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Lexikon der Mathematik: gleichmäßige Konvergenz

die Eigenschaft einer Funktionenfolge, daß zu jedem ϵ > 0 ein Index N ∈ ℕ so existiert, daß \begin{eqnarray}|{f}_{n}(x)-f(x)|\lt \varepsilon \end{eqnarray} für alle \(x\in {\mathfrak{D}}\) und ℕ ∋ nN gilt. Hierbei seien \({\mathfrak{D}}\) eine beliebige nicht-leere Menge und f, fn (für n ∈ ℕ) auf \({\mathfrak{D}}\) definierte reell- oder komplexwertige Funktionen. (Für die nachfolgenden Betrachtungen beschränken wir uns auf den reellwertigen Fall.)

Man sagt dann (fn) konvergiert (oder strebt) gleichmäßig gegen f (auf \({\mathfrak{D}}\)) und schreibt \begin{eqnarray}{f}_{n}\mathop{\to }\limits_{{\mathfrak{D}}}f\space \space \text{order}\space \space {f}_{n}\mathop{\Rightarrow }\limits_{{\mathfrak{D}}}f.\end{eqnarray}

Dabei ergänzt man gelegentlich (n → ∞). Anschaulich bedeutet das: Zu jedem ‚Streifen‘ der Breite 2ϵ um den Graphen von f gibt es ein N ∈ ℕ derart, daß die Graphen aller fn für ℕ ∋ nN ganz in diesem Streifen verlaufen (vgl. Abbildung).

Abbildung 1 zum Lexikonartikel gleichmäßige Konvergenz
© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017
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Gleichmäßige Konvergenz

Bei gleichmäßiger Konvergenz hängt der Index N nur von ϵ, nicht aber – wie bei punktweiser Konvergenz an jeder Stelle von \({\mathfrak{D}}\) – noch von der Stelle \(x\in {\mathfrak{D}}\) ab.

Punktweise konvergente Folgen haben einige schlechte Eigenschaften:

Die Folge der im Intervall [0, 1] durch fn(x) := xn definierten stetigen Funktionen konvergiert punktweise gegen eine an der Stelle 1 unstetige Grenzfunktion, nämlich gegen die Funktion f, die für x ∈ [0, 1) den Wert 0 und für x = 1 den Wert 1 annimmt.

Der punktweise gebildete Grenzwert einer Folge Riemann-integrierbarer Funktionenen muß selbst nicht Riemann-integrierbar sein, und im Falle der Riemann-Integrierbarkeit der Grenzfunktion muß die Folge der Integrale der approximierenden Funktionen nicht gegen das Integral der Grenzfunktion streben. Integration und Grenzwertbildung sind also – bei nur punktweiser Konvergenz – nicht vertauschbar.

Standardbeispiel für die erste Aussage ist: Auf [0, 1] die Funktion f := χℚ∩[0,1], also \begin{eqnarray}f(x):=\left\{\begin{array}{ll}1, & x\in {\mathbb{Q}}\cap [0,1]\\ 0, & \text{sonst}\end{array},\right.\end{eqnarray} die sich mit einer Abzahlung {xv : v ∈ ℕ} von ℚ ∩ [0, 1] durch die durch fn := χ{x1, …, xn} gegebenen Funktionen fn, also \begin{eqnarray}{f}_{n}(x):=\left\{\begin{array}{ll}1, & x\in \{{x}_{1},\ldots, {x}_{n}\}\\ 0, & \text{sonst}\end{array},\right.\end{eqnarray} punktweise approximieren läßt. Die fn können dabei leicht noch stetig (um jedes xv ein hinreichend schmales ‚Dreieck‘) und sogar differenzierbar (noch glätten!) gemacht werden.

Die zweite Aussage wird etwa durch f(x) := 0 auf [0, 1] und fn, definiert durch \begin{eqnarray}{f}_{n}(x):=\left\{\begin{array}{cc}\begin{array}{c}{n}^{2}x\\ 2n-{n}^{2}x\\ 0\end{array} & \begin{array}{l},\space \space 0\le x\le \frac{1}{n}\\, \space \space \frac{1}{n}\le x\le \frac{2}{n}\\, \space \space \text{sonst}\end{array}\end{array},\right.\end{eqnarray} belegt. (Wählt man die „Spitze‘ des „Dreiecks‘ größer (in der Definition von fn jeweils n3 statt n2), so erhält man eine Folge (fn), bei der die Folge der Integrale (bestimmt) divergiert.)

Derartige Pathologien treten bei gleichmäßiger Konvergenz nicht auf: Ein Satz von Weierstraß besagt, daß der gleichmäßige Limes einer Folge stetiger Funktionen selbst stetig ist. Dies gilt auch noch lokal: Sind die approximierenden Funktionen an einer Stelle a stetig, und hat man gleichmäßige Konvergenz in einer Umgebung von a, so ist auch die Grenzfunktion in a stetig.

Der gleichmäßige Grenzwerte einer Folge Riemann-integrierbarer Funktionen ist Riemann-integrierbar, und die Folge der Integrale der approximierenden Funktionen konvergiert gegen das Integral der Grenzfunktion.

Integration und Grenzwertbildung sind also bei gleichmäßiger Konvergenz vertauschbar.

Ein entsprechendes Resultat für die Vertauschbarkeit von Differentiation und Konvergenz (Differentiation der Grenzfunktion) ergibt sich bei gleichmäßiger Konvergenz der Folge der Ableitungen, wenn man noch Konvergenz der ursprünglichen Folge an mindestens einer Stelle hat.

Naturgemäß sagt man bei einer Reihe \(\displaystyle {\sum }_{v=0}^{\infty }{f}_{v}\) von Funktionen ( fn), daß sie gleichmäßig gegen eine Funktion s (auf \({\mathfrak{D}}\)) konvergiert, wenn die Folge der Partialsummen \(\left(\displaystyle {\sum }_{v=0}^{n}{f}_{v}\right)\) gleichmäßig gegen s konvergiert. Oft wird die gleichmäßige Konvergenz einer Reihe von Funktionen erschlossen durch das Majoranten-Kriterium vom Weierstraß.

Die Beschreibung dieser Konvergenzart wird besonders einfach und durchsichtig, wenn man für Funktionen \(f:\space {\mathfrak{D}}\to {\mathbb{R}}\) und jede nicht-leere Menge \(T\subset \space {\mathfrak{D}}\) die Supremum-Pseudonorm (∞ als Wert möglich) \begin{eqnarray}{\Vert f\Vert }_{T}:=\sup \{|f(x)|:x\in T\}\end{eqnarray} einführt. Eine Folge fn konvergiert offenbar genau dann gleichmäßig in T gegen f, wenn ∥fnfT → 0 gilt.

Auch diese Grenzwertbildung ist (ℝ-)linear: Sind (fn), (gn) Funktionenfolgen in \({\mathfrak{D}}\), die gleichmäßig konvergieren, dann ist αfn + βgn für α, β ∈ ℝ gleichmäßig konvergent mit \begin{eqnarray}\mathrm{lim}(\alpha {f}_{n}+\beta {g}_{n})=\alpha \,\mathrm{lim}{f}_{n}+\beta \,\mathrm{lim}{g}_{n}.\end{eqnarray}

Sind die Funktionen (fn) und (gn) zudem noch beschränkt, so ist auch die Produktfolge (fngn) gleichmäßig konvergent mit \begin{eqnarray}\mathrm{lim}({f}_{n}{g}_{n})=(\mathrm{lim}{f}_{n})(\mathrm{lim}{g}_{n}).\end{eqnarray}

Aus \({f}_{n}\mathop{\Rightarrow }\limits_{{\mathfrak{D}}}f\) folgt trivialerweise fn(x) → f(x) für jedes \(x\in {\mathfrak{D}}\). Das o. a. Beispiel (fn(x) := xn, (x ∈ [0, 1])) zeigt, daß die Umkehrung nicht gilt; denn – für x ∈ (0, 1), ϵ > 0 und n ∈ ℕ – hat man: \begin{eqnarray}{x}^{n}\lt \varepsilon \iff n\gt \frac{\mathrm{ln}\space \varepsilon }{\mathrm{ln}\space x}.\end{eqnarray}

Der Index N, ab dem dann diese Beziehung gilt, wächst also unbeschränkt, wenn x gegen 1 strebt. N kann somit nicht unabhängig von x gewählt werden.

Potenzreihen konvergieren gleichmäßig auf jeder kompakten Teilmenge ihres Konvergenzbereichs. Sie konvergieren nicht notwendig gleichmäßig auf dem ganzen Konvergenzbereich, wie etwa das Beispiel der geometrischen Reihe auf (−1, 1) zeigt.

Eine oft benutzte Aussage, um aus nur punktweiser Konvergenz im Spezialfall (monotone Folge (halb-)stetiger Funktionen und Kompaktheit des Definitionsbereiches) auf gleichmäßige Konvergenz zu schließen, beinhaltet der Satz von Dini über gleichmäßige Konvergenz.

Für viele Überlegungen ist es zweckmäßig, nur lokale gleichmäßige Konvergenz (gleichmäßige Konvergenz auf allen kompakten Teilmengen), auch kompakte Konvergenz genannt, zu betrachten.

Gleichmäßige Konvergenz läßt sich offenbar entsprechend betrachten, wenn statt des Zielbereichs ℝ etwa ein normierter Vektorraum betrachtet wird.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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