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Lexikon der Mathematik: Faltung von Verteilungsfunktionen

spezielle Faltung, Verknüpfung von von zwei und, hieraus abgeleitet, endlich vielen Verteilungsfunktionen.

In der Analysis bezeichnet man die Funktion \begin{eqnarray}f(t)=\displaystyle \underset{-\infty }{\overset{\infty }{\int }}{f}_{1}(t-u){f}_{2}(u)du=:({f}_{1}* {f}_{2})(t)\end{eqnarray}

als Faltung der beiden Funktionen f1(t) und f2(t) (Faltung von Lebesgue-integrierbaren Funktionen).

Die Verteilungsfunktion FZ(t) und die Verteilungsdichte fZ(t) der Summe Z = X + Y zweier unabhängiger stetiger Zufallsgrößen X und Y erhält man gerade durch Faltung der Verteilungsfunktionen FX(t), FY (t) und Dichtefunktionen fX(t), fY (t) von X und Y. Sei f(X,Y)(t1, t2) die zweidimensionale Dichtefunktion des zufälligen Vektors (X, Y). Es gilt zunächst nach Definition der Verteilungsfunktion von Funktionen von Zufallsgrößen \begin{eqnarray}\begin{array}{lll}{F}_{Z}(t) & = & P(Z\lt t)\\ & = & \displaystyle \mathop{\iint }\limits_{{t}_{1}+{t}_{2}\lt t}{f}_{(X,Y)}({t}_{1},{t}_{2})d{t}_{1}d{t}_{2}.\end{array}\end{eqnarray}

Berücksichtigt man in (1) die aus der Unabhängigkeit von X und Y folgende Gleichung \begin{eqnarray}{f}_{(X,Y)}({t}_{1},{t}_{2})={f}_{X}({t}_{1}){f}_{Y}({t}_{2}).\end{eqnarray}

und formt die Integrationsgrenzen um, so erhält <?PageNum _129man \begin{eqnarray}\begin{array}{cc}\begin{array}{lll}{F}_{Z}(t) & = & \displaystyle \underset{{t}_{1}=-\infty }{\overset{\infty }{\int }}\displaystyle \underset{{t}_{2}=-\infty }{\overset{t-{t}_{1}}{\int }}{f}_{Y}({t}_{2})d{t}_{2}{f}_{X}({t}_{1})d{t}_{1}\\ & = & \displaystyle \underset{-\infty }{\overset{\infty }{\int }}{F}_{Y}(t-{t}_{1}){f}_{X}({t}_{1})d{t}_{1}\\ & = & ({F}_{Y}* {F}_{X})(t).\end{array}\end{array}\end{eqnarray}

Durch Differentiation der Gleichung (2) erhält man die entsprechende Faltungsformel für die Dichtefunktion fZ(t): \begin{eqnarray}\begin{array}{cc}\begin{array}{lll}{f}_{z}(t) & = & \displaystyle \underset{-\infty }{\overset{\infty }{\int }}{f}_{Y}(t-{t}_{1}){f}_{X}({t}_{1})d{t}_{1}\\ & = & ({f}_{Y}* {f}_{X})(t)\end{array}.\end{array}\end{eqnarray}

Im Falle unabhängiger diskreter Zufallsgrößen X und Y mit den Werten …, −2, −1, 0, 1, 2, … können wir die Einzelwahrscheinlichkeiten der Summe Z = X + Y mit den Werten …, −2, −1, 0, 1, 2, … durch eine zu (2) bzw. (3) analoge Formel berechnen. Es gilt: \begin{eqnarray}\begin{array}{cc}\begin{array}{lll}P(Z=k) & = & \displaystyle \sum _{i.j:i+j=k}P(X=i,Y=j)\\ & = & \displaystyle \sum _{i,j:i+j=k}P(X=i)P(Y=j)\\ & = & \displaystyle \sum _{i}P(X=i)P(Y=k-i)\end{array}\end{array}\end{eqnarray}

für k = 0, ±1, ±2, ….

Wird die Verteilung der Summe von n unabhängigen Zufallsgrößen Xi, i = 1, …, n mit identischer Verteilung \begin{eqnarray}{F}_{{X}_{i}}(t)={F}_{X}(t),i=1,\mathrm{\ldots },n\end{eqnarray}

gesucht, so spricht man von der n-fachen Faltung der Verteilung von X. Diese wird schrittweise unter Anwendung der Formeln (2), (3) bzw. (4) berechnet.

Beispiel. Die Faltung von Verteilungsfunktionen spielt unter anderem in der Erneuerungstheorie eine große Rolle, aus der folgendes Beispiel stammt. Die zufälligen Reparaturzeiten Xi (i = 1, … 10) seien identisch exponentialverteilt mit dem Parameter λ, d. h. es ist \begin{eqnarray}{F}_{{X}_{i}}(t)=\left\{\begin{array}{ll}1-{e}^{-\lambda t} &\ \mathrm{f}\mathrm{\ddot{u}}\mathrm{r}\ t\ge 0\\ 0 &\ \mathrm{f}\mathrm{\ddot{u}}\mathrm{r}\ t\lt 0\end{array}\right.\end{eqnarray}

und \begin{eqnarray}{f}_{{X}_{i}}(t)=\left\{\begin{array}{ll}\lambda {e}^{-\lambda t} & \text{f}\mathrm{\ddot{u}}\text{r}\ t\ge \text{0}\\ \text{0} &\ \mathrm{f}\mathrm{\ddot{u}}\mathrm{r}\ t\lt 0.\end{array}\right.\end{eqnarray}

Gesucht ist die Verteilung der Gesamtreparaturzeit \(Z=\displaystyle {\sum }_{i=1}^{10}{X}_{i}\). Dazu haben wir die 10-fache Faltung

der Exponentialverteilung vorzunehmen. Wir erhalten eine sogenannte Erlangverteilung der Ordnung 10 mit der Verteilungsfunktion \begin{eqnarray}{F}_{Z}(t)=\left\{\begin{array}{lll}1-\displaystyle {\sum }_{k=0}^{9}\frac{{(\lambda t)}^{k}}{k!}{e}^{-\lambda t} &\ \mathrm{f}\mathrm{\ddot{u}}\mathrm{r}\ t\gt 0\\ 0 &\ \mathrm{f}\mathrm{\ddot{u}}\mathrm{r}\ t\le 0\end{array}\right.\end{eqnarray}

und der Verteilungsdichte \begin{eqnarray}{f}_{Z}(t)=\left\{\begin{array}{ll}\frac{{\lambda }^{10}{t}^{9}}{9!}{e}^{-\lambda t} &\ \mathrm{f}\mathrm{\ddot{u}}\mathrm{r}\ t\gt 0\\ 0 &\ \mathrm{f}\mathrm{\ddot{u}}\mathrm{r}\ t\le 0.\end{array}\right.\end{eqnarray}

Bei der Summation von unabhängigen Zufallsgrößen bleibt der Verteilungstyp i.allg. nicht erhalten. Verteilungen, bei denen der Verteilungstyp erhalten bleibt, sind die Binomialverteilung, die Poisson-verteilung und die Normalverteilung.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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