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Lexikon der Mathematik: Kugelkoordinaten

sphärische Koordinaten, das Tripel (r, ϑ, ϕ), bestehend aus dem Abstand r ≥ 0 eines Punkts P ∈ ℝ3 vom Ursprung O, dem Winkel \(\vartheta \in [-{\scriptstyle \frac{\pi }{2}},{\scriptstyle \frac{\pi }{2}}]\) zwischen der Strecke OP und der (x, y)-Ebene, und dem Winkel ϕ ∈ [0, 2π) (Azimut) zwischen der Projektion der Strecke OP in die (x, y)-Ebene und der x-Achse.

Man beachte: Oft wird statt dessen ϑ als Winkel zur z-Achse (Polwinkel oder Poldistanz) definiert. Dann sind in den unten folgenden Transformationsformeln sin ϑ und cos ϑ zu vertauschen, und die Richtung von eϑ ist umzudrehen.

Kugelkoordinaten sind ein wichtiges Beispiel für krummlinige Koordinaten. Variiert man ϑ und ϕ bei festem r, so beschreibt (r, ϑ, ϕ) die Oberfläche Sr der Kugel mit Mittelpunkt im Ursprung und Radius r. Variiert man r bei festen ϑ und ϕ, so beschreibt (r, ϑ, ϕ) eine Halbgerade durch O (Radialstrahl). Variiert man ϑ bei festen r und ϕ, so beschreibt (r, ϑ, ϕ) einen Längenhalbkreis oder Meridian bei der geographischen Länge ϕ auf Sr. Variiert man ϕ bei festen r und ϑ, so beschreibt (r, ϑ, ϕ) einen Breitenkreis oder Parallelkreis bei der geographischen Breite ϑ auf Sr. Man nennt ϕ auch Längengrad und ϑ Breitengrad. Wie die Bezeichnungen schon andeuten, werden Kugelkoordinaten u. a. in der Geographie zur Lagebeschreibung durch geographische Koordinaten benutzt.

Abbildung 1 zum Lexikonartikel Kugelkoordinaten
© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017
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Kugelkoordinaten

Zu jedem Kugelkoordinatentripel (r, ϑ, ϕ) gehört genau ein Punkt P ∈ ℝ3, jedoch ist die Darstellung nur für Punkte, die nicht auf der z-Achse liegen, eindeutig: Für Punkte PO auf der z-Achse sind nur r und \(\vartheta =\pm {\scriptstyle \frac{\pi }{2}}\) eindeutig bestimmt, ϕ ist belie-big. Für P = O ist nur r = 0 eindeutig bestimmt, ϑ und ϕ sind beliebig.

Ein Punkt mit den Kugelkoordinaten (r, ϑ, ϕ) hat die kartesischen Koordinaten (x, y, z) mit: \begin{eqnarray}\begin{array}{lll}x & = & r\cos \vartheta \cos \varphi \\ y & = & r\cos \vartheta \sin \varphi \\ z & = & r\sin \vartheta \end{array}\end{eqnarray}

Umgekehrt lassen sich zu gegebenen kartesischen Koordinaten (x, y, z) die Kugelkoordinaten wie folgt berechnen, wobei \(d:=\sqrt{{x}^{2}+{y}^{2}}\) gesetzt ist: \begin{eqnarray}\begin{array}{lll}r & = & \sqrt{{x}^{2}+{y}^{2}+{z}^{2}},\\ \vartheta & = & \left\{\begin{array}{cccc}\text{arctan}{\scriptstyle \frac{z}{d}} &, & d\ne 0 & \\ {\scriptstyle \frac{\pi }{2}} &, & d=0, & z\gt 0\\ -{\scriptstyle \frac{\pi }{2}} &, & d=0, & z\lt 0\\ \text{beliebig} &, & d=0, & z=0\end{array}\right.\\ \varphi & = & \left\{\begin{array}{ccl}\text{arctan}{\scriptstyle \frac{y}{x}} &, & x\gt 0,y\gt 0\\ {\scriptstyle \frac{\pi }{2}} &, & x=0,y\gt 0\\ \pi +\text{arctan}{\scriptstyle \frac{y}{x}} &, & x\lt 0\\ {\scriptstyle \frac{3\pi }{2}} &, & x=0,y\lt 0\\ 2\pi +\text{arctan}{\scriptstyle \frac{y}{x}} &, & x\gt 0,y\lt 0\\ \text{beliebig} &, & x=0,y=0\end{array}\right.\end{array}\end{eqnarray}

