten im Dreiecksnetz oder im regulären Gitter) attributierte Objektklassen (z. B. Bruchkante, markanter Höhenpunkt, Struktur-, bzw. Geripplinien, vgl. Geländelinie) abgelegt sind. Darüber hinaus beinhaltet das digitale Geländemodell Interpolationsvorschriften (z. B. Verbot der Interpolation über eine Geländekante). Derartige Ergänzungen verbessern den geowissenschaftlichen Einsatz erheblich, da neben den Massenpunkten des DHM Geländelinien, an denen charakteristische Wechsel von Betrag und Richtung des Neigungsvektors auftreten, mit erhöhter Präzision aufgenommen sind. Diese bilden nämlich meist Leitstrukturen für die Anwender z. B. in der Hydrologie (Kammlinie als Einzugsgebietsgrenze, Tallinie als Abflusslinie der Vorflut), der Geomorphologie (z. B. Geländekante als potentielle Anrisslinie für Massenbewegungen) oder der Strömungsdynamik (z. B. Schneedeposition). Selbst wenn die Zielstruktur ein Raster-DHM ist, sollte darauf gezielt werden, dass die genannten DGM-Objekte strukturiert in das Primärdatenmodell Eingang finden und mit unterschiedlichen Gewichten belegt werden, um zu realistischen Interpolationen von Punkthöhen im DHM zu gelangen.
4. Herstellung Zur Herstellung von Höhen- und Geländemodellen können alle Quellen dienen, die explizit dreidimensionale Oberflächenelemente enthalten (z. B. Karten) oder Messverfahren, welche die Ableitung dreidimensionaler Koordinaten ermöglichen (Tachymetrie, Photogrammetrie und Radargrammetrie). Neben bildgebende Messverfahren (z. B. Luftbild), die interaktiv (z. B. analytischer Plotter) oder alternativ automatisiert (digitale Bildkorrelation) ausgewertet werden können, treten zunehmend auch RADAR-Interferometrie sowie Laserscanning. Letztere messen bei bekannter Position und Orientierung der Lichtquelle Relativhöhen über die Laufzeit des Lichtpulses und führen damit schnell zu einer Höheninformation. Automatisierte Verfahren sind jedoch zunächst nicht selektiv, enthalten zwangsläufig variable Objekte und bilden primär Oberflächenmodelle. Die Überführung in ein digitales Höhen- oder Geländemodell kann erst nach Objekttypisierung und selektiver Filterung realisiert werden.

Literatur: [1] KRAUS, K. (2000): Topographische Informationssysteme. Bonn. [2] HEITZINGER, D. & KAGER, H. (1999): Hochwertige Geländemodelle aus Höhenlinien durch wissensbasierte Klassifikation von Problemgebieten. – Photogrammetrie, Fernerkundung, Geoinformation, 1/99, S. 29-40.

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