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Lexikon der Mathematik: Hausdorff, Felix

deutscher Mathematiker und Schriftsteller, geb. 8.11.1868 Breslau, gest. 26.1. 1942 Bonn.

Hausdorff stammte aus begütertem Haus und wollte ursprünglich Musiker werden; seine wissenschaftliche Laufbahn begann er mit astronomischen und optischen Themen, erst später wandte er sich ganz der Mathematik zu.

Nach seiner Leipziger Zeit (1901–10) wurde er 1910 außerordentlicher Professor in Bonn, bis er 1913 nach Greifswald ging, um dann ab 1921 bis zu seiner erzwungenen Emeritierung im Jahre 1935 wieder in Bonn zu lehren. Eine Berufung im Jahr 1902 nach Göttingen lehnte er überraschenderweise ab.

Hausdorffs bedeutendste Leistungen liegen auf den Gebieten der Mengenlehre und der Topologie. Sein Buch „Grundzüge der Mengenlehre” von 1914 ist eine systematische und axiomatische Darstellung der Mengenlehre einschließlich der Kardinal- und Ordinalzahlen sowie der mengentheoretischen Topologie, und wurde zu einem Standardwerk. Insbesondere werden topologische Räume mit Hilfe des Umgebungsbegriffs eingeführt. Von Hausdorff stammt der Begriff des metrischen Raumes.

Topologische und metrische Räume werden in seinem Hauptwerk erstmals vollständig beschrieben. Topologische Räume, die das Hausdorffsche Trennungsaxiom erfüllen, in denen sich also je zwei verschiedene Punkte durch disjunkte Umgebungen voneinander trennen lassen, werden heute auch als Hausdorffräume bezeichnet.

Hausdorff löste das Kontinuumproblem für die Borel-Mengen, indem er zeigte, daß jede nichtab- zählbare Borel-Menge in einem vollständigen metrischen Raum topologisches Bild des Cantorschen Diskontinuums ist. Er arbeitete intensiv über Ordnungstypen, führte den Begriff der halbgeordneten Menge ein und bewies seinen Maximalkettensatz, auch Hausdorffsches Maximalitätsprinzip (Auswahlaxiom) genannt, nach dem sich jede Kette in einer halbgeordneten Menge zu einer maximalen Kette fortsetzen läßt. Später befaßte er sich mit Fragen der Maß- und Limitierungstheorie sowie der Wahrscheinlichkeitsrechnung. Hier studierte er Momentenprobleme und Summationsmethoden.

Von Hausdorff stammt die Idee, auch gebrochene (reelle) Dimensionen (Hausdorff-Maß, Hausdorff-Dimension) zur Charakterisierung geometrischer Gebilde zuzulassen (1919). Diese Ideen wurden in den letzten Jahren verstärkt in der Theorie der Fraktale und der dynamischen Systeme aufgegriffen, und finden inzwischen in vielen naturwissenschaftlichen Gebieten Anwendung.

Stets versuchte Hausdorff, besonders einfache und schöne Beweise, auch für bereits bewiesene Aussagen, zu finden. So gab er beispielsweise einen einfachen Beweis für den Satz, daß die Eulersche Γ-Funktion keiner algebraischen Gleichung genügt.

Oft vergessen werden Hausdorffs literarischphilosophischen Arbeiten. Unter dem Einfluß des Werkes Friedrich Nietzsches schrieb er in seinen frühen Jahren unter dem Pseudonym Paul Mongré philosophische Essays, Aphorismen und Gedichte („Sant’ Ilario. Gedanken aus der Landschaft Zarathustras” (1897), „Das Chaos in kosmischer Auslese” (1898)) sowie die zeitkritische Komödie „Der Arzt seiner Ehre”(1904).

Auch befaßte er sich mit Fragen zu Raum und Zeit. Nach 1910 veröffentlichte Hausdorff nur noch mathematische Arbeiten.

Als Jude sah sich der unpolitische Hausdorff in seinen Bonner Jahren immer stäkerem Druck ausgesetzt. Um der bevorstehenden Deportation in ein Sammellager zu entgehen, beging er zusammen mit seiner Frau und seiner Schwägerin 1942 Selbstmord.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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