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Lexikon der Mathematik: Eisenstein-Reihe

unendliche Reihe meromorpher Funktionen der Form \begin{eqnarray}{\varepsilon }_{k}(z):=\displaystyle \sum _{n=-\infty }^{\infty }\frac{1}{{(z+n)}^{k}},\end{eqnarray} wobei k ∈ ℕ.

Für k ≥ 2 ist diese Reihe in ℂ normal konvergent und stellt daher eine in ℂ meromorphe Funktion dar. Diese ist in ℂ \ ℤ holomorph und hat an z = n ∈ ℤ eine Polstelle der Ordnung k mit dem Hauptteil (zn)−k. Ist k = 1, so ist die Reihe in dieser Form nicht konvergent. Benutzt man jedoch die sog. Eisensteinsummation \begin{eqnarray}{\varepsilon }_{1}(z)=\displaystyle \sum _{n=-\mathop{\infty }\limits^{e}}^{\infty }\frac{1}{z+n}=\mathop{\mathrm{lim}}\limits_{N\to \infty }\displaystyle \sum _{n=-N}^{N}\frac{1}{z+n},\end{eqnarray} so konvergiert die Reihe normal in ℂ gegen eine in ℂ meromorphe Funktion mit einfachen Polstellen an z = n ∈ ℤ mit Hauptteil (zn)−1. Es gilt noch \begin{eqnarray}\begin{array}{lll}{\varepsilon }_{1}(z) & = & \frac{1}{z}+\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }\left(\frac{1}{z+n}+\frac{1}{z-n}\right)\\ & = & \frac{1}{z}+\displaystyle \sum _{n=-\infty }^{\infty }{}^{^{\prime} }\left(\frac{1}{z+n}-\frac{1}{n}\right)\\ & = & \frac{1}{z}+\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }\frac{2z}{{z}^{2}-{n}^{2}},\end{array}\end{eqnarray} wobei \({\sum }^{^{\prime} }\) bedeutet, daß der Summand mit n = 0 in der Summe fehlt.

Die Laurent-Entwicklung von ϵ1 um 0 läßt sich explizit angeben und lautet \begin{eqnarray}{\varepsilon }_{1}(z)=\frac{1}{z}-\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }{q}_{2n}{z}^{2n-1}\end{eqnarray} für 0 < |z| < 1, wobei \begin{eqnarray}{q}_{2n}:=2\zeta (2n)=2\displaystyle \sum _{k=1}^{\infty }\frac{1}{{k}^{2n}}.\end{eqnarray}

Dabei bezeichnet ζ die Riemannsche ζ-Funktion.

Die Funktionen ϵk sind alle periodisch mit der Periode 1, und sie erfüllen die Differentialgleichung \begin{eqnarray}{\varepsilon }_{k}^{^{\prime} }=-k{\varepsilon }_{k+1}.\end{eqnarray}

Hieraus folgt mit vollständiger Induktion nach k \begin{eqnarray}{\varepsilon }_{k}=\frac{{(-1)}^{k-1}}{(k-1)!}{\varepsilon }_{1}^{(k-1)}.\end{eqnarray}

Ebenfalls mit Induktion ergibt sich dann die Laurent-Entwicklung von ϵk um 0 zu \begin{eqnarray}{\varepsilon }_{k}(z)=\frac{1}{{z}^{k}}+{(-1)}^{k}\displaystyle \sum _{n\ge k/2}\left(\begin{array}{c}2n-1\\ k-1\end{array}\right){q}_{2n}{z}^{2n-k}.\end{eqnarray}

Speziell gilt \begin{array}{l}{\varepsilon }_{2}(z)=\frac{1}{{z}^{2}}+{q}_{2}+3{q}_{4}{z}^{2}+\cdots, \\ {\varepsilon }_{3}(z)=\frac{1}{{z}^{3}}-3{q}_{4}z-10{q}_{6}{z}^{3}-\cdots.\end{array}

Eisenstein hat mit Hilfe der Funktionen ϵk die Theorie der trigonometrischen Funktionen entwickelt, also auf eine ganz andere Art als heute üblich. Dabei werden nur die Funktionen ϵ1,…, ϵ4 benötigt. Dieser Weg wird im folgenden kurz skizziert. Zunächst gilt das Additionstheorem \begin{eqnarray}{\varepsilon }_{2}(w){\varepsilon }_{2}(z)-{\varepsilon }_{2}(w){\varepsilon }_{2}(w+z)-{\varepsilon }_{2}(z){\varepsilon }_{2}(w+z)\\ =2{\varepsilon }_{3}(w+z)[{\varepsilon }_{1}(w)+{\varepsilon }_{1}(z)].\end{eqnarray}

Hieraus ergeben sich die Eisensteinschen Grundformeln \begin{eqnarray}\begin{array}{rll}3{\varepsilon }_{4}(z) & = & {\varepsilon }_{2}^{2}(z)+2{\varepsilon }_{1}(z){\varepsilon }_{3}(z),\\ {\varepsilon }_{2}^{2}(z) & = & {\varepsilon }_{4}(z)+2{q}_{2}{\varepsilon }_{2}(z).\end{array}\end{eqnarray}

Schließlich folgt \begin{eqnarray}{\varepsilon }_{1}^{2}(z)={\varepsilon }_{2}(z)-3{q}_{2}\end{eqnarray} oder als Differentialgleichung geschrieben \begin{eqnarray}{\varepsilon }_{1}^{^{\prime} }(z)=-{\varepsilon }_{{}_{1}}^{2}(z)-3{q}_{2}.\end{eqnarray}

Löst man diese Gleichung, so folgt \begin{eqnarray}{\varepsilon }_{1}(z)=\pi \cot \pi z.\end{eqnarray}

Diese Gleichung erlaubt nun den Aufbau der Theorie der trigonometrischen Funktion allein aus der Eisensteinfunktion ϵ1. Man definiert π als \(\sqrt{3{q}_{2}}\) und erhebt die Gleichung π cot π z = ϵ1(z) zur Definition der Cotangensfunktion. Alle weiteren Kreisfunktionen lassen sich jetzt auf ϵ1 zurückführen.

Wegen \begin{eqnarray}\frac{1}{\sin z}=\frac{1}{2}\left(\cot \frac{z}{2}-\cot \frac{z+\pi }{2}\right)\end{eqnarray} definiert man die Sinusfunktion durch \begin{eqnarray}\frac{\pi }{\sin \pi z}=\frac{1}{2}\left[{\varepsilon }_{1}\left(\frac{z}{2}\right)-{\varepsilon }_{1}\left(\frac{z+\pi }{2}\right)\right].\end{eqnarray}

Schließlich wird wegen \(\cos \pi z=\sin \pi \left(z+\frac{1}{2}\right)\) die Cosinusfunktion durch \begin{eqnarray}\frac{\pi }{\cos \pi z}=\frac{1}{2}\left[{\varepsilon }_{1}\left(\frac{2z+1}{4}\right)-{\varepsilon }_{1}\left(\frac{2z+3}{4}\right)\right]\end{eqnarray} definiert. Auch die Exponentialfunktion läßt sich durch ϵ1 ausdrücken, nämlich \begin{eqnarray}{e}^{2\pi iz}=\frac{{\varepsilon }_{1}(z)+\pi i}{{\varepsilon }_{1}(z)-\pi i}.\end{eqnarray}

Abschließend seien noch die expliziten Darstellungen \begin{eqnarray}{\varepsilon }_{2}(z)=\frac{{\pi }^{2}}{{\sin }^{2}\pi z},\space {\varepsilon }_{3}(z)={\pi }^{3}\frac{\cot \pi z}{{\sin }^{2}\pi z}\end{eqnarray} erwähnt.

[1] Freitag, E.; Busam, R.: Funktionentheorie. Springer-Verlag Berlin, 1993.
[2] Remmert, R.: Funktionentheorie 1. Springer-Verlag Berlin, 1992.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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