Direkt zum Inhalt

Lexikon der Mathematik: Gibbsscher Formalismus

Γ-Raum-Statistik, Statistik für ein System von Teilchen, die in Wechselwirkung stehen können, in der Aussagen über das System durch eine Statistik für ein virtuelles Ensemble gleichartiger Systeme gewonnen werden.

Die Dimension f des Konfigurationsraums des betrachteten Systems gleichartiger Teilchen (z. B. Atome, Moleküle) ist das Produkt aus der Teilchen zahl und der Zahl der Freiheitsgrade eines einzelnen Teilchens des Systems. 2f ist die Dimension des Phasenraums (des Γ-Raums). Ein Punkt im Γ-Raum ist der Bildpunkt des betrachteten Systems. Das virtuelle Ensemble ist eine Teilmenge des Γ-Raums. Auf dieser Menge muß eine Verteilungsfunktion definiert werden, um Mittelwerte auszurechnen.

Gibbs hat verschiedene virtuelle Gesamtheiten betrachtet. Mikrokanonisch wird eine Gesamtheit genannt, wenn neben Volumen und Teilchenzahl auch die Gesamtenergie E des einzelnen Systems konstant ist. Die Bildpunkte des virtuellen Ensembles bilden die Fläche \begin{eqnarray}H({q}^{1},{p}_{1},\ldots,{q}^{f},{p}_{f})-E=0\end{eqnarray} im Γ-Raum, wobei H die Hamiltonfunktion des betrachteten Systems ist, und q1, p1,…, qf, pf die kanonischen Koordinaten eines Punkts im Γ-Raum sind.

Bei der kanonischen Gesamtheit ist statt der Energie die Temperatur T konstant. Das betrachtete System steht also mit der Umgebung durch Wärmeaustausch, der die Temperatur konstant hält, in Wechselwirkung. Der Ansatz für die Verteilungsfunktion lautet \begin{eqnarray}\frac{\exp \space \left(-\frac{H}{kT}\right)}{\displaystyle \int \ldots \displaystyle \int \exp \space \left(-\frac{H}{kT}\right)\space d{q}^{1}\ldots d{p}_{f}}\end{eqnarray} mit k als Boltzmann-Konstante. Sind Volumen, Temperatur T und chemisches Potential μ (Fundamentalgleichungen der Thermodynamik) vorgegeben und die Teilchenzahl N variabel, dann spricht man von einem groß-kanonischem Ensemble. Für dieses Ensemble ist die Verteilungsfunktion durch \begin{eqnarray}\frac{\exp [(H-\mu N)/kT]}{\displaystyle {\sum }_{N=0}^{\infty }\displaystyle \int \ldots \displaystyle \int \exp [(H-\mu N)/kT]d{q}^{1}\ldots d{p}_{f}}\end{eqnarray} gegeben.

Die über das entsprechende Ensemble gebildeten Mittelwerte (Scharmittel) sollen gleich den zeitlichen Mittelwerten der Größen des betrachteten Systems sein (Ergodenhypothese).

Diese schon von Gibbs betrachteten virtuellen Gesamtheiten können durch weitere, unter bestimmten Gesichtspunkten der Situation besser angepaßte Ensembles ergänzt werden.

[1] Schrödinger,E.: Statistical Thermodynamics. Cambridge University Press, 1960.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.