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Lexikon der Mathematik: Modellvollständigkeit

nützliche Eigenschaft gewisser elementarer Theorien (elementare Sprache, Modelltheorie), die modelltheoretische Untersuchungen erleichtert.

Im folgenden sei L eine elementare Sprache, T eine in L formulierte Theorie, und 𝒜, ℬ seien Modelle von T. T ist modellvollständig, wenn die Theorie TD(𝒜) für jedes AT vollständig ist, wobei D(𝒜) das Diagramm von 𝒜 (:= Menge der in 𝒜 gültigen atomaren und negierten atomaren Aussagen aus L(C)) bezeichnet.

Ist 𝒜 eine Unterstruktur von ℬ (im Zeichen 𝒜 ⊆ ℬ), und gilt für jede Existenzaussage φ aus L(A) stets: „Wenn ℬ ⊨ φ, so 𝒜φ,“ dann heißt 𝒜 existentielle Unterstruktur von ℬ (im Zeichen 𝒜e). Sind z. B. 𝒜, Körper, und beschreibt φ eine Polynomgleichung mit Koeffizienten aus 𝒜, die in eine Lösung besitzt, dann muß die Lösung schon in dem Unterkörper 𝒜 liegen, falls 𝒜 in existentiell abgeschlossen ist (algebraisch abgeschlossene Körper sind z. B. in Oberkörpern stets existentiell abgeschlossen).

Für modellvollständige Theorien gilt die sehr nützliche Eigenschaft:

Wenn 𝒜, ℬT und 𝒜ℬ, so ist 𝒜 eine elementare Unterstruktur von ℬ (elementare Erweiterung einer L-Struktur).

Das folgende Robinsonsche Kriterium für die Modellvollständigkeit erlaubt es, schon bekannte algebraische Eigenschaften von Strukturen für den Nachweis der Modellvollständigkeit auszunutzen:

Gilt für beliebige Modelle 𝒜, ℬ von T : „Wenn 𝒜ℬ, so 𝒜e ℬ“, dann ist T modellvollständig.

Mit Hilfe der Modellvollständigkeit läßt sich häufig die (wünschenswerte Eigenschaft der) Vollständigkeit einer Theorie nachweisen. „Vollständig“ und „modellvollständig“ sind voneinander unabhängig, denn es gibt Theorien, die modellvollständig, aber nicht vollständig sind, und umgekehrt. Besitzt eine modellvollständige Theorie jedoch ein Primmodell (ein Modell von T, das in jedem anderen Modell der Theorie isomorph enthalten ist), dann ist T vollständig. Die Theorie der reell abgeschlossenen Körper ist z. B. modellvollständig und besitzt ein Primmodell (den Körper der reell algebraischen Zahlen), folglich ist sie auch vollständig. Die Theorie der algebraisch abgeschlossenen Körper ist ebenfalls modellvollständig, aber nicht vollständig. Fixiert man jeweils die Charakteristik, so erhält man unendlich viele vollständige Theorien.

Zwei Theorien T1, T2 sind zueinander äquivalent, wenn jeder Ausdruck von T1 aus T2 folgt und umgekehrt. Modellvollständige Theorien erweisen sich als äquivalent zu sog. ∀∃-Theorien, die nur aus Aussagen der Gestalt

\begin{eqnarray}\forall {x}_{1}\ldots \forall {x}_{n}\exists {y}_{1}\ldots \exists {y}_{m}\phi ({x}_{1},\ldots,{x}_{n},{y}_{1},\ldots,{y}_{m})\end{eqnarray}

bestehen, wobei φ(x1, …, xn, y1, …, ym) quantorenfrei ist. Modellvollständige Theorien lassen sich also stets, wie die meisten Axiomensysteme in der Mathematik, durch ∀∃-Aussagen beschreiben.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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