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Lexikon der Kartographie und Geomatik: Militärkartographie

Militärkartographie, E military cartography, umfasst die gesamte in Verantwortung militärischer Institutionen meist von Militärpersonen ausgeführten Vermessungs-, topographischen und kartographischen Arbeiten. Die Anfänge der neuzeitlichen Militärkartographie in Westeuropa liegen im 16. Jh. Insbesondere mit der Herausbildung der Artillerie traten für das Militär Bedingungen auf, die spezielle Vermessungen und Kartierungen, aber auch für Festungsbau und Belagerungen graphisch ausgeführte Pläne erforderlich machten. Lange Zeit, bis in die zweite Hälfte des 18. Jhs. blieben nahezu sämtliche militärischen Pläne und Karten originale Handzeichnungen und davon manuell hergestellte Kopien.
Nach und nach entstanden bei den Generalstäben der einzelnen Armeen meist der Artillerie zugeordnete spezielle Truppenteile, denen militärische Erkundung, Vermessung und Kartierung oblag. Militärische Kartierungen erfolgten für von einem abzusehenden Krieg bedrohten Gebieten, für besetzte Gebiete, dann aber auch generell für das eigene Land als militärstrategische Planungsgrundlage.
Eine ähnliche Entwicklung war in England, Österreich und Preußen in der ersten Hälfte des 18. Jhs. zu verzeichnen. Seit der zweiten Hälfte des 18. Jhs. entfaltete im zentralisierten französischen Staat die Militärkartographie umfängliche Aktivitäten. Um die regional begrenzt ausgeführten Aufnahmen zusammenzuführen, wurde das Triangulationsnetz zur Gradmessung von C.F.  Cassini genutzt; als Maßstäbe setzten sich 1 : 14 400, 1 : 28 800 und 1 : 86 400 durch. Damit entstand im Rahmen der Militärkartographie die Landesvermessung, topographische Landesaufnahme und die kartographische Abteilung für topographische Landeskartenwerke, institutionell vereinigt im " Dépôt de la Guerre"; die Ingenieurgeographen verblieben im Generalstab. Entsprechend erfolgte in Großbritannien 1791 die Gründung des "Ordnance Survey", beauftragt mit der Herstellung eines Landeskartenwerks. In der österreichisch-ungarischen Monarchie übernahm 1839/40 das Militärgeographische Institut in Wien diese Aufgabe. Preußen folgte speziell dem französischen Vorbild; 1815 erfolgte auch hier die Übertragung des geodätischen und kartographischen Aufgabenbereichs an das Militär, und zwar an das 2. Departement des Kriegs-Ministeriums (Generalstab), nacheinander geleitet von K.v.  Müffling, W.J. v. Krauseneck und H. v.  Moltke. Im Verlauf des 19. Jhs. erfolgten in sämtlichen Staaten Anpassungen an steigende Anforderungen und verbesserte geodätische Vermessungen.
Vor und während der Kriege im 19. und 20. Jh. wurden über die Landeskartenwerke hinaus von den jeweiligen Militärinstitutionen Karten der militärischen Operationsgebiete hergestellt. Während eines Krieges wurde die weithin auch für zivile Nutzungen arbeitende Militärkartographie zur Kriegskartographie mit einem weitgefächerten, vorwiegend dezentral betriebenem Aufgabenfeld.
Im Ersten Weltkrieg erzwang der Stellungskrieg detaillierte topographische Dokumentationen; Meldegitter aus quadratischen Kilometernetzen wurden eingeführt, das Luftbildwesen entwickelt und spezielle Marsch- und Fliegerkarten geschaffen. Von den kriegführenden Mächten wurden viele Millionen Kartenblätter unter Einbeziehung neuer Technik hergestellt. Noch weit umfänglicher waren die Aktivitäten des Militärkartenwesens im Zweiten Weltkrieg; nicht nur in Deutschland wurden die zivilen kartographischen Kapazitäten in das Kriegskartenwesen einbezogen. Teilweise bereits nach dem Ersten Weltkrieg (so in Deutschland Reichsamt für Landesaufnahme), spätestens nach dem Zweiten Weltkrieg wurden aus der Militärkartographie zumeist zivile Landesvermessungsämter u. a. zivile Institutionen. In den Heeren wurden für die Belange des Militärs neue Einrichtungen geschaffen; in der DDR war es der Militärtopographische Dienst (MTD); in der Bundesrepublik Deutschland ist das militärische Geowesen (MilGeoAmt der Bundeswehr) zuständig für MilGeoDaten, MilGeo-Unterlagen und für die militärischen Land-, Flieger-, See- und Sonderkarten.
In Österreich nimmt der Militärische Geodienst militärkartographische Aufgaben war. In der Schweiz ist das Bundesamt für Landestopographie direkt dem Eidgenössischen Militärdepartement unterstellt. In den weiteren europäischen Ländern sind Militärkartographie und zivile behördliche Kartographie getrennt. Ausnahmen bilden Griechenland und Italien (Militärgeographisches Institut bzw. Militärgeographischer Dienst). Die neuere Entwicklung der Militärkartographie innerhalb der NATO ist u. a. durch die Einführung militärgeographischer und militärtopographischer Informationssysteme gekennzeichnet. Weltweit größte Institution der Militärkartographie ist heute die Defense Mapping Agency (DMA, vormals Army Map Service, AMS) die im NATO-Rahmen und darüber hinaus global tätig ist.