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Für die aufeinander senkrecht stehenden (ortsabhängigen) Einheitsvektoren „in Richtung von“ r bzw. ϑ bzw. ϕ gilt mit den kartesischen Einheitsvektoren ex, ey, ez: \begin{eqnarray}\begin{array}{rrrrrrr}{e}_{r} & = & \cos \vartheta \cos \varphi\,{e}_{x} & + & \cos \vartheta \sin \varphi\,{e}_{y} & + & \sin \vartheta\,{e}_{z}\\ {e}_{\vartheta } & = & -\sin \vartheta \cos \varphi\,{e}_{x} & – & \sin \vartheta \sin \varphi\,{e}_{y} & + & \cos \vartheta\,{e}_{z}\\ {e}_{\varphi } & = & -\sin \varphi\,{e}_{x} & + & \cos \varphi\,{e}_{y} & & \end{array}\end{eqnarray}

Umgekehrt hat man: \begin{eqnarray}\begin{array}{rrrrrrr}{e}_{x} & = & \cos \vartheta \cos \varphi\,{e}_{r} & – & \sin \vartheta \cos \varphi\,{e}_{} & – & \sin \varphi\,{e}_{\varphi }\\ {e}_{y} & = & \cos \vartheta \sin \varphi\,{e}_{r} & – & \sin \vartheta \sin \varphi\,{e}_{\vartheta } & + & \cos \varphi\,{e}_{\varphi }\\ {e}_{z} & = & \sin \vartheta\,\,\,\qquad\,\text{}{e}_{r} & + & \cos \vartheta\,\qquad \text{}{e}_{\vartheta } & & \end{array}\end{eqnarray}

Kugelkoordinaten sind zweckmäßig bei der Behandlung von Problemen auf Kugeloberflächen oder solchen, die radiale oder Winkelsymmetrien besitzen, insbesondere zur Berechnung von Integralen, die solche Symmetrien aufweisen, mit Hilfe des Transformationssatzes. Für die durch \begin{eqnarray}F(r,\vartheta, \varphi )=(r\cos \vartheta \cos \varphi, r\cos \vartheta \sin \varphi, r\sin \vartheta )\end{eqnarray}

gegebene stetig differenzierbare Subsitutionsfunktion F : ℝ3 → ℝ3 gilt \begin{eqnarray}\det {F}{^{\prime} }(r,\vartheta, \varphi )=-{r}^{2}\cos \vartheta, \end{eqnarray}

und wenn K eine kompakte Jordan-meßbare Teilmenge von \(G:=(0,\infty )\times (-{\scriptstyle \frac{\pi }{2}},{\scriptstyle \frac{\pi }{2}})\times (0,2\pi )\) und f : F(K) → ℝ stetig ist, liefert der Transformations-satz mit \(\begin{eqnarray}{\mathfrak{x}}=(x,y,z)\end{eqnarray}\) und \(\begin{eqnarray}{\mathfrak{n}}=(r,\vartheta, \varphi )\end{eqnarray}\)\begin{eqnarray}\displaystyle \mathop{\int }\limits_{F(K)}f({\mathfrak{x}})d{\mathfrak{x}}=\displaystyle \mathop{\int }\limits_{K}f(F({\mathfrak{n}}))\,{r}^{2}\cos\,\vartheta\,d{\mathfrak{n}}.\end{eqnarray}

Häufig ist über einen durch Längen- und Breiten-grade begrenzten Ausschnitt einer Kugelschale zu integrieren, d. h. über einen Bereich F(K), wobei K = [r1, r2] × [ϑ1, ϑ2] × [ϕ1, ϕ2] ein „Quader“ in G ist. Dann hat man \begin{eqnarray}\begin{array}{l}\displaystyle \mathop{\int }\limits_{F(K)}f(x,y,z)d(x,y,z)=\\\qquad \displaystyle \underset{{\varphi }_{1}}{\overset{{\varphi }_{2}}{\int }}\displaystyle \underset{{\vartheta }_{1}}{\overset{{\vartheta }_{2}}{\int }}\displaystyle \underset{{r}_{1}}{\overset{{r}_{2}}{\int }}f(F(r,\vartheta, \varphi )){r}^{2}\cos \vartheta\,dr\,d\vartheta\,d\varphi.\end{array}\end{eqnarray}

Die Reihenfolge der Integrationen ist dabei beliebig. Die Größe \begin{eqnarray}dV={r}^{2}\cos \vartheta\,dr\,d\vartheta\,d\varphi\end{eqnarray}

läßt sich als „infinitesimales Volumenelement“ in Kugelkoordinaten deuten. Entsprechend hat man bei Oberflächenintegralen „Flächenelemente“ r dr dϑ, r2 cos ϑ dϑ dϕ und r cos ϑ dϕ dr, und bei Wegintegralen das „Bogenlängenelement“ oder „Linienelement“ ds2 = dr2 + r22 + r2 cos2ϑ dϕ2.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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