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Lexikon der Mathematik: Gelfand, Alexander Ossipowitsch

russischer Mathematiker, geb. 24.10.1906 St. Petersburg, gest. 7.11.1968 Moskau.

Gelfand, Sohn eines Arztes, studierte 1924–1927 an der Moskauer Universität und setzte seine postgraduale Ausbildung bei A.J.Chintschin (1894–1959) und V.V.Stepanow (1889–1950) fort. Nach kurzer Lehrtätigkeit an einer Technischen Hochschule Moskaus wurde er 1931 Professor für Analysis, später für Zahlentheorie an der Moskauer Universität. Diese Position hatte er bis zu seinem Tod inne, ab 1933 ergänzt durch eine Tätigkeit am Moskauer Steklow-Institut für Mathematik. 1935 erwarb er den Doktor für Mathematik und Physik.

Gelfand erzielte vor allem auf dem Gebiet der Zahlentheorie hervorragende Ergebnisse. Er baute die Traditionen der russisch-sowjetischen Mathematik auf diesem Gebiet weiter aus und wurde zum Mitbegründer einer erfolgreichen sowjetischen zahlentheoretischen Schule. Bereits 1929 entdeckte er tiefliegende Zusammenhänge zwischen dem Wachstum und anderen Eigenschaften ganzer analytischer Funktionen und der Arithmetik ihrer Werte und löste damit das siebte Hilbertsche Problem für einen Spezialfall. Nach der Verbesserung seiner Methode, u. a. der Betrachtung von Linearformen der Exponentialfunktionen, gelang ihm 1934 der Nachweis, daß für eine algebraische Zahl a, a ≠ 0 bzw. 1, und eine irrationale Zahl b die Zahl ab transzendent ist. Unabhängig davon wurde das siebte Hilbertsche Problem nur wenig später von T.Schneider (1911–1988) gelöst. Eine naheliegende Verallgemeinerung des Satzes konnte erst 1966 von A.Baker (geb. 1939) bewiesen werden. Gelfands Resultate und die Anwendung seiner Methoden führten zu bedeutenden Fortschritten in der Theorie transzendenter Zahlen. Er konstruierte neue Klassen transzendenter Zahlen, löste Fragen bezüglich der gegenseitigen algebraischen Unabhängigkeit von Zahlen und dehnte die Methode erfolgreich auf p-adische Funktionen aus. 1952 faßte er viele Resultate in einer Monographie „Transcendentnye i algebraiceskie cisla“ zusammen.

Teilweise eng mit den zahlentheoretischen Studien verbunden waren Gelfands Forschungen zur Interpolation und Approximation von Funktionen einer komplexen Variablen. Eingehend untersuchte er die Konvergenz von Interpolationsverfahren in Abhängigkeit von der Menge der vorgegebenen Punkte und den Eigenschaften der zu approximierenden Funktion, sowie die eindeutige Bestimmtheit der konstruierten Funktion. Auch diese Ergebnisse stellte er 1952 in einer Monographie zusammen, die 1958 als „Differenzenrechnung“ in deutscher Übersetzung erschien. Weitere Themen waren die Vollständigkeit von Funktionensystemen und das asymptotische Verhalten der Eigenwerte gewisser Integralgleichungen.

Außerdem fand die Mathematikgeschichte Gelfands Interesse, er förderte sie vor allem mit Studien zu den zahlentheoretischen Arbeiten Eulers.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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