WSS

Literatur: [1] BERTHAUT, H.H.A. (1902): Les ingénieurs géographes militaires (1624-1831), 2 Bände. Paris. [2] DIEMER-WILLRODA, E. (1942): Schwert und Zirkel, Potsdam, 1.A. 1939. [3] PALASCHEWSKI, Th. (1989) Geographie und Sicherheit, Regensburg.

  • Die Autoren

Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Lexikons der Kartographie und Geomatik

Herausgeber und Redaktion (jew. mit Kürzel)

JBN

Prof. Dr. Jürgen Bollmann, Universität Trier, FB VI/Kartographie

WKH

Prof. Dr. Wolf Günther Koch, Technische Universität Dresden, Institut für Kartographie

ALI

Dipl.-Geogr. Annette Lipinski, Köln

Autorinnen und Autoren (jew. mit Kürzel)

CBE

Prof. Dr. Christoph Becker, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Fremdenverkehrsgeographie

WBE

Dipl.-Met. Wolfgang Benesch, Offenbach

ABH

Dr. Achim Bobrich, Universität Hannover, Institut für Kartographie und Geoinformatik

GBR

Dr.-Ing. Gerd Boedecker, Bayrische Akademie der Wissenschaften, Kommission für Erdmessung, München

JBN

Prof. Dr. Jürgen Bollmann, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

WBO

Dr. Wolfgang Bosch, Deutsches Geodätisches Forschungsinstitut, München

CBR

Dr. Christoph Brandenberger, ETH Zürich, Institut für Kartographie, (CH)

TBR

Dipl.-Geogr. Till Bräuninger, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

KBR

Prof. Dr. Kurt Brunner, Universität der Bundeswehr, Institut für Photogrammetrie und Kartographie, Neubiberg

MBR

Prof. Dr. Manfred F. Buchroithner, TU Dresden, Institut für Kartographie

EBN

Dr.-Ing. Dr. sc. techn. Ernst Buschmann, Potsdam

WBH

Prof. Dr. Wolfgang Busch, TU Clausthal-Zellerfeld

GBK

Dr. Gerd Buziek, München

ECS

Prof. Dr. Elmar Csaplovics, TU Dresden, Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung

WDK

Prof. Dr. Wolfgang Denk, FH Karlsruhe, Hochschule für Technik, FB Geoinformationswesen

FDN

Doz. Dr. Frank Dickmann, TU Dresden, Institut für Kartographie

RDH

Prof. Dr. Reinhard Dietrich, TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie

DDH

Dr. Doris Dransch, Berlin

HDS

Prof. Dr. Hermann Drewes, Deutsches Geodätisches Forschungsinstitut, München

DER

Dr. Dieter Egger, TU München, Institut für Astronomische und Physikalisch Geodäsie

RET

Dr. jur. Dipl.-Ing. Rita Eggert, Karlsruhe

HFY

Dipl.-Geogr. Holger Faby, Europäisches Tourismus Institut GmbH an der Universität Trier

GGR

Univ. Ass. Dr. MA Georg Gartner, TU Wien, Institut für Kartographie und Reproduktionstechnik, (A)

CGR

Prof. Dr. Cornelia Gläßer, Martin-Luther-Universität, Halle/S.-Wittenberg, Institut für Geographie

KGR

Dr. Konrad Großer, Institut für Länderkunde, Leipzig

RHA

Dr. Ralph Hansen, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

HHT

Dipl.-Met. Horst Hecht, Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie, Hamburg

BHK

Prof. Dr.-Ing. Bernhard Heck, Universität Karlsruhe, Geodätisches Institut

FHN

Dr. Frank Heidmann, Fraunhofer Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation, Stuttgart

RHN

Prof. Dr. Reinhard Hoffmann, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Didaktik der Geographie

KIK

Prof. Dr. Karl-Heinz Ilk, Universität Bonn, Institut für Theoretische Geodäsie

WKR

Dipl.-Geol. Wolfgang Kaseebeer, Universität Karlsruhe, Lehrstuhl für Angewandte Geologie

KKN

Prof. Dr. Ing. Karl-Hans Klein, Bergische Universität Wuppertal, FB 11, Vermessungskunde/ Ingenieurvermessung

