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Lexikon der Mathematik: gewöhnliche Differentialgleichung

Gleichung, die Ableitungen einer Funktion einer Veränderlichen miteinander in beziehung setzt.

Sei G ⊂ ℝn+2 offen, G ≠ ∅ und f : G → ℝ stetig. Weiterhin sei M die Menge aller reellwertigen n-mal stetig differenzierbaren Funktionen, deren Definitionsbereich \({\mathscr{D}}(y(\cdot ))\) ein Intervall ist, und \begin{eqnarray}\langle x,y(x),y^{\prime} (x),\ldots,{y}^{(n)}(x)\rangle \in G(x\in {\mathscr{D}}(y(\cdot )))\}.\end{eqnarray}

Die Aussageform über M: \begin{eqnarray}F(x,y,y^{\prime},y^{\prime\prime},\ldots,{y}^{(n-1)},{y}^{(n)})=0\iff :A\end{eqnarray} heißt gewöhnliche Differentialgleichung n-ter Ordnung. Eine Funktion y(⋅) wird Lösung (oder Integral) der Differentialgleichung genannt, wenn sie A zu einer wahren Aussage für alle \(x\in {\mathscr{D}}(y(\cdot ))\) werden läßt. Die Lösung einer Differentialgleichung n-ter Ordnung enthält n Parameter (auch Integrationskonstanten), die erst bestimmt werden, wenn man noch weitere Forderungen an die Lösungen stellt.

Gewöhnliche Differentialgleichungen sind Gleichungen für Funktionen einer Veränderlichen, dagegen sind partielle Differentialgleichungen Gleichungen für Funktionen mehrerer Veränderlicher. Man unterscheidet implizite und explizite Differentialgleichungen, je nachdem, ob sich A als explizite Differentialgleichung in der Form y(n) = f(x, y′,…,y(n−1)) schreiben läßt oder nicht. Explizite Differentialgleichungen sind i. allg. leichter zu lösen als implizite, auch sind bei expliziten Differentialgleichungen eher Aussagen über Existenz und Eindeutigkeit der Lösungen möglich. Stellt man an die Lösung der Differentialgleichung noch Bedingungen, dann wird aus der Differentialgleichung ein Anfangswertproblem oder ein Randwertproblem. Diese Bedingungen ergeben sich meist aus naturwissenschaftlichen Problemstellungen und haben dann auch physikalische oder chemische Hintergründe (eingespannte Saite, Fall im Gravitationsfeld). Diese Bedingungen legen die n Parameter der Lösung eindeutig fest. Insbesondere bei naturwissenschaftlichen Problemstellungen ist es von eminenter Bedeutung, daß die Lösung existiert und eindeutig ist. Diese Frage kann durch entsprechende Sätze geklärt werden. Eine Differentialgleichung muß nicht lösbar sein; selbst wenn sie lösbar ist, ist es nicht immer möglich, die Lösung analytisch zu bestimmen. Man behilft sich mit Näherungslösungen, die entweder graphisch oder mittels geeigneter Software (meist numerisch) ermittelt werden.

[1] Heuser, H.: Gewöhnliche Differentialgleichungen. B.G. Teubner-Verlag Stuttgart, 1989.
[2] Kamke, E.: Differentialgleichungen, Lösungsmethoden und Lösungen I. B. G. Teubner-Verlag Stuttgart, 1977.
[3] Walter, W.: Gewöhnliche Differentialgleichungen. Springer-Verlag, 1996.
[4] Wüst, R.: Höhere Mathematik für Physiker. Walter de Gruyter-Verlag Berlin, 1995.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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