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Lexikon der Mathematik: Konstruktibilitätsaxiom

von ZFC unabhängiges Axiom der axiomatischen Mengenlehre, das besagt, daß die Klasse der konstruktiblen Mengen L mit der Klasse aller Mengen V identisch ist, d. h., L = V.

Die formale Definition von L benötigt einige Vorbereitung. Zunächst wird für jede Menge A und jede natürliche Zahl n eine Menge Df (A, n) definiert, mit dem Ziel, daß Df (A, n) genau aus allen n-stelligen Relationen auf A besteht, die sich durch eine auf A relativierte mengentheoretische Formel in n Variablen ausdrücken läßt (Relativierung einer mengentheoretischen Formel). Dazu wird ⋃nω Df (A, n) als die kleinste Menge konstruiert, die bestimmte einfache Relationen enthält und unter Durchschnitt-, Komplement- und Projektionsbildung (entsprechend der logischen Operationen ∧, ¬, ⋁) abgeschlossen ist.

Zum Verständnis der folgenden formalen Definition der Mengen Df (A, n) ist zu beachten, daß die Menge An mit der Menge ℱ(n, A) der Abbildungen von n = {0,…, n − 1} nach A identisch ist (Verknüpfungsoperationen für Mengen).

Für jede natürliche Zahl nω (Kardinalzahlen und Ordinalzahlen) wird definiert:

\(\text{Proj}(A,R,n):=\{s\in {A}^{n}:\mathop{\bigvee }\limits_{t\in R}(t|n=s)\}\) für jede Menge R ⊆ ⋃mn Am.

Diag(A, n, i, j) := {sAn : s(i) ∈ s(j)} und Diag=(A, n, i, j) :={sAn : s(i) = s(j)} für alle i,jω mit i,j < n. Diag(A, n, i, j) bzw. Diag=(A, n, i, j) besteht also aus allen Elementen aus An, deren i-te Komponente in der j-ten Komponente als Element enthalten ist bzw. mit der j-ten Komponente übereinstimmt. \begin{eqnarray}\begin{array}{l}\quad \space\space \text{Df}^\prime(0,A,n):=\{\text {Diag}_\in (A,n,i,j):i,j \lt n\}\\\quad \space \space \space \quad \quad \quad \quad\space \cup \{\text {Diag}_= (A,n,i,j):i,j \lt n\},\\\text{Df}^\prime(k+1,A,n):=\text{Df}^\prime(k,A,n)\\\quad \quad\space \space \space \quad \quad \quad\space \cup \{A^n\backslash R:R \in \text{Df}^\prime(k,A,n)\}\\\quad \quad \space\space \space \quad \quad \quad\space \cup \{R\cap S:R,S \in \text{Df}^\prime(k,A,n)\}\\\quad \quad \quad \quad\space \cup \{\text {Proj}(A,R,n):R \in \text{Df}^\prime(k,A,n+1)\}.\end{array}\end{eqnarray}

Hierbei handelt es sich um eine rekursive Definition bezüglich kω.

Schließlich sei Df (A, n) := ∪kω Df (k, A, n).

Für R, S ∈ Df (A, n) gilt dann tatsächlich, daß An \ R ∈ Df (A, n) und RS ∈ Df (A, n) sowie Proj(A, R, n) ∈ Df (A, n) für R ∈ Df (A, n + 1).

Mit Hilfe der Mengen Df (A, n) wird nun die definierbare Potenzmenge der Menge A erklärt. Sie wird mit 𝒟(A) bezeichnet. 𝒟(A) besteht aus allen Teilmengen von A, die mit Hilfe einer endlichen Anzahl von Elementen aus A durch eine auf A relativierte mengentheoretische Formel definiert werden können. Die formale Definition lautet: \begin{eqnarray}\begin{array}{l}{\mathscr{D}}(A) := \left \{X\subseteq A:\mathop{\displaystyle \vee }\limits_{n\in w}\text{}\mathop{\displaystyle \vee }\limits_{s\in {A}^{n}}\text{}\mathop{\displaystyle \vee }\limits_{R\in \text{Df}(A,n+1)}\\ \quad\quad X = \{x\in A:(s(0),\ldots, s(n),x)\in R\}\right\},\end{array}\end{eqnarray}

das heißt, die Elemente von 𝒟(A) sind genau die Teilmengen von A, deren Elemente als letzte Komponente in (n + 1)-Tupeln auftreten, die ihrerseits zu einer Relation aus Df (A, n + 1) gehören.

Schließlich wird durch transfinite Rekursion zu jeder Ordinalzahl α eine Menge L(α) definiert: L(0) := 0, L(α + 1) := 𝒟(L(α)), L(α) := ⋃β<α L(β), falls α eine Limesordinalzahl ist. Die Klasse der konstruktiblen Mengen ist dann die Vereinigung der L(α): L := ⋃αON L(α). Die Elemente von L heißen entsprechend konstruktible Mengen.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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