AKL

Dipl.-Geogr. Alexander Klippel, Universität Hamburg, FB Informatik

CKL

Dr. Christof Kneisel, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

WKH

Prof. Dr. Wolf Günther Koch, Technische Universität Dresden, Institut für Kartographie

IKR

Prof. Dr. Ingrid Kretschmer, Universität Wien, Institut für Geographie und Regionalforschung, (A)

JKI

Dr. Jan Krupski, Universität Wroclaw (Breslau), Institut für Geographie, (PL)

CLT

Dipl.-Geogr. Christian Lambrecht, Institut für Länderkunde, Leipzig

ALI

Dipl.-Geogr. Annette Lipinski, Köln

KLL

Dr. Karl-Heinz Löbel, TU Bergakademie Freiberg

OMF

Dr. Otti Margraf, Beucha

SMR

Prof. Dr. Siegfried Meier, TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie

SMI

Dipl.-Geogr. Stefan Neier-Zielinski, Basel (CH)

GML

Dr. Gotthard Meinel, Institut für Ökologische Raumentwicklung, Dresden

RMS

Roland Meis, Puls

BMR

Prof. Dr. Bernd Meißner, Technische Fachhochschule Berlin, FB 7

MMY

Doz. Dr. Dipl.-Ing. Miroslav Miksovsky, TU Prag, Fakultät Bauwesen, (CZ)

AMR

Dr. Andreas Müller, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt.Kartographie

JMR

Dr.-Ing. Jürgen Müller, TU München, Institut für Astronomische und Physikalische Geodäsie

MND

Dr. Maik Netzband, Universität Leipzig, Institut für Geographie

JNN

Prof. Dr. Joachim Neumann, Wachtberg

ANL

Dr. Axel Nothnagel, Universität Bonn, Geodätisches Institut

FOG

Prof. Dr. Ferjan Ormeling, Universität Utrecht, Institut für Geographie, (NL)

NPL

Dr. Nikolas Prechtel, TU Dresden, Institut für Kartographie

WER

Dr. Wolf-Dieter Rase, Bundesamt für Städtebau und Raumplanung, Abt. I, Bonn

KRR

Prof. Dr. em. Karl Regensburger, TU Dresden, Institut für Photogrammetrie und Fernerkundung

WRT

Prof. Dr. Wolfgang Reinhardt, Universität der Bundeswehr, Institut für Geoinformation und Landentwicklung, Neubiberg

HRR

Heinz W. Reuter, DFS Deutsche Flugsicherung GmbH, Offenbach

SRI

Dipl.-Geogr. Simon Rolli, Basel (CH)

CRE

Dipl.-Ing. Christine Rülke, TU Dresden, Institut für Kartographie

DSB

PD Dr. Daniel Schaub, Aarau (CH)

MST

Dr. Mirko Scheinert, TU Dresden, Institut für Planetare Geodäsie

WSR

Dr.-Ing. Wolfgang Schlüter, Wetzell

RST

Dr. Reinhard-Günter Schmidt, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

JSR

PD Dr. Ing. Johannes Schoppmeyer, Universität Bonn, Institut für Kartographie und Geoinformation

HSN

Prof. Dr. Heidrun Schumann, Universität Rostock, Institut für Computergraphik, FB Informatik

BST

PD Dr. Brigitta Schütt, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Physische Geographie

HSH

Prof. Dr.-Ing. Harald Schuh, TU Wien, Institut für Geodäsie und Geophysik, (A)

GSR

Prof. Dr. Günter Seeber, Universität Hannover, Institut für Erdmessung

KSA

Prof. Dr. Kira B. Shingareva, Moskauer Staatliche Universität für Geodäsie und Kartographie, (RU)

JSS

Dr. Jörn Sievers, Bundesamt für Kartographie und Geodäsie, Frankfurt

MSL

Prof. Dr. Michael H. Soffel, TU Dresden, Lohrmann-Observatorium

ESS

Prof. Dr. em. h.c. Ernst Spiess, Forch (CH)

WSS

Doz. i.R. Dr. Werner Stams, Radebeul

MSR

Dipl.-Geogr. Monika Stauber, Berlin

KST

Prof. Dr. em. Klaus-Günter Steinert, TU Dresden, Lohrmann-Observatorium

PTZ

Dr. Peter Tainz, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

ETL

Dr. Elisabeth Tressel, Universität Trier, FB VI/Physische Geographie

AUE

Dr. Anne-Dore Uthe, Institut für Stadtentwicklung und Wohnen des Landes Brandenburg, Frankfurt/Oder

GVS

Dr.-Ing. Georg Vickus, Hildesheim

WWR

Dipl.-Geogr. Wilfried Weber, Universität Trier, FB Geographie/Geowissenschaften – Abt. Kartographie

IWT

Prof. Dr. Ingeborg Wilfert, TU Dresden, Institut für Kartographie

HWL

Dr. Hagen Will, Gießen

DWF

Dipl.-Ing. Detlef Wolff, Leverkusen

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