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Lexikon der Mathematik: lokales Krümmungsverhalten

Lage des Graphen einer Funktion f : D → ℝ mit D ⊂ ℝ in einer hinreichend kleinen Umgebung einer gegebenen inneren Stelle aD, an der f differenzierbar sei, in bezug auf ihre Tangente an der Stelle a. Von Interesse ist dabei insbesondere, ob f

  • an der Stelle a lokal konvex ist, d. h. ob es ein ϵ > 0 so gibt, daß f (x) ≥ f (a) + f′(a)(xa) gilt für x ∈ (aϵ, a + ϵ), oder ob f an der Stelle a sogar streng lokal konvex ist, d. h. sogar ‚>‘ gilt für xa,
  • an der Stelle a lokal konkav ist, d. h. ob es ein ϵ > 0 so gibt, daß f (x) ≤ f (a) + f′(a)(xa) gilt für x ∈ (aϵ, a + ϵ), oder ob f an der Stelle a sogar streng lokal konkav ist, d. h. sogar ‚<‘ gilt für xa,
  • an der Stelle a einen Wendepunkt hat.

Die Funktion f ist an der Stelle a genau dann lokal konvex, wenn −f an der Stelle a lokal konkav ist.

Ist f in einer Umgebung von a differenzierbar, so kann man aus dem lokalen Wachstumsverhalten von f′ an der Stelle a das lokale Krümmungsverhalten von f an der Stelle a erschließen: Wenn f′ an der Stelle a (streng) wächst bzw. (streng) fällt, so ist f an der Stelle a (streng) lokal konvex bzw. (streng) lokal konkav. Ist f an der Stelle a zweimal differenzierbar mit f″(a) > 0 bzw. f″(a) < 0, so ist f an der Stelle a streng lokal konvex bzw. streng lokal konkav. Diese Bedingung ist nicht notwendig, wie die Funktion f : ℝ → ℝ mit f (x) = x4 zeigt, die an der Stelle 0 streng lokal konvex ist mit f″(0) = 0. Aus der lokalen Konvexität bzw. Konkavität an der Stelle a folgt bei zweimaliger Differenzierbarkeit einer Funktion f an der Stelle a jedoch f″(a) ≥ 0 bzw. f″ (a) ≤ 0. Wie für das lokale Wachstumsverhalten einer Funktion kann man unter geeigneten Umständen höhere Ableitungen auch zur Untersuchung des lokalen Krümmungsverhaltens heranziehen (Maclaurin, Satz von).

Aus der lokalen Konvexität einer Funktion an einer Stelle folgt nicht, daß sie in einer ganzen Umgebung dieser Stelle konvex wäre, wie beispielsweise die Funktion f : ℝ → ℝ mit \begin{eqnarray}f(x)=\left\{\begin{array}{rll}{x}^{2} &, & x\in {\mathbb{Q}}\\ 2{x}^{2} &, & x\in {\mathbb{R}}\backslash {\mathbb{Q}}\end{array}\right.\end{eqnarray} zeigt, die an der Stelle 0 lokal konvex, aber in keiner Umgebung von 0 konvex ist. Ferner braucht selbst bei zweimal stetig differenzierbaren Funktionen keiner der obigen Fälle vorzuliegen, wie man etwa an der Funktion f : ℝ → ℝ mit \begin{eqnarray}f(x)=\left\{\begin{array}{ccc}{x}^{5}\sin \frac{1}{x} &, & x\ne 0\\ 0 &, & x=0\end{array}\right.\end{eqnarray} sieht, die an der Stelle 0 weder lokal konvex oder konkav ist, noch dort einen Wendepunkt hat.

Oben wurde vorausgesetzt, daß a im Inneren des Definitionsbereichs von f liegt. Natürlich kann man auch das ‚einseitige‘ Krümmungsverhalten einer Funktion an einer Randstelle eines Intervalls oder allgemeiner einem Häufungspunkt ihres Definitionsbereichs untersuchen.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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