Direkt zum Inhalt

Lexikon der Mathematik: π

Die Zahl π, auch als Kreiszahl, Kreisteilungszahl, Archimedes-Konstante oder Ludolphsche Zahl bekannt, ist das, wie schon Archimedes von Syrakus bewies, für alle Kreise der euklidischen Ebene gleiche Verhältnis von Kreisumfang U zu Kreisdurchmesser d:

Abbildung 1 zum Lexikonartikel π
© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017
 Bild vergrößern

Der Umfang eines Kreises mit Radius r beträgt also U = 2πr, der Flächeninhalt eines Kreises mit Radius r ist F = πr2.

Auch in den Formeln für die Oberfläche und das Volumen der n-dimensionalen Kugel tritt π auf. Die Zahl π ist die bekannteste mathematische Konstante und hat eine Geschichte von vielen tausend Jahren. Schon die frühesten mathematischen Überlieferungen geben Zeugnis von der Beschäftigung mit π, welche immer von dem Wunsch geprägt war, die Natur dieser Zahl zu verstehen und ihren Wert möglichst genau zu bestimmen. Derzeit sind ca. 206 Milliarden Dezimalstellen von π bekannt (Yasumasa Kanada, September 1999), wobei die Darstellung \begin{eqnarray}\pi =3.141\,\,592\,653\,589\,793\,238\,462\,643\ldots \end{eqnarray} wegen der im Jahr 1761 von Johann Heinrich Lambert bewiesenen Irrationalität von π weder abbricht noch periodisch wird. Die 1882 von Carl Louis Ferdinand von Lindemann bewiesene Transzendenz von π zeigt insbesondere, daß die Quadratur des Kreises mit Zirkel und Lineal nicht möglich ist. Kurt Mahler konnte 1953 beweisen, daß π keine Liouville-Zahl ist, und 1984 zeigten David Volvovich Chudnovsky und Gregory Volvovich Chudnovsky \begin{eqnarray}|\pi -\frac{p}{q}|\gt {q}^{-14.65}\end{eqnarray} für alle hinreichend großen natürlichen Zahlen p und q (man vermutet, daß 14.65 durch 2 + ϵ mit beliebig kleinem ϵ > 0 ersetzt werden kann). Es ist nicht bekannt, ob π normal ist, d. h. in seiner Dezimaldarstellung alle endlichen Ziffernkombinationen mit gleicher Häufigkeit vorkommen, doch die bisherigen empirischen Untersuchungen deuten darauf hin. Die Bezeichnung π im heutigen Sinn wurde 1706 von William Jones in Anlehnung an das Wort „Peripherie“ eingeführt, setze sich aber erst durch, nachdem Leonhard Euler sie ab 1748 benutzte.

Zusammenhang mit den Winkelfunktionen Cosinus- und Sinusfunktion sind 2π-periodisch, erfüllen die Gleichungen \begin{eqnarray}\begin{array}{ccrccr}\cos (x+\pi ) & = & -\cos x, & \cos (\pi -x) & = & -\cos x\\ \sin (x+\pi ) & = & -\sin x, & \sin (\pi -x) & = & \sin x\\ \cos (x+\frac{\pi }{2}) & = & -\sin x, & \cos (\frac{\pi }{2}-x) & = & \sin x\\ \sin (x+\frac{\pi }{2}) & = & \cos x, & \sin (\frac{\pi }{2}-x) & = & \cos x\end{array}\end{eqnarray} und nehmen z. B. an den Stellen \(\frac{\pi }{6}\), \(\frac{\pi }{4}\), \(\frac{\pi }{3}\), \(\frac{\pi }{2}\) einfache algebraische Werte an:

Abbildung 2 zum Lexikonartikel π
© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017
 Bild vergrößern

Ferner gilt \(\cos \frac{\pi }{5}=\frac{\tau }{2}\) mit der Zahl \(\tau =(\sqrt{5}+1)/2\) des Goldenen Schnitts. Durchläuft ϕ das Intervall [0, 2π], so durchlaufen die Punkte (cos ϕ, sin ϕ) den Einheitskreis. Zurückgehend auf Richard Baltzer 1875 und Edmund Landau 1934 wird in der Analysis heute oft \(\frac{\pi }{2}\) als die kleinste positive Nullstelle der Cosinusfunktion definiert, nachdem man die komplexe Exponentialfunktion über ihre Potenzreihe und mit ihr oder ebenfalls direkt über Potenzreihen die Winkelfunktionen eingeführt hat. Es gilt die Euler-Formel exp(ix) = cos(x) + i sin(x) für x ∈ ℂ, woraus durch Einsetzen von x = π die Identität \begin{eqnarray}{e}^{i\pi }=-1\end{eqnarray} folgt, die die Konstanten e und π auf eine überraschende Weise verbindet und ebenfalls EulerFormel genannt wird.

