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Lexikon der Mathematik: Äquivalenzrelation

Relation RM × M, die den folgenden drei Bedingungen genügt (wie üblich wird im folgenden für zwei in Relation stehende Elemente x, y die Bezeichnung xy anstatt (x, y) ∈ R verwendet):

1. Reflexivität: \begin{eqnarray}\mathop{\wedge }\limits_{x\in M}(x\sim x),\end{eqnarray}

d. h., jedes Element steht zu sich selbst in Relation,

2. Symmetrie: \begin{eqnarray}\mathop{\wedge }\limits_{x,y\in M}(x\sim y\Rightarrow y\sim x),\end{eqnarray}

d. h., steht x mit y in Relation, so auch y mit x,

3. Transitivität: \begin{eqnarray}\mathop{\wedge }\limits_{x,y,z\in M}(x\sim y\wedge y\sim z\Rightarrow x\sim z),\end{eqnarray}

d. h., stehen sowohl x und y als auch y und 𝓏 in Relation, so auch x und 𝓏.

Jeder Äquivalenzrelation RM × M auf der Menge M entspricht bijektiv eine disjunkte Zerlegung (Klasseneinteilung) der Menge M, d. h., M ist die disjunkte Vereinigung von Mengen Mi: \begin{eqnarray}M={\dot{\cup }}_{i\in I}{M}_{i},\end{eqnarray}

wobei I eine geeignete Indexmenge ist.

Dazu definiert man für jedes xM die Äquivalenzklasse oder Faser über x, [x], als die Menge aller zu x in Relation stehenden Elemente von M, \begin{eqnarray}[x]:\{y\in M:x\sim y\}.\end{eqnarray}

Die Reflexivität von R garantiert, daß keine Äquivalenzklasse leer ist, sofern M nicht leer ist (die leere Relation ist genau dann eine Äquivalenzrelation, wenn M die leere Menge ist). Die Symmetrie und die Transitivität von R implizieren, daß für x, yM die Äquivalenzklassen [x] und [y] entweder disjunkt oder identisch sind.

Die Menge der Äquivalenzklassen heißt Quotienten-, Faktor- oder Fasermenge und wird mit M/R (sprich: M nach R) bezeichnet. Es gilt \begin{eqnarray}M={\dot{\cup }}_{K\in M/R}K,\end{eqnarray}

d. h., M/R liefert die gesuchte Klasseneinteilung von M. Ein Element y der Äquivalenzklasse [x] heißt Repräsentant von [x]. Enthält eine Menge V aus jeder Äquivalenzklasse genau einen Repräsentanten, so wird sie (vollständiges) Repräsentantensystem der Quotientenmenge M/R genannt. Die surjektive Abbildung \begin{eqnarray}k:M\to M/R, & x\mapsto [x]\end{eqnarray}

heißt kanonische oder natürliche Abbildung.

Ist umgekehrt eine disjunkte Zerlegung \begin{eqnarray}M={\dot{\cup }}_{i\in I}{M}_{i}\end{eqnarray} der Menge M gegeben, so wird durch \begin{eqnarray}R:=\{(x,y)\in M\times M:\mathop{\vee }\limits_{i\in I}\{x,y\}\subseteq {M}_{i}\}\end{eqnarray}

eine Äquivalenzrelation R definiert, so daß die Äquivalenzklassen mit den Mengen Mi übereinstimmen.

Beispiele:

1. Die auf den ganzen Zahlen ℤ definierte Relation \begin{eqnarray}x\sim y & :\iff & x-y\text{gerade}\end{eqnarray}

ist eine Äquivalenzrelation, die genau zwei Äquivalenzklassen besitzt, nämlich die Menge der geraden Zahlen und die Menge der ungeraden Zahlen.

2. Auf der Potenzmenge der natürlichen Zahlen 𝒫(ℕ0) läßt sich die durch \begin{eqnarray}X\sim Y & :\iff & \#X=\#Y\end{eqnarray}

definierte Äquivalenzrelation betrachten, nach der gleichmächtige Mengen als äquivalent betrachtet werden.

Benutzt man die von Neumannsche Definition der natürlichen Zahlen (0 := ∅, 1 :={0}, 2 :={0, 1} usw.), so ist die Menge V := ℕ0 ∪ {ℕ0} ein vollständiges Repräsentantensystem.

Bezeichnet man mit Mn :={X ⊆ ℕ0 : #X = n} die Menge der n-elementigen Teilmengen von ℕ0, nV, so läßt sich die Quotientenmenge P(ℕ0)/∼ schreiben als {Mn : nV}. Die kanonische Abbildung ist gegeben durch \begin{eqnarray}k:P({\Bbb{N}}_{0})\to P({\Bbb{N}}_{0})/\sim, & X\mapsto {M}_{\#X.}\end{eqnarray}

(Kardinalzahlen und Ordinalzahlen).

3. Führt man auf der Menge ℤ × (ℤ \{ 0}) durch \begin{eqnarray}(a,b)\sim (c,d) & :\iff & ad=bc\end{eqnarray}

die Relation „∼“ ein, so läßt sich leicht nachprüfen, daß es sich erneut um eine Äquivalenzrelation handelt. Die Quotientenmenge ist die Menge der rationalen Zahlen ℚ. Die Menge \begin{eqnarray}\{\frac{a}{b}:a\in \Bbb{Z},b\in \Bbb{N},a\,\text{und}\,b\text{teilerfremd}\}\end{eqnarray}

stellt ein vollständiges Repräsentantensystem dar. \begin{eqnarray}k:{\Bbb{Z}}\times {\Bbb{Z}}\backslash \{0\})\to {\Bbb{{Q}}}, \,\,\,& (a,b)\mapsto \frac{a}{b}\end{eqnarray}

ist die kanonische Abbildung.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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