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Lexikon der Mathematik: Hilbertraum

ein Banachraum, dessen Norm von einem Skalarprodukt abgeleitet ist.

Sei H ein Vektorraum über ℝ oder ℂ und ⟨ . , . ⟩ ein Skalarprodukt auf H × H. Dann definiert ‖x‖ = (x, x)1/2 eine Norm auf H. Ist H, versehen mit dieser Norm, vollständig, heißt H ein Hilbertraum, andernfalls ein Prä-Hilbertraum.

Beispiele für Hilberträume sind die Funktionenräume L2(μ) (Funktionenräume) und der Folgenraum 2 (Folgenräume). Allgemeiner ist der Raum 2(I), I eine Indexmenge, ein Hilbertraum; 2(I) besteht aus allen Funktionen x : I → ℝ (oder ℂ) mit x(i) ≠ 0 für höchstens abzählbar viele i, etwa i1, i2, …, und \begin{eqnarray}\displaystyle \sum _{i\in I}{|x(i)|}^{2}:=\displaystyle \sum _{k=1}^{\infty }{|x({i}_{k})|}^{2}\lt \infty .\end{eqnarray}

Das Skalarprodukt auf l2(I) ist \begin{eqnarray}\langle x,y\rangle =\displaystyle \sum _{i\in I}x(i)\overline{y(i)};\end{eqnarray} dabei ist das Symbol ∑iI wie oben erklärt.

Weitere Beispiele sind der Hardy-Raum H2 und die Sobolew-Räume Wm,2.

Nach dem Struktursatz von Fischer-Riesz ist jeder Hilbertraum zu einem Raum 2(I) isometrisch isomorph, und jeder separable unendlichdimensionale Hilbertraum ist zu 2 isometrisch isomorph. Weitere zentrale Aussagen der Hilbertraumtheorie sind der Satz über die Entwicklung nach einer Orthonormalbasis, der Projektionssatz für Hilberträume und der Satz von Frechet-Riesz über die Darstellung stetiger linearer Funktionale.

Unter den Banachraum-Eigenschaften, die einem Hilbertraum zukommen, sind die Reflexivität ( reflexiver Raum) und die gleichmäßige Konvexität ( gleichmäßig konvexer Raum) zu erwähnen; ferner sind Hilberträume die (bis auf Isomorphie) einzigen Banachräume mit Typ 2 und Kotyp 2 (Typ und Kotyp eines Banachraums). Ein Banachraum X ist genau dann ein Hilbertraum, wenn seine Norm die Parallelogrammgleichung \begin{eqnarray}{\Vert x+y\Vert }^{2}+{\Vert x-y\Vert }^{2}=2({\Vert x\Vert }^{2}+{\Vert y\Vert }^{2})\quad \forall x,y\in X\end{eqnarray} erfüllt.

Die Operatortheorie auf Hilberträumen wird innerhalb der Spektraltheorie behandelt.

Hilbertraumtheoretische Methoden tauchten zuerst in Hilberts Arbeiten „Grundzüge einer allgemeinen Theorie der linearen Integralgleichungen“ (1904–1910) auf; er arbeitet dort jedoch nur mit der Einheitskugel des Raums l2. Der abstrakte Begriff des Hilbertraums wurde erst Ende der zwanziger Jahre durch von Neumann und Stone entwickelt.

[1] Reed, M.; Simon, B.: Methods of Mathematical Physics I: Functional Analysis. Academic Press, 2. Auflage 1980.
[2] Werner, D.: Funktionalanalysis. Springer Berlin/Heidelberg, 1995.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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