Frühe Näherungen

Auf im Jahr 1936 gefundenen babylonischen Keilschrifttafeln aus der Zeit zwischen 1900 und 1600 v. Chr. wird für π der Näherungswert \(3\frac{1}{8}=3.125\) benutzt. Das im Jahr 1855 entdeckte, etwa von 1650 v. Chr. stammende ägyptische Ahmes-Rhind Papyrus gibt den Wert (16/9)2 = 3.16049… an, der möglicherweise von der Annäherung der Fläche eines Kreises vom Durchmesser 9 durch sieben Quadrate der Seitenlänge 3 stammt:

Abbildung 3 zum Lexikonartikel π
© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017
 Bild vergrößern

Es ist \(\pi {(\frac{9}{2})}^{2}\approx 7\cdot {3}^{2}\) also \begin{eqnarray}\pi \approx 4\cdot \frac{63}{81}\approx 4\cdot \frac{64}{81}=\frac{256}{81}.\end{eqnarray}

In vielen Texten über π ist zu lesen, daß sich aus Angaben in der Bibel (1 Könige 7,23 und 2 Chronik 4,2; aus dem sechsten bzw. dritten Jhdt. v. Chr.) der Näherungswert 3 für π ableiten ließe. Solche Deutungen sind unseriös und lagen sicher nicht in der Absicht der Bibelautoren. Auch die Behauptung, der sich aus diesen Bibelstellen ergebende Wert 3 sei mit der jüdischen Zahlenmystik zu erklären, ist nicht stichhaltig. Die angegebenen Größen sind eher durch die menschliche Vorliebe für ‚runde‘ Zahlen (zehn Ellen Durchmesser, dreißig Ellen Umfang) bedingt sowie durch die ganz und gar nicht mystische Tatsache, daß π wesentlich näher bei 3 als bei 4 liegt.

Um 500 v. Chr. war in Indien vermutlich der Näherungswert \(\sqrt{10}=3.162\ldots \) bekannt. Um 150 n. Chr. benutzte der griechische Astronom Klaudios Ptolemaios den Wert \(3\frac{17}{120}03.141\bar{6}\), und um 500 n. Chr. findet man bei dem Inder Āryabhata die Näherung \(3\frac{177}{1250}=3.1416\). Die Chinesen kannten u. a. 130 n. Chr. den Näherungswert \(\sqrt{10}\) und im dritten Jhdt. den Wert \(\frac{142}{45}\), und im fünften Jhdt. fand Tsu Ch’ung Chih die Näherung \begin{eqnarray}\frac{355}{113}=3.14159292\ldots, \end{eqnarray} die in Indien im 15. Jahrhundert und im Abendland erst 1573 von Valentinus Otho und 1585 von Adrian Anthonisz entdeckt wurde. Der Inder Kerala Gargya Nīlakantha gab um 1500 den noch besseren Wert \begin{eqnarray}\frac{104\,348}{33\,215}=3.1415926539\ldots \end{eqnarray} an, der schon im 15. Jahrhundert auch bei dem Araber Ġiyā\(\mathop{\text{t}}\limits_{\_}\) ad-Dīn Ğamšid Mašūd al-Kāšī zu finden ist.

Der Archimedes-Algorithmus

Da die Zahl π irrational ist, kann sie nicht als Bruch ganzer Zahlen dargestellt werden, und wegen ihrer Transzendenz kann man sie auch nicht als Nullstelle eines ganzzahligen Polynoms, insbesondere nicht als Wurzelausdruck, schreiben. Mit den elementaren arithmetischen Operationen und Wurzelfunktionen läßt sich π daher nur als Grenzwert einer Folge darstellen, günstigstenfalls als unendliche Reihe oder als unendliches Produkt. Wegen der geometrischen Bedeutung von π erwachsen die meisten dieser Darstellungen aus geometrischen Zusammenhängen oder aus Eigenschaften der Winkelfunktionen oder ihrer Umkehrfunktionen.

