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Lexikon der Mathematik: holomorphes Vektorbündel

fundamentaler Begriff in der Funktionentheorie auf komplexen Räumen.

Ein holomorphes Vektorbündel vom Rang r über einem komplexen Raum X ist ein komplexer Raum (E, π) über X (d. h. E ist ein komplexer Raum, und π : EX ist eine holomorphe Abbildung), der die folgenden Bedingungen erfüllt:

(i) Für jedes xX besitzt die Faser Exπ−1 (x) die Struktur eines r-dimensionalen Vektorraumes.

(ii) Es gibt eine offene Überdeckung \({({U}_{j})}_{j\in J}\) von X und biholomorphe Abbildungen \begin{eqnarray}{\varphi }_{j}:{\pi }^{-1}({U}_{j})\to {U}_{j}\times {{\mathbb{C}}}^{r}\end{eqnarray} über Uj (Bündelkarten), die für jedes xUj einen Isomorphismus \({\varphi }_{j}\space {|}_{{E}_{x}}:\space {E}_{x}\to {{\mathbb{C}}}^{r}\) von Vektorräumen induzieren.

Vektorbündel vom Rang i heißen Geradenbündel. Ein Morphismus h : (E1, π1) → (E2, π2) von Vektorbündeln über X ist eine holomorphe Abbildung über X (d. h. eine holomorphe Abbildung h : E1E2 so, daß π1 = π2h), die linear in jeder Faser ist.

Beispiele. i) Jedes Vektorbündel, das isomorph ist zu dem Produktbündel prX : X × ℂrX, heißt (analytisch) triviales Vektorbündel. ( )

ii) Für eine offene Überdeckung \({\mathscr{U}}\space =\space {({U}_{j})}_{j\in J}\) von X und holomorphe Funktionen \begin{eqnarray}{\psi }_{jk}:{U}_{jk}\to GL\space (r,{\mathbb{C}})\end{eqnarray} mit ψij = Ir und ψjkψkl = ψjl ist der Quotientenraum \begin{eqnarray}E(\psi ):=\left (\displaystyle \underset{j}{\overset{\cdot }{\cup }}{U}_{j}\times {{\mathbb{C}}}^{r}\right)/\sim \end{eqnarray} mit der Äquivalenzrelation \begin{eqnarray}(u,z)\sim (v,w):\iff u=v\space \text{und}\space w={\psi }_{jk}(u)\cdot z\end{eqnarray} für (u, z) ∈ Uk × ℂr und (v, w) ∈ Uj × ℂr und der kanonischen Projektion auf X ein Vektorbündel vom Rang r über X. Die Familie \(\psi \space :=\space {({\psi }_{jk})}_{j,k\in J}\) heißt System von Übergangsfunktionen von E (ψ).

iii) Ist X eine Mannigfaltigkeit, die durch die Karten hj : UjVj ⊂ ℂn beschrieben wird, dann bestimmt der Kozykel, der durch die holomorphen Funktionalmatrizen \(\frac{\partial }{\partial z}\left({h}_{j}\circ {h}_{k}^{-1}\right)\) gegeben ist, das Tangentialbündel TX von X. Sein duales Bündel ist das Kotangentialbündel TX, und das äußere Produkt \begin{eqnarray}\mathop{{\rm{\Lambda }}}\limits^{\dim X}T^{\prime} X=:{K}_{X}\end{eqnarray} wird kanonisches (Geraden-)bündel von X genannt.

iv) Jedes Geradenbündel über dem ℙ1 ist isomorph zu genau einem Bündel E (m), welches für m ∈ ℤ durch die Identifikation \begin{eqnarray}{U}_{0}^{* }\times {\mathbb{C}}\to {U}_{1}^{* }\times {\mathbb{C}},\space \space ([1,z],\lambda )\mapsto ([1/z,1],\lambda /{z}^{m})\end{eqnarray} definiert ist.

E (0) ist das triviale Geradenbündel, E (−1) ist das „tautologische“ Geradenbündel (Hopf-Bündel) \begin{array}{l}p{r}_{1}:\{([{z}_{0},{z}_{1}],\lambda {z}_{0},\lambda {z}_{1})\in {{\mathbb{P}}}_{1}\times {{\mathbb{C}}}^{2};\\ [{z}_{0},{z}_{1}]\in {{\mathbb{P}}}_{1},\lambda \in {\mathbb{C}}\}\to {{\mathbb{P}}}_{1},\end{array} mit den Bündelkarten \begin{eqnarray}{\varphi }_{j}([{z}_{0},{z}_{1}],\space \space {\zeta }_{0},\space \space {\zeta }_{1})\to ([{z}_{0},{z}_{1}],\space \space {\zeta }_{j}).\end{eqnarray}

Die Projektion pr2 : E (−1) → ℂ2 ist die quadratische Transformation an der Stelle 0 ∈ ℂ2.

E(1) ist gegeben durch die Projektion \begin{eqnarray}[{z}_{0},{z}_{1},{z}_{2}]\mapsto [{z}_{0},{z}_{1}]\end{eqnarray} von ℙ2\ {[0, 0, 1]} auf die Hyperebene {z2 = 0} ≅ ℙ1; die Bündelkarten sind \begin{eqnarray}{\varphi }_{j}:[{z}_{0},{z}_{1},{z}_{2}]\mapsto ([{z}_{0},{z}_{1}],\space \space {z}_{2}/{z}_{j}).\end{eqnarray}

E (1) heißt das Normalenbündel von \({{\mathbb{P}}}_{\text{1}}\hookrightarrow {{\mathbb{P}}}_{\text{2}}\) (Hyperebenenbündel).

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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