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Lexikon der Mathematik: Ähnlichkeit

Begriff für strukturelle Vergleichbarkeit zweier mathematischer Objekte.

Im elementargeometrischen Sinne versteht man darunter das Auseinanderhervorgehen zweier geometrischer Figuren durch eine maßstäbliche Vergrößerung bzw. Verkleinerung (Ähnlichkeitsabbildung). Der Maßstab wird dabei auch als Ähnlichkeitsfaktor k bezeichnet. Ähnlichkeitsabbildungen können als Hintereinanderausführung einer Bewegung des euklidischen Raumes und einer zentrischen Streckung (mit dem Streckungsfaktor k) beschrieben werden. Zueinander ähnliche geometrische Objekte stimmen in den entsprechenden Winkeln und den Quotienten von Seitenlängen überein. Die Flächeninhalte (A und A) ähnlicher Figuren stehen im Verhältnis \begin{eqnarray}\frac{{A}^{^{\prime} }}{A}={k}^{2}\end{eqnarray} die Volumina von Körpern verhalten sich wie \begin{eqnarray}\frac{{V}^{^{\prime} }}{V}={k}^{3}\end{eqnarray} (wobei k der Ähnlichkeitsfaktor ist).

Die Forderung nach der Existenz ähnlicher, dabei aber nicht kongruenter, Figuren ist auf Grundlage der Axiome der absoluten Geometrie eine zum Euklidischen Parallelenaxiom äquivalente Forderung. Setzt man die Existenz ähnlicher (in allen Winkeln übereinstimmender), jedoch nicht kongruenter Figuren voraus, so läßt sich damit die Gültigkeit des Parallelenaxioms von Euklid beweisen. Einen solchen Nachweis führte zu Beginn des 18. Jahrhunderts John Wallis und glaubte, damit den Nachweis der Abhängigkeit des Parallelenaxioms erbracht und so das sog. Parallelenproblem gelöst zu haben. Allerdings übersah er, daß die Existenz ähnlicher, nicht kongruenter, Dreiecke aus den anderen Axiomen der Euklidischen Geometrie nicht ableitbar ist. Tatsächlich gibt es in der nichteuklidischen (hyperbolischen) Geometrie keine Ähnlichkeit (bis auf den trivialen Fall der Kongruenz). Auch in der sphärisch-elliptischen Geometrie existieren keine zueinander ähnlichen Figuren, die nicht kongruent sind.

Im Sinne des Erlanger Programms von Felix Klein ist Ähnlichkeitsgeometrie (auch als äquiforme Geometrie bezeichnet) ein Spezialfall der affinen Geometrie und gleichzeitig eine Verallgemeinerung der Euklidischen Geometrie.

Unter Ähnlichkeitsgeometrie versteht man dabei die Theorie der Invarianten bezüglich der Gruppe der äquiformen (winkeltreuen) Transformationen. Diese Gruppe ist eine Untergruppe der Gruppe der affinen Abbildungen (und eine Obergruppe der euklidischen Bewegungsgruppe). Eine affine Abbildung ist genau dann eine äquiforme Abbildung (bzw. Ähnlichkeitsabbildung), wenn ihre Abbildungsmatrix bzgl. kartesischer Koordinaten das Produkt einer reellen Zahl λ > 0 mit einer orthogonalen Matrix ist. Geometrisch kann diese Matrizenmultiplikation wiederum als Hintereinanderausführung einer zentrischen Streckung und einer Bewegung aufgefaßt werden. Bei äquiformen Abbildungen ist das Skalarprodukt zweier beliebiger Bildvektoren stets gleich dem λ2–fachen des Skalarproduktes der zugehörigen Urbildvektoren. Somit bleiben Längenverhältnisse und Winkelmaße unverändert (invariant), Strecken werden auf Strecken mit der λ–fachen Länge der Original-strecke abgebildet.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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