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Lexikon der Kartographie und Geomatik: visuell-kognitive Prozesse

visuell-kognitive Prozesse, E visual-cognitive processing, in der Kartennutzung Bezeichnung für Vorgänge, die in wechselseitiger Kombination und Komplexität diejenigen kognitiven Funktionen der visuellen Informationsverarbeitung beschreiben, die mithilfe des visuellen Systems und korrespondierender Gedächtnissysteme eine zielorientierte Nutzung kartographischer Medien ermöglichen. Visuell-kognitive Prozesse umfassen Aufmerksamkeit und Wahrnehmung, das Denken und Problemlösungen sowie die Strukturen des Gedächtnisses.
Die Analyse visuell-kognitiver Prozesse der Kartennutzung ist ein Hauptforschungsgebiet der Empirischen Kartographie. Dabei stehen zwei Fragestellungen im Mittelpunkt des Interesses. 1. Welche visuell-kognitiven Prozesse laufen bei der Arbeit mit Karten ab und wie sind diese Prozesse strukturiert? 2. Wie können die jeweiligen visuell-kognitiven Prozesse aktiv durch einen adäquaten Graphik- und Medieneinsatz unterstützt werden?
Mit dem Informationsverarbeitungsansatz der Kognitionspsychologie steht für die Analyse visuell-kognitiver Prozesse ein Forschungsinstrument zur Verfügung, das eine operationale Modellierung dieser Prozesse ermöglicht. Danach lassen sich kognitive Vorgänge als Informationsverarbeitung beschreiben. Die Grundunterscheidungen von Input, Operation und Output führen zu leistungsfähigen Analysen. Mithilfe der rekursiven Zerlegung lassen sich Strukturen und Prozesse, die auf einem bestimmten Beschreibungsniveau komplex erscheinen, in einfachere Komponenten zerlegen, sodass die komplexeren Gegebenheiten durch das informationelle Zusammenwirken die einfacheren Komponenten beschrieben und erklärt werden können. Zentrale visuell-kognitive Grundprozesse, die in wechselnder Kombination zur sukzessiven Transformation von Problemzuständen in Richtung Ziel führen können, sind u. a. a) das "Zergliedern" eines Problems in seine Bestandteile, b) das "Erfassen" der Merkmale dieser Bestandteile oder Objekte, d. h. das "Ausgliedern" von Eigenschaften eines Gegenstands und das Erfassen der Beziehungen dieser Eigenschaften zueinander sowie zwischen Eigenschaft und Gegenstand, c) der "Vergleich" der Einzelobjekte und das Bestimmen ihrer Unterschiede und Gemeinsamkeiten. Voraussetzung ist die Fähigkeit zu differenzieren und zu generalisieren. Weiterhin d) das "Ordnen" einer Reihe von Sachverhalten hinsichtlich eines oder mehrerer Merkmale, e) das "Klassifizieren" als Zusammenfassung von Objekten mit übereinstimmenden Merkmalen, f) das "Verknüpfen" von Merkmalen im Sinne einer Komplex- bzw. Strukturbildung sowie g) das "Abstrahieren" als Erfassen der in einem bestimmten Kontext wesentlichen Merkmale eines Sachverhalts und Vernachlässigung der unwesentlichen Merkmale. Darüber hinaus das "Verallgemeinern" als Erfassen der einer Reihe von Sachverhalten gemeinsamen und wesentlichen Eigenschaften, sowie das "Konkretisieren" als Umkehrung des Abstraktionsprozesses. Voraussetzung ist die Fähigkeit, Beziehungen zwischen konkreten Objekten und Klassen oder Kategorien festzustellen, um Schlussfolgerungen aufgrund des Vorliegens oder Fehlens bestimmter Merkmale zu treffen. Abhängig von Gegenstand, Ziel und Inhalt einer konkreten Aufgabenstellung bilden die genannten Basisoperationen: a) in jeweils spezifischer Verkettung und Wechselbeziehung sowie b) komplexe Handlungen oder Operationsfolgen.
So gibt es Operationen, bei denen der Name von Objekten gesucht oder die Lage von Objekten im Raumausschnitt festgestellt werden sollen. Oder es werden bei Operationen entweder der substantielle Zustand von Objekten oder deren geometrische Beziehungen verglichen. Dabei hängt der spezifische Ablauf bzw. die erfolgreiche Durchführung der einzelnen Operation von einer Vielzahl von Kriterien ab. So zum Beispiel wer, mit welcher Kompetenz und Erfahrung, wo, unter welchen situationsbezogenen Umständen, was, d. h. im Rahmen welcher konkreten Aufgabenstellung, mithilfe welches kartographischen Mediums die Operation ausführt (vgl. Arbeitsgraphik).

FHN

Literatur: [1] ANDERSON, J.R. (1996): Kognitive Psychologie. Heidelberg. [2] LLOYD, R. (1997): Spatial cognition: geographic environments. (= The Geojournal Library, Vol. 39), Dordrecht, London, Boston. [3] MACEACHREN, A.M. (1995): How maps work: representation, Visualization, and design. New York, London.

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