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Lexikon der Mathematik: Quotientenkörper

meist mit Quot(R) bezeichneter Körper, der durch die folgende Konstruktion aus einem nullteilerfreien Ring R erhalten wird; Quot(R) heißt dann der Quotientenkörper des Rings R.

Sei S := R\{0}. Auf der Menge von Paaren aus R × S wird die Äquivalenzrelation

\begin{eqnarray}\begin{array}{ccc}(r,s)\sim({r}^{\prime},{s}^{\prime}) & \text{falls} & r{s}^{\prime}={r}^{\prime}s\end{array}\end{eqnarray}

eingeführt. Die Äquivalenzklasse von (r, s) wird mit \(\frac{r}{s}\) bezeichnet. Die Menge der Äquivalenzklassen ist Quot(R). Durch

\begin{eqnarray}\begin{array}{cc}\displaystyle \frac{{r}_{1}}{{s}_{1}}+\displaystyle \frac{{r}_{2}}{{s}_{2}}=\displaystyle \frac{{r}_{1}{s}_{2}+{r}_{2}{s}_{1}}{{s}_{1}{s}_{2}}, & \displaystyle \frac{{r}_{1}}{{s}_{1}}\cdot \displaystyle \frac{{r}_{2}}{{s}_{2}}=\displaystyle \frac{{r}_{1}{r}_{2}}{{s}_{1}{s}_{2}}\end{array}\end{eqnarray}

wird eine Addition und eine Multiplikation eingeführt, die Quot(R) zu einem Körper macht.

Das Nullelement ist \(\frac{0}{1}\), d. h., die Klasse gegeben durch {(0, s) | sS}, das Einselement ist \(\frac{1}{1}\), d. h., die Klasse gegeben durch