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Lexikon der Mathematik: Dedekind, Julius Wilhelm Richard

deutscher Mathematiker geb. 6.10.1831 Braunschweig, gest. 12.2.1916 Braunschweig.

Nach dem Schulbesuch 1839–1848 in Braunschweig immatrikulierte sich Dedekind am dortigen Collegium Carolinum. 1850–1852 studierte er Mathematik an der Universität Göttingen, u. a. bei Gauß und Weber. Der Promotion bei Gauß 1852 schlossen sich weitere Studien in Berlin an. 1854 folgte die Habilitation in Göttingen, wo Dedekind bis 1858 als Privatdozent wirkte. 1858 nahm er einen Ruf als ordentlicher Professor an das Polytechnikum in Zürich an, und war dann von 1862 bis zu seiner Emeritierung 1894 ord. Professor am Polytechnikum, später TH, in Braunschweig.

Dedekind war einer der bedeutendsten Wegbereiter der modernen strukturellen Auffassung in der Algebra. Mit vielen Ideen war er der späteren Entwicklung teilweise weit voraus. Bereits 1857/58 gab er in einer Vorlesung eine Deutung der Galoisgruppe als Automorphismengruppe des entsprechenden Normalkörpers. Dies schloß die Verwendung eines abstrakten Gruppenbegriffs und des Körperbegriffs ein. Schon vorher hatte er begonnen, sich mit der Kummerschen Theorie der „idealen Zahlen“ zu beschäftigen. Im Ergebnis dieser Forschungen entstand die allgemeine Idealtheorie für beliebige Zahlkörper, die er erstmals 1871 als X. Supplement zu den von ihm edierten Dirichletschen „Vorlesungen über Zahlentheorie“ publizierte. Dabei definierte er die grundlegenden Begriffe Ideal sowie Primideal und studierte die Ideale in endlich-algebraischen Erweiterungen des rationalen Zahlkörpers. Für jedes Ideal im Ring der ganzen algebraischen Zahlen eines solchen Erweiterungskörpers bewies er, daß es eindeutig, bis auf die Reihenfolge der Faktoren, als Produkt endlich vieler Primidealpotenzen geschrieben werden kann.

Auf der Basis seiner algebraischen Erkenntnisse behandelte Dedekind die algebraischen Funktionen. Gemeinsam mit Weber publizierte er 1882 eine umfassende Darstellung über diese Funktionen, in der sie u. a. eine rein algebraische Einführung der Riemannschen Fläche und des Beweises für den Satz von Riemann-Roch gaben.

Wichtige Beiträge lieferte Dedekind auch zur Mengenlehre und zu den Grundlagen der Mathematik. Als Briefpartner G. Cantors hatte er wesentlichen Anteil an der Herausbildung erster mengentheoretischer Resultate und Begriffe. In der 1888 erschienenen Abhandlung „Was sind und was sollen die Zahlen?“ formulierte er einen mengentheoretischen Aufbau der natürlichen Zahlen, der auch für Peano einen Ausgangspunkt bei dessen Axiomensystem bildete. Bereits 1872 hatte Dedekind unter Einführung der später als Dedekindscher Schnitt bezeichneten Konstruktion die reellen Zahlen begründet und die Vollständigkeit dieses Zahlenbereichs nachgewiesen.

Zu Dedekinds literarischen Schaffen gehört außerdem seine Beteiligung an der Herausgabe der Werke von Gauß und Riemann.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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