Als erster fand im dritten Jahrhundert v. Chr. Archimedes ein Iterationsverfahren, mit dem π im Prinzip beliebig genau berechnet werden kann, indem er einem Kreis regelmäßige Vielecke ein- und umschrieb (Archimedes-Algorithmus zur Berechnung von π). Mit dem regelmäßigen 96-Eck kam er zur Abschätzung \begin{eqnarray}3.1408\ldots =3\frac{10}{71}\lt \pi \lt 3\frac{10}{70}=3.1428\ldots, \end{eqnarray} wobei er Quadratwurzeln durch rationale Zahlen annäherte. Durch den Archimedes-Algorithmus ermittelte 1424 al-KāŠī mit dem 3 · 228-Eck die ersten 14 Dezimalstellen von π, und 1596 berechnete der Holländer Ludolph van Ceulen mit einem 60 · 233- Eck 20 und später mit einem 262-Eck sogar 35 Stellen, weshalb π oft als Ludolphsche Zahl bezeichnet wurde. Im Jahr 1621 kam Willebrordus Snellius mit einem verbesserten Verfahren mittels eines 230-Ecks auf 34 Stellen, und 1630 Christoph Grienberger auf 39 Stellen. Mit Christiaan Huygens, der 1654 mit einer weiteren Verbesserung des Archimedes-Algorithmus mit nur 60 Ecken neun Stellen errechnete, waren die Möglichkeiten dieses klassischen Verfahrens ausgeschöpft.

Unendliche Produkte

Aus dem Archimedes-Algorithmus (beginnend mit einem Quadrat) leitete 1593 Francois Viète mit trigonometrischen Überlegungen die Darstellung (Vieta, Produktformel von) \begin{eqnarray}\frac{2}{\pi }=\frac{\sqrt{2}}{2}\cdot \frac{\sqrt{2+\sqrt{2}}}{2}\cdot \frac{\sqrt{2+\sqrt{2+\sqrt{2}}}}{2}\cdot \cdots \end{eqnarray} her, 1650 fand John Wallis das Wallis-Produkt \begin{eqnarray}\frac{\pi }{2}=\displaystyle \prod _{n=1}^{\infty }\frac{2n\cdot 2n}{(2n-1)(2n+1)}=\displaystyle \prod _{n=1}^{\infty }\frac{4{n}^{2}}{4{n}^{2}-1},\end{eqnarray} und 1748 gab Euler Produktdarstellungen für Potenzen von π an, wie z. B. \begin{eqnarray}\frac{{\pi }^{2}}{6}=\displaystyle \prod _{p\,\text{prim}}\frac{{p}^{2}}{{p}^{2}-1}.\end{eqnarray}

Wegen der langsamen Konvergenz sind diese unendlichen Produkte für praktische Rechnungen schlecht geeignet

Kettenbrüche

Aus dem Wallis-Produkt leitete um 1656 William Lord Viscount Brouncker den unregelmäßigen Kettenbruch \begin{eqnarray}\frac{4}{\pi }=1+\frac{{1}^{2}}{2+\frac{{3}^{2}}{2+\frac{{5}^{2}}{2+\frac{{7}^{2}}{2+\cdots }}}}\end{eqnarray} ab, 1737 gab Euler den unregelmäßigen Kettenbruch \begin{eqnarray}\frac{\pi }{2}=1+\frac{2}{3+\frac{1\cdot 3}{4+\frac{3\cdot 5}{4+\frac{5\cdot 7}{4+\cdots }}}}\end{eqnarray} an, und Leo J. Lange fand 1999 die Darstellung \begin{eqnarray}\pi =3+\frac{{1}^{2}}{6+\frac{{3}^{2}}{6+\frac{{5}^{2}}{6+\frac{{7}^{2}}{6+\cdots }}}}\end{eqnarray}

Es sind viele weitere unregelmäßige Kettenbrüche im Zusammenhang mit π bekannt, aber kein Bildungsgesetz für die regelmäßige Kettenbruchentwicklung von π. Man kann nur mit Hilfe hinreichend genauer Näherungswerte für π abbrechende regelmäßige Kettenbrüche ausrechnen.

