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Lexikon der Mathematik: Poincaré-Halbebene

Modell der zweidimensionalen hyperbolischen Geometrie.

Die nichteuklidische (hyperbolische) Ebene wird dabei durch eine offene euklidische Halbebene H (mit einer Randgeraden u) modelliert. Nichteuklidische Punkte sind alle euklidischen Punkte von H. Die Punkte von u werden nicht als Punkte (im nichteuklidischen Sinne des Poincaré-Modells) angesehen; sie heißen uneigentliche („unendlich weit entfernte“) Punkte. Nichteuklidische Geraden sind alle vollständig in H liegenden offenen Halbkreise, deren Mittelpunkte der (euklidischen) Geraden u angehören, und alle in H liegenden, zu u senkrechten, offenen Halbgeraden, deren Anfangspunkte auf u liegen.

Abbildung 1 zum Lexikonartikel Poincaré-Halbebene
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Abbildung 1: Hyperbolische Geraden in der Poincaré-Halbebene

Als Bewegungen der hyperbolischen Ebene werden in der Poincaré-Halbebene alle Hintereinanderausführungen von Verschiebungen entlang der Randgeraden u, Spiegelungen an zu u senkrechten Geraden, zentrischen Streckungen mit einem positiven Streckungsfaktor und einem Streckungszentrum auf u sowie Inversionen an Kreisen, deren Inversionspol auf u liegt, definiert. Zwei geometrische Figuren heißen (in nichteuklidischem Sinne) kongruent, wenn sie durch eine derartige Bewegung aufeinander abgebildet werden können.

Es läßt sich zeigen, daß im Poincaré-Modell alle Axiome der absoluten Geometrie sowie das Parallelenaxiom von Lobatschewski erfüllt sind, es sich also tatsächlich um ein Modell der hyperbolischen Geometrie handelt.

Der Abstand zweier Punkte A und B wird im Poincaré-Modell mit Hilfe des Doppelverhältnisses bestimmt. Falls A und B auf einem Halbkreis mit den uneigentlichen Punkten U und V liegen (Abb. 2), so ist ihr Abstand \begin{eqnarray}|AB|:\text{=}\frac{1}{2}\,|\text{ln}\,({A}^{\prime}\,\text{,}\,{B}^{\prime}\,\text{,}\,U\,\text{,}\,V)|\,\text{=}\,\frac{1}{2}\,|\mathrm{ln}\,\frac{|AU||BV|}{|BU||AV|}|\,\text{,}\end{eqnarray} liegen A und B auf einer Senkrechten zu u (mit dem uneigentlichen Punkt W), so gilt \begin{eqnarray}|CD|\,\,:\text{=}\left|\mathrm{ln}\,\frac{|DW|}{|CW|}\right|\text{.}\end{eqnarray}

Abbildung 2 zum Lexikonartikel Poincaré-Halbebene
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Abbildung 2

Da alle Bewegungen der Poincaré-Halbebene in euklidischem Sinne winkeltreu sind, überträgt sich die euklidische Winkelkongruenz auf die Kongruenz „nichteuklidischer Winkel“ im Poincaré-Modell, das deshalb ein konformes Modell der hyperbolischen Ebene ist.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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