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Lexikon der Mathematik: Fläche konstanter mittlerer Krümmung

eine reguläre Fläche \({\mathscr{ {\mathcal F} }}\) ⊂ ℝ3, deren mittlere Krümmung in allen Flächenpunkten einen konstanten Wert ho hat.

Flächen konstanter mittlerer Krümmung treten in der Physik als Seifenblasen und Kapillarflächen auf. Eine besondere Bedeutung haben Minimalflächen. Diese entsprechen dem Fall h0 = 0 und in der Anschauung den Seifenlamellen, die sich in Drähten aufspannen, welche in eine Seifenlösung getaucht wurden.

Ist Ф(и, v) eine konforme Parameterdarstellung von \({\mathscr{ {\mathcal F} }}\), so gilt für die Koeffizienten E, F, G der ersten Gaußschen Fundamentalform E = F und G = 0, und die mittlere Krümmung h(и, v) ist durch

\begin{eqnarray}h=\frac{L+N}{2E}\end{eqnarray}

gegeben, wobei L, M, N die Koeffizienten der zweiten Gaußschen Fundamentalform sind. Weiterhin vereinfachen sich in einem solchen Koordinatensystem die Gleichungen von Mainardi-Codazzi zu

\begin{eqnarray}\frac{\partial L}{\partial v}-\frac{\partial M}{\partial u}=h\frac{\partial E}{\partial u}\ \mathrm{und}\ \frac{\partial M}{\partial v}-\frac{\partial N}{\partial u}=h\frac{\partial E}{\partial v}.\end{eqnarray}

Aus (1) und (2), folgt, daß h genau dann konstant ist, wenn die Funktionen LN und 2M die Cauchy- Riemannschen Gleichungen

\begin{eqnarray}\frac{\partial (L-N)}{\partial u}=-2\frac{\partial M}{\partial v}\ \mathrm{und}\ \frac{\partial (L-N)}{\partial v}=-2\frac{\partial M}{\partial u}\end{eqnarray}

erfüllen. Somit ist

\begin{eqnarray}\varphi(u,v)=L(u,v)-N(u,v)-2iM(u,v)\end{eqnarray}

eine komplex-analytische Funktion, das Hopf-Differential von \({\mathscr{ {\mathcal F} }}\). In der Funktion φ sind viele Informationen über die Fläche codiert. Der Betrag von φ ist z. B. durch |φ| = E |k1k2| als Vielfaches des Absolutbetrages der Differenz der Hauptkrümmungen gegeben, so daß die Nullstellen von φ mit den Nabelpunkten, der Fläche zusammenfallen. Ferner läßt sich die Differentialgleichung der Krümmungslinien in der Form Im \(\bigl\{\varphi(dw)^{2}\bigr\}=0\) angeben, wobei \(w=u+iv\) ein komplexer Flächenparameter ist und \(dw=du+idv\) .

Das Geschlecht g einer geschlossenen Fläche \({\mathscr{ {\mathcal F} }}\) kann man anschaulich als Anzahl der ‘Löcher’ von \({\mathscr{ {\mathcal F} }}\) beschreiben. Läßt sich \({\mathscr{ {\mathcal F} }}\) z. B. topologisch in eine Kugeloberfläche deformieren, so hat sie das Geschlecht g = 0. Ein Torus, den man sich z. B. als Fahrradschauch vorstellen kann, hätte nach dieser Vorstellung das Geschlecht g = 1. Von H. Hopf stammt das folgende Resultat der globalen Flächentheorie.

Jede geschlossene Fläche konstanter mittlerer Krümmung vom Geschlecht g = 0 ist eine Sphäre.

Dieses Resultat führte ihn auf die Frage nach der Existenz von kompakten Flächen konstanter mittler Krümmung im ℝ3 vom Geschlecht g > 1.

Eine positive Antwort wurde im Jahre 1986 von H. C. Wente gegeben. Er konstruierte Beispiele von differenzierbaren zweifach periodischen regulären Abbildungen von ℝ2 in ℝ3, deren Bildmengen geschlossene Flächen konstanter mittlerer Krümmung sind. Diese Flächen haben allerdings Selbstschnitte und sind topologisch äquivalent zum Torus.

[1] Dierkes, U.; Hildebrandt, S.; Küster, A.; Wohlrab, O.: Minimal Surfaces, Vol. 1. Springer-Verlag Heidelberg/Berlin, 1992.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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