Im Jahr 1685 hat Wallis die ersten 34 Elemente der regelmäßigen Kettenbruchentwicklung bestimmt, die mit \begin{eqnarray}\pi =[3;\,\,7,\,15,\,1,\,292,\,1,\,1,\,1,\,2,\,1,\,3,\,1,\,14,\,2,\,\ldots ]\end{eqnarray} beginnt und die ersten rationalen Näherungswerte \begin{eqnarray}\frac{3}{1},\,\,\frac{22}{7},\,\,\frac{333}{106},\,\,\frac{355}{113},\,\,\frac{103\,993}{33\,102}\end{eqnarray} hat, wobei \(\frac{355}{113}\) der schon oben erwähnte, in China 500 n. Chr. bekannte Bruch ist. William Gosper hat 1985 über 17 Millionen Elemente der regelmäßigen Kettenbruchentwicklung von π berechnet.

Unendliche Reihen

Im Jahr 1665 gab Isaac Newton mit der Formel \begin{eqnarray}\pi =\frac{3}{4}\sqrt{3}+6\displaystyle \sum _{n=0}^{\infty }{(-1)}^{n}\left(\begin{array}{c}\frac{1}{2}\\ n\end{array}\right)\frac{1}{(2n+3){4}^{n}}\end{eqnarray} die Newton-Reihe für π an. Ausgehend von der 1674 von Gottfried Wilhelm Leibniz gefundenen, schlecht konvergierenden Leibniz-Reihe \begin{eqnarray}\frac{\pi }{4}=\displaystyle \sum _{n=0}^{\infty }\frac{{(-1)}^{n}}{2n+1}\end{eqnarray} kommt man durch konvergenzbeschleunigende Umformungen zu den Darstellungen \begin{eqnarray}\frac{\pi }{2}=1+2\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }\frac{{(-1)}^{n+1}}{4{n}^{2}-1}=\ldots =\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }\frac{{2}^{n}}{n\left(\begin{array}{c}2n\\ n\end{array}\right)}.\end{eqnarray}

Euler entdeckte 1734 bei seiner Untersuchung der (später so benannten) Riemannschen ζ-Funktion und damit verwandter Reihen zahlreiche Darstellungen wie \begin{eqnarray}\begin{array}{rcl}\displaystyle\frac{{\pi }^{2}}{6}=\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }\frac{1}{{n}^{2}} &, & \displaystyle\frac{{\pi }^{4}}{90}=\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }\frac{1}{{n}^{4}}\\ \displaystyle\frac{{\pi }^{6}}{945}=\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }\frac{1}{{n}^{6}} &, & \displaystyle\frac{{\pi }^{8}}{9450}=\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }\frac{1}{{n}^{8}}\\ \displaystyle\frac{{\pi }^{2}}{12}=\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }\frac{{(-1)}^{n-1}}{{n}^{2}} &, & \displaystyle\frac{{\pi }^{2}}{8}=\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }\frac{1}{{(2n-1)}^{2}}\\ \displaystyle\frac{{\pi }^{3}}{32}=\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }\frac{{(-1)}^{n-1}}{{(2n-1)}^{3}} &, & \displaystyle\frac{{\pi }^{4}}{96}=\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }\frac{1}{{(2n-1)}^{4}}.\end{array}\end{eqnarray}

Gut geeignet für eine schnelle Berechnung vieler Dezimalstellen sind Arcustangensreihen für n. Im Jahr 1699 berechnete Abraham Sharp mit der Sharp-Reihe 72 Dezimalstellen von π und 1719 Thomas Fantet de Lagny 127 Stellen (mit einem Fehler in der 113. Stelle), und 1706 ermittelte John Machin 100 Dezimalstellen (Machin, Formel von).

Weiter erreichten 1794 Georg Vega 136 Stellen (mit \begin{eqnarray}\frac{\pi }{4}=2\arctan \frac{1}{3}+\arctan \frac{1}{7}),\end{eqnarray} 1841 William Rutherford (Rutherford, Formel von) 208 Stellen (davon die ersten 152 richtig), 1844 Johann Martin Zacharias Dase (Strassnitzky, Formel von) 200 Stellen, 1847 Thomas Clausen 248 und 1853 Rutherford 440 Stellen. Im Jahr 1874 kam William Shanks auf 707 Stellen, von denen aber nur die ersten 526 richtig waren, wie erst 1946 Donald Fraser Ferguson feststellte, der von Hand (Loney, Formel von) 530 und 1947 mit einem Tischrechner (Størmer, Formel von) 808 Stellen ermittelte. Spätere Rekorde kamen mit Hilfe von Computern zustande.

Unabhängig von der europäischen Entwicklung fanden im 18. und 19. Jahrhundert auch japanische Mathematiker Reihen- und Kettenbruchdarstellungen und berechneten Näherungen zu π. Takebe Kenko kam 1722 auf 41, und Matsunaga Ryohitsu berechnete 1739 aus der Arcussinusreihe für π die ersten 50 Dezimalstellen.

Integrale

Es gibt eine Reihe von Möglichkeiten, π als Integral zu schreiben. Aus dem geometrischen Zusammenhang ergibt sich π als Fläche des Einheitskreises oder als Bogenlänge des halben Einheitskreises: \begin{eqnarray}\pi =2\displaystyle \underset{-1}{\overset{1}{\int }}\sqrt{1-{x}^{2}}dx,\,\,\,\pi =\displaystyle \underset{-1}{\overset{1}{\int }}\frac{dt}{\sqrt{1-{t}^{2}}}\end{eqnarray}

Aus \(\tan \frac{\pi }{6}=\frac{1}{\sqrt{3}}\), \(\tan \frac{\pi }{4}=1\), \(\tan \frac{\pi }{3}=\sqrt{3}\) sowie \(\tan \frac{\pi }{2}=\infty \) und der Integraldarstellung der Arcustangensfunktion erhält man die Formeln \begin{eqnarray}\begin{array}{lll}\displaystyle\frac{\pi }{6}=\displaystyle \underset{0}{\overset{\displaystyle\frac{1}{\sqrt{3}}}{\int }}\frac{dt}{1+{t}^{2}} &, & \displaystyle\frac{\pi }{4}=\displaystyle \underset{0}{\overset{1}{\int }}\frac{dt}{1+{t}^{2}}\\ \displaystyle\frac{\pi }{3}=\displaystyle \underset{0}{\overset{\sqrt{3}}{\int }}\frac{dt}{1+{t}^{2}} &, & \displaystyle\frac{\pi }{2}=\displaystyle \underset{0}{\overset{\infty }{\int }}\frac{dt}{1+{t}^{2}}.\end{array}\end{eqnarray}

Im Jahr 1841 benutzte Karl Theodor Wilhelm Weierstraß solch eine Integralformel zur Definition von π. Einige der zahlreichen weiteren Darstellungen sind: \begin{eqnarray}\begin{array}{lll}\displaystyle\frac{\pi }{2} & = & \displaystyle \underset{0}{\overset{\infty }{\int }}\frac{\sin x}{x}dx=\displaystyle \underset{0}{\overset{\infty }{\int }}\frac{{\sin }^{2}x}{{x}^{2}}dx\\ \sqrt{\displaystyle\frac{\pi }{2}} & = & \displaystyle \underset{-\infty }{\overset{\infty }{\int }}\sin {x}^{2}dx=\displaystyle \underset{-\infty }{\overset{\infty }{\int }}\cos {x}^{2}dx\\ & = & \displaystyle \underset{0}{\overset{\infty }{\int }}\frac{\sin x}{\sqrt{x}}dx=\displaystyle \underset{0}{\overset{\infty }{\int }}\frac{\cos x}{\sqrt{x}}dx\\ \sqrt{\pi } & = & \displaystyle \underset{-\infty }{\overset{\infty }{\int }}{e}^{-{x}^{2}}dx,\,\,\,\frac{{\pi }^{2}}{6}=\displaystyle \underset{0}{\overset{1}{\int }}\frac{\mathrm{ln}\,x}{x-1}dx\end{array}\end{eqnarray}

Monte-Carlo-Methoden

Wegen seiner geometrischen Bedeutung ist π ein Musterbeispiel für Größen, die sich zur Annäherung durch Monte-Carlo-Methoden eignen. Zum Beispiel fallen in ein Quadrat \(\frac{4}{\pi }\)-mal so viele zufällige Regentropfen, wie in den einbeschriebenen Kreis, d.h. für Zufallszahlen x1, y1, x2, y2,… ∈ [0,1] und N ∈ ℕ gilt: \begin{eqnarray}\frac{1}{N}\#\{n\le N|{x}_{n}^{2}+{y}_{n}^{2}\le 1\}\to \frac{\pi }{4}\,\,\,\,\,(N\to \infty )\end{eqnarray}

Abbildung 4 zum Lexikonartikel π
© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017
 Bild vergrößern

Eine weiterer probabilistischer Zugang ist mit dem Buffonschen Nadelproblem gegeben. Solche Verfahren sind allerdings wegen der langsamen Konvergenz völlig ungeeignet, um viele Stellen von π zu berechnen.

Moderne Algorithmen

Im Jahr 1914 fand Srinivasa Ramanujan die schnell konvergierende Reihe \begin{eqnarray}\frac{1}{\pi }=\frac{\sqrt{8}}{9801}\displaystyle \sum _{n=0}^{\infty }\frac{(4n)!}{{(n!)}^{4}}\cdot \frac{1103+26390n}{{396}^{4n}},\end{eqnarray} die man über eine Modulargleichung gewinnen kann. Jedes Reihenglied erhöht die Anzahl der richtigen Stellen etwa um 8. Mit Hilfe von Modulfunktionen fanden 1987 Jonathan Michael Borwein und Peter Benjanim Borwein die Reihe \begin{eqnarray}\frac{1}{\pi }=12\displaystyle \sum _{n=0}^{\infty }\frac{{(-1)}^{n}(6n)!}{{(n!)}^{3}(3n)!}\cdot \frac{A+nB}{{C}^{n+\frac{1}{2}}}\end{eqnarray} mit \begin{eqnarray}\begin{array}{lll}A & = & \,\,\,\,\,\,212\,175\,710\,912\sqrt{61}+\,\,\,\,\,\,1\,657\,145\,277\,365\\ B & = & 13\,773\,980\,892\,672\sqrt{61}+107\,578\,229\,802\,750\\ C & = & {(5280(236\,674+30\,303\sqrt{61}))}^{3},\end{array}\end{eqnarray} bei der jedes Glied die Anzahl der richtigen Stellen um etwa 25 erhöht. Richard Peirce Brent und Eugene Salamin entdeckten 1976 den quadratisch konvergierenden Brent-Salamin-Algorithmus, den man auch als „Gauß-Legendre-Algorithmus“ bezeichnet, weil die zugrundeliegende Formel schon um 1800 von Carl Friedrich Gauß bei seinen Untersuchungen zu dem auf Joseph Louis Lagrange zurückgehenden arithmetisch-geometrischen Mittel gefunden wurde. Die BorweinIterationsverfahren von 1984 sind ebenfalls von quadratischer und von höherer Ordnung.

Im Jahr 1991 entwickelte Stanley Rabinowitz einen auf der Formel \begin{eqnarray}\pi =2\displaystyle \sum _{n=0}^{\infty }\frac{1\cdot 2\cdot \cdots \cdot n}{3\cdot 5\cdot \cdots (2n+1)}\end{eqnarray} beruhenden Tröpfelalgorithmus für π, also einen Algorithmus, der anfängliche Dezimalstellen schon ‚herauströpfelt, während die späteren Stellen noch gar nicht berechnet sind, und 1995 fanden David Bailey, Peter Borwein und Simon Plouffe die BBP- Formel \begin{eqnarray}\pi =\displaystyle \sum _{n=0}^{\infty }\left(\frac{4}{8n+1}-\frac{2}{8n+4}-\frac{1}{8n+5}-\frac{1}{8n+6}\right)\frac{1}{{16}^{n}}\end{eqnarray} zur Ziffernextraktion im Hexadezimalsystem, also zum Ermitteln von Ziffern ohne Berechnung der vorangehenden Ziffern.

Erstaunliche Näherungen

Auf Alexander Craig Aitken geht die überraschende Erkenntnis zurück, daß die Zahl \begin{eqnarray}\sqrt[3]{{e}^{\pi \sqrt{163}}-744}=640320-\alpha \end{eqnarray} ‚fast‘ ganz ist – es gilt 0 < α < 10−24, d. h. man hat mit recht hoher Genauigkeit \begin{eqnarray}\pi \approx \frac{\mathrm{ln}\,\left({640320}^{3}+744\right)}{\sqrt{163}}.\end{eqnarray}

Auch diese Tatsache findet eine Erklärung erst in der Theorie der Modulargleichungen.

Weitere verblüffende Näherungen leiteten 1992 die Gebrüder Borwein aus modularen Identitäten her. Beispielsweise stimmt die Zahl \begin{eqnarray}\frac{1}{{10}^{10}}{\left(\displaystyle \sum _{n=-\infty }^{\infty }{e}^{-({n}^{2}/{10}^{10})}\right)}^{2}\end{eqnarray} in mehr als den ersten 42 Milliarden Dezimalstellen mit π überein, ist aber doch verschieden von π.

Mit Computern erzielte Stellenrekorde

Ab der Mitte des 20. Jahrhunderts wurden programmierbare Rechner für die Ermittlung von immer mehr Dezimalstellen von π benutzt, wobei zunächst Arcustangensreihen die besten Verfahren lieferten. Die erste bekannt gewordene solche Rechnung wurde auf Anregung von John von Neumann im Jahr 1949 durch George Walter Reitwiesner auf dem ENIAC (Electronic Numerical Integrator and Calculator, ein 30-Tonnen-Ungetüm mit etwa 18000 Röhren) in den Ballistic Research Laboratories (Aberdeen, Maryland) durchgeführt und lieferte innerhalb von 70 Stunden mittels der Formel von Machin 2037 Dezimalstellen von π. In den folgenden Jahren konnte u. a. mit den Formeln von Machin, von Klingenstierna und von Størmer die Stellenanzahl immer weiter gesteigert werden. Im Jahr 1973 erreichten Jean Guilloud und Martine Bouyer auf einem CDC 7600 (Franlab, Rueil-Malmaison) mit der Formel von Gauß in etwa 23 Stunden ca. eine Million Dezimalstellen.

Arcustangenreihen bieten leider nur eine lineare Konvergenz. Vor allem durch die neuen, quadratisch und schneller konvergierenden Iterationsmethoden von Brent und Salamin und den Gebrüdern Borwein, durch die Entdeckung schneller Verfahren zur Multiplikation großer Zahlen (Schönhage-Strassen-Algorithmus, 1971), aber auch durch die Fortschritte in der Geschwindigkeit und Speicherkapazität von Computern konnte die Anzahl der errechneten Stellen in den letzten Jahren jedoch noch deutlich erhöht werden. Im September 1999 erreichte Yasumasa Kanada (Universität Tokio) auf einem Hitachi SR8000 Parallelrechner mit dem Brent-Salamin-Algorithmus und (für die Kontrollrechnung) einem BorweinAlgorithmus vierter Ordnung innerhalb von etwa 37 Stunden 206158 430 000 Dezimalstellen. In den davorliegenden Jahren hatten mit Formeln vom Ramanujan-Typ und teilweise mit selbstgebauten Parallelrechnern mehrfach auch die Gebrüder Chudnovsky den Stellenrekord erobert.

Neben diesen Rechnungen ist auch die Jagd nach einzelnen Ziffern mit Hilfe der oben erwähnten BBP-Formel erwähnenswert. Bailey, Borwein und Plouffe ermittelten damit 1995 die zehnmilliardste Hexadezimalstelle von π. Fabrice Bellard berechnete 1996 mit einer ähnlichen Formel die 100- milliardste und 1997 die 250-milliardste Stelle, und Colin Percival konnte mittels einer über das Internet auf viele Computer verteilten Rechnung im August 1998 die 1.25-billionste und im Februar 1999 die zehnbillionste Hexadezimalstelle sowie im September 2000 die billiardste Binärstelle von π berechnen.

Langlaufende Rechnungen mit Ergebniskontrolle sind ein guter Zuverlässigkeitstest für Computer, aber der Beweggrund für die Jagd nach immer mehr Stellen von π ist wohl eher menschliches Rekordfieber. Für praktische Zwecke hat die Kenntnis so vieler Stellen von π keine Bedeutung (für tatsächliche Anwendungen reichen wenige Dezimalstellen aus), und die Suche nach Regelmäßigkeiten oder statistischen Auffälligkeiten in der Ziffernfolge von π war bisher erfolglos. Von Archimedes bis in die jüngste Gegenwart hat jedoch die Beschäftigung mit π den Fortschritt in der Mathematik vorangetrieben und immer neue Zusammenhänge und Algorithmen zutage gebracht.

Literatur

[1] Arndt, J.; Haenel, Ch.: Pi. Algorithmen, Computer, Arithmetik. Springer Berlin, 2000.

[2] Beckmann, P.: A History of π. The Golem Press Boulder Colorado, 1977.

[3] Berggren, L; Borwein, J. M.; Borwein, P. B.: Pi: A Source Book. Springer Berlin, 1999.

[4] Blatner, D.: Pi. Magie einer Zahl. Rowohlt Reinbek, 2000.

[5] Delahaye, J.-P.: Pi – Die Story. Birkhäuser Basel, 1999.

[6] Ebbinghaus, H.-D.; et al: Zahlen. Springer Berlin, 1992.

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.