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Lexikon der Mathematik: Exponentialfunktion

e-Funktion, Exponential-abbildung, eine der zentralen Funktionen innerhalb der (reellen wie auch komplexen) Analysis. Sie ist definiert durch die Potenzreihe \begin{eqnarray}\begin{array}{cc}\exp z:=\displaystyle \sum _{n=0}^{\infty }\frac{{z}^{n}}{n!}.\end{array}\end{eqnarray}

Diese Reihe heißt auch Exponentialreihe. Sie ist in ganz ℂ normal konvergent, und daher ist exp eine ganz transzendente Funktion.

Durch gliedweises Differenzieren der Potenzreihe in (1) ergibt sich für die Ableitung von exp \begin{eqnarray}\begin{array}{cc}{\exp}{^{\prime} }z=\exp z.\end{array}\end{eqnarray}

Ersetzt man in (1) z durch iz und benutzt die Potenzreihendarstellungen für Cosinus und Sinus, so ergibt sich die Eulersche Formel \begin{eqnarray}\begin{array}{cc}\exp iz=\cos z+i\sin z.\end{array}\end{eqnarray}

Mit Hilfe des Cauchy-Produkts für Potenzreihen ergibt sich für w, z ∈ ℂ die Beziehung \begin{eqnarray}\begin{array}{cc}\exp (w+z)=\exp w\cdot \exp z,\end{array}\end{eqnarray}

das Additionstheorem der Exponentialfunktion, auch als Funktionalgleichung der Exponentialfunktion bezeichnet.

Für w = −z ergibt sich speziell (exp z)−1 = exp (−z), und daher besitzt exp keine Nullstellen. Jedoch wird jeder Wert a ∈ ℂ = ℂ \{0} abzählbar unendlich oft angenommen, d. h. 0 ist der einzige Ausnahmewert von exp.

Algebraisch ausgedrückt bedeutet das Additions-theorem: Die Abbildung exp: ℂ → ℂ ist ein Gruppenhomomorphismus (sogar ein Epimorphismus) der additiven Gruppe ℂ in die multiplikative Gruppe ℂ.

Die Exponentialfunktion kann auch dargestellt werden durch die Eulersche Folge \begin{eqnarray}\exp z=\mathop{\mathrm{lim}}\limits_{n\to \infty }{\left(1+\frac{z}{n}\right)}^{n},\end{eqnarray}

wobei diese Folge in ℂ kompakt konvergent ist.

Aus (4) ergibt sich für z = p/q ∈ ℚ \begin{eqnarray}\exp z={e}^{p/q}=\sqrt[q]{{e}^{p}},\end{eqnarray}

wobei \begin{eqnarray}e=\exp 1=\displaystyle \sum _{n=0}^{\infty }\frac{1}{n!}=\mathop{\mathrm{lim}}\limits_{n\to \infty }{\left(1+\frac{1}{n}\right)}^{n}\end{eqnarray}

die Eulersche Zahl e bezeichnet. Daher schreibt man auch exp z = ez für z ∈ ℂ und nennt die Exponentialfunktion auch e-Funktion.

Damit wird das Additionstheorem zu einer Potenzrechenregel: \begin{eqnarray}{e}^{w+z}={e}^{w}{e}^{z}.\end{eqnarray}

Aus (4) und der Eulerschen Formel (3) erhält man die Zerlegung der Exponentialfunktion in Real- und Imaginärteil: \begin{eqnarray}\begin{array}{cc}{e}^{z}={e}^{x}{e}^{iy}={e}^{x}\cos y+i{e}^{x}\sin y, & z=x+iy\end{array}.\end{eqnarray}

Weitere wichtige Eigenschaften der Exponentialfunktion sind:

  1. ez+2πi = ez, d. h. exp ist eine 2πi-periodische Funktion.
  2. |ez|= eRez.
  3. ex > 0 für x ∈ ℝ.

Von Interesse sind auch die Abbildungseigenschaften der Exponentialfunktion. Für y ∈ ℝ wird die horizontale Gerade { x + iy : x ∈ ℝ } bijektiv auf den Strahl { reiy : r > 0 } von 0 nach ∞ abgebildet, während für x ∈ ℝ die vertikale Gerade { x + iy : y ∈ ℝ } auf die Kreislinie mit Mittelpunkt 0 und Radius r = ex > 0 abgebildet wird, wobei diese unendlich oft „durchlaufen“ wird. Insbesondere wird ℝ streng isoton auf das Intervall (0, ∞), und die imaginäre Achse auf die Einheitskreislinie abgebildet. Schließlich bildet exp den Horizontal-streifen { x + iy : |y| < π } konform auf die geschlitzte Ebene ℂ \ (−∞, 0] ab.

Die Exponentialfunktion kann durch die Differentialgleichung (2) oder das Additionstheorem (4) charakterisiert werden. Es gelten die beiden folgenden Sätze.

1. Es sei G ⊂ ℂ ein Gebiet mit 0 ∈ G und f eine in G holomorphe Funktion mit \begin{eqnarray}{f}{^{\prime} }(z)=f(z)\end{eqnarray}

für alle zG und f(0) = 1. Dann ist f(z) = ez für zG.

2. Es sei G ⊂ ℂ ein Gebiet mit 0 ∈ G und f eine in G holomorphe Funktion mit \begin{eqnarray}f(w+z)=f(w)\cdot f(z)\end{eqnarray}

für alle w, z, w + z ∈ G, f(0) ≠ 0 und f(0) = 1. Dann ist f(z) = ez für zG.

Abschließend sei noch eine interessante zahlentheoretische Eigenschaft der Exponentialfunktion erwähnt. Eine Zahl α ∈ ℂ heißt eine algebraische Zahl, falls p(α) = 0 für ein Polynom \begin{eqnarray}p(z)={a}_{n}{z}^{n}+\cdots +{a}_{1}z+{a}_{0},\end{eqnarray}

an ≠ 0, n ∈ ℕ mit Koeffizienten a0, a1,…, an ∈ ℤ. Ist nun α eine algebraische Zahl, so ist eα eine transzendente Zahl, d. h. eα ist nicht algebraisch.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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