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Lexikon der Mathematik: Häufungswert einer Zahlenfolge

Häufungspunkt einer Zahlenfolge, in der Praxis am häufigsten anzutreffender Spezialfall des Häufungswerts einer Folge.

Man kann in diesem Fall die folgende Definition geben: Der Häufungswert einer Folge \(({a}_{n})\in {{\mathbb{R}}}^{{\mathbb{N}}}\) oder \(({a}_{n})\in {{\mathbb{C}}}^{{\mathbb{N}}}\) ist eine reelle bzw. komplexe Zahl a mit der Eigenschaft: \begin{eqnarray}\forall \varepsilon \gt 0\forall N\in {\mathbb{N}}\exists n\ge N|{a}_{n}-a|\lt \varepsilon.\end{eqnarray} In Worten ausgedrückt: Für jedes ϵ > 0 gilt \(|{a}_{n}-a|\lt \varepsilon \) für unendlich viele \(n\in {\mathbb{N}}\). Man beachte die gegenüber der Definition des Grenzwerts einer Zahlenfolge andere Reihenfolge der Quantoren.

Im reellwertigen Fall nennt man auch −∞ bzw. ∞ (uneigentlichen) Häufungswert von (an), wenn gilt: \begin{eqnarray}\begin{array}{ll}\forall K\gt 0\,\forall N\in {\mathbb{N}}\,\exists n\ge N\,{a}_{n}\lt -K\quad \rm{bzw}.\\\forall K\gt 0\,\forall N\in {\mathbb{N}}\,\exists n\ge N\,{a}_{n}\gt K.\end{array}{ll}\end{eqnarray} Definiert man für ϵ > 0 die ϵ-Umgebung einer reellen bzw. komplexen Zahl a durch \begin{eqnarray}\begin{array}{rcl}{U}_{a}^{\varepsilon } & = & \{x\in {\mathbb{R}}||x-a|\lt \varepsilon \}\quad \text{bzw}.\\ {U}_{a}^{\varepsilon } & = & \{x\in {\mathbb{C}}||x-a|\lt \varepsilon \}\quad \text{sowie}\\ {U}_{-\infty }^{\varepsilon } & = & \{x\in {\mathbb{R}}|x\lt -\frac{1}{\varepsilon }\}\quad \text{und}\\ {U}_{\infty }^{\varepsilon } & = & \{x\in {\mathbb{R}}|x\gt \frac{1}{\varepsilon }\},\end{array}\end{eqnarray} dann ist \(a\in {\mathbb{R}}\mathop{\cup }\limits^{}\{-\infty, \infty \}\) bzw. a ∈ ℂ genau dann Häufungswert von (an), wenn es zu jedem ϵ > 0 unendlich viele n ∈ ℕ gibt, für die an in der ϵ-Umgebung um a liegt, also genau dann, wenn eine Teilfolge von (an) gegen a konvergiert bzw. bestimmt divergiert. Insbesondere ist der Grenzwert einer konvergenten oder bestimmt divergenten Folge auch Häufungswert der Folge.

Eine nach unten (oben) unbeschränkte reelle Zahlenfolge hat −∞ (∞) als uneigentlichen Häufungswert, während nach dem Satz von Bolzano-Weierstraß jede beschränkte Zahlenfolge einen von ±∞ verschiedenen Häufungswert besitzt. Eine Zahlenfolge konvergiert (bzw. divergiert bestimmt) genau dann, wenn sie genau einen Häufungswert a besitzt, und zwar konvergiert sie, falls a ≠ ±∞, und divergiert bestimmt, falls a = ±∞.

Die Menge der Häufungswerte einer Folge wird auch als ihre Limesmenge bezeichnet. Das Infimum der Limesmenge einer reellen Folge (an) (bei nach unten beschränkten Folgen das Minimum) ist der Limes Inferior liminf an der Folge, und ihr Supremum (bei nach oben beschränkten Folgen das Maximum) ist der Limes Superior lim sup der Folge. Eine reelle Folge ist genau dann nach unten (oben) beschränkt, wenn ihr Limes Inferior (Superior) verschieden von −∞ (∞) ist.

Es gilt stets \begin{eqnarray}\mathrm{lim}\inf {a}_{n}\le \mathrm{lim}\sup {a}_{n},\end{eqnarray} und genau für konvergente und bestimmt divergente reelle Zahlenfolgen ist \begin{eqnarray}\mathrm{lim}\inf {a}_{n}=\mathrm{lim}\sup {a}_{n}=\mathrm{lim}{a}_{n}.\end{eqnarray} Eine Folge kann unendlich viele Häufungswerte haben, wie das Beispiel \((1,1,\frac{1}{2},1,\frac{1}{2},\frac{1}{3},1,\frac{1}{2},\frac{1}{3},\frac{1}{4},\ldots )\) mit der Limesmenge \(\{0\}\mathop{\cup }\limits^{}\{\frac{1}{n}|n\in {\mathbb{N}}\}\) zeigt.

Eine Abzählung der rationalen Zahlen liefert sogar eine Folge, die ganz ℝ als Limesmenge und damit überabzählbar viele Häufungswerte hat. Zuweilen wird auch die Bezeichnung „Häufungspunkt” statt „Häufungswert” benutzt. Davon ist abzuraten, weil die Menge der Häufungswerte einer Folge (an) i. a. verschieden ist von der Menge der Häufungspunkte ihrer Bildmenge \(\{{a}_{n}|\in {\mathbb{N}}\}\), wie schon das Beispiel der konstanten Folge (an) = (0) zeigt. Diese hat den Häufungswert 0, aber ihre Bildmenge {0} hat keine Häufungspunkte.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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