Direkt zum Inhalt

Lexikon der Mathematik: fastperiodische Funktion

eine stetige Funktion f : ℝ → ℂ, die die folgenden, zueinander äquivalenten Bedingungen erfüllt:

  1. Für jedes ϵ > 0 ist die Menge der ϵ-Fastperioden von f relativ dicht in ℝ. Man nennt t ∈ R eine ϵ-Fastperiode von f, wenn | ft(x) − f(x)| < ϵ gilt für alle x ∈ ℝ, und eine Menge M ⊂ ℝ heißt relativ dicht, wenn es ein > 0 so gibt, daß jedes Intervall in ℝ mit einer Länge ≥ einen Punkt aus M enthält. ft : ℝ → ℝ für t ∈ ℝ ist die Translation von f um t, d. h. ft(x) = f(t + x) für x ∈ ℝ.
  2. f läßt sich gleichmäßig durch trigonometrische Polynome approximieren, d. h. zu jedem ϵ > 0 gibt es n ∈ ℕ, c1, …, cn ∈ ℂ und λ1, … λn ∈ ℝ mit \(|f(x)-\displaystyle {\sum }_{k=1}^{n}{c}_{k}{e}^{i{\lambda }_{k}x}|\lt \varepsilon \) für alle x ∈ ℝ.
  3. Für jede Folge (αn) ∈ ℝ besitzt die Funktionenfolge \(({f}_{{\alpha }_{n}})\) eine gleichmäßig konvergente Teilfolge.

Jede fastperiodische Funktion ist beschränkt und gleichmäßig stetig. Fastperiodische Funktionen als Verallgemeinerung periodischer Funktionen wurden 1925 von Harald August Bohr über 1. eingeführt. Die Äquivalenz von 1. und 3. hat 1927 Salomon Bochner bewiesen, und diejenige von 1. und 2. (Approximationssatz von Bohr) besagt, daß die Menge der fastperiodischen Funktionen gerade der Abschluß des Unterraums der trigonometrischen Polynome im Raum der beschränkten stetigen Funktionen ℝ → ℂ bzgl. der Supremumsnorm ist, sie bildet insbesondere – im Gegensatz zu den stetigen periodischen Funktionen P = P(ℝ) – einen Vektorraum AP = AP(ℝ). Dieser ist also ein abgeschlossenenr Unterraum des Banachraums Cb(ℝ) aller stetigen beschränkten Funktionen auf ℝ, man nennt ihn auch Bohr-Raum. Unter der punktweisen Multiplikation ist AP sogar eine C∗-Algebra, deren Raum der maximalen Ideale Bohr-Kompaktifizierung genannt wird.

Offensichtlich gilt PAP, und das trigonometrische Polynom eix + eiπx zeigt \({P}_{\ne }^{\subset }AP\). Für jedes fAP und a ∈ ℝ existiert das Mittel \begin{eqnarray}{m}_{B}(f)=\mathop{\mathrm{lim}}\limits_{T\to \infty }\frac{1}{2T}\displaystyle \underset{a-T}{\overset{a+T}{\int }}f(t)dt\end{eqnarray}

und ist unabhängig von a. Für f ≥ 0 ist mB(f) = 0 genau für f = 0. Durch : \({\langle f,g\rangle }_{B}:={m}_{B}(f\bar{g})\) wird ein Skalarprodukt ⟨, ⟩B auf AP definiert mit zugehöriger Norm ∥ ∥B. Man bezeichnet Konvergenz bzgl. ∥ ∥B als Konvergenz im Bohrschen Mittel. Die für λ ∈ ℝ durch eλ(x) = eiλx (x ∈ ℝ) gegebenen Funktionen eλAP bilden bzgl. ⟨, ⟩B ein Orthonormalsystem. Daher gilt für fAP die Bessel-Ungleichung: \begin{eqnarray}{\Vert f\Vert }_{B}^{2}\ge \displaystyle \sum _{\lambda \in {\mathbb{R}}}|{\langle f,{e}_{\lambda }\rangle }_{B}{|}^{2}\end{eqnarray}

<?PageNum _136

Die Zahlen ⟨ f, eλB, genannt Fourier-Koeffizienten von f, sind eine Verallgemeinerung der Fourier-Koeffizienten periodischer Funktionen. Man nennt die (höchstens abzählbare) Menge {λ ∈ ℝ |⟨ f, eλB ≠ 0} das Bohr-Spektrum von f. Eine fastperiodische Funktion ist durch ihre Fourier-Koeffizienten eindeutig bestimmt. Aus dem Approximationssatz von Bohr folgt, daß (eλ)λ∈ℝ eine Orthonormalbasis von AP ist und somit für fAP die Parseval-Gleichung \begin{eqnarray}{\Vert f\Vert }_{B}^{2}= \displaystyle \sum _{\lambda \in {\mathbb{R}}}|{\langle f,{e}_{\lambda }\rangle }_{B}{|}^{2}\end{eqnarray}

gilt sowie \(f=\displaystyle {\sum}_{\lambda \in \mathbb{R}}{\langle f,{e}_{\lambda }\rangle }_{B}{e}_{\lambda }\), wobei die Reihenkonvergenz bzgl. ∥ ∥B zu verstehen ist.

Es gibt mehrere andere Definitionen für fast-periodische Funktionen, die sich von der obigen durch eine andere oder allgemeinere Definition von Fastperioden und Translationen und vor allem durch die Benutzung anderer Metriken beim Bilden des Abschlusses der trigonometrischen Polynome unterscheiden. So lassen sich fastperiodische Funktionen auch auf allgemeineren Gruppen anstelle von (ℝ, +) als Definitionsbereich und mit einem Banachraum anstelle von ℂ als Zielbereich betrachten:

Eine Funktion fCb(ℝ) ist genau dann fastperiodisch, wenn die Menge der Translate { fh : h ∈ ℝ}, wo fh(x) = f(x + h), relativ kompakt im Banach-raum Cb(ℝ) ist. Daher definiert man eine fastperiodische Funktion auf einer Gruppe G als eine beschränkte Funktion, deren Translate gfh : xf(gxh) relativ kompakt im Banachraum der beschränkten Funktionen auf G liegen.

[1] Besicovitch, A. S.: Almost Periodic Functions. Dover Publ. New York, 1954.
[2] Bohr, H.: Fastperiodische Funktionen. Springer Berlin, 1932.
[3] Corduneanu, C.: Almost Perdiodic Functions. Interscience Publ. New York, 1968.
[4] Maak, W.: Fastperiodische Funktionen. Springer Berlin, 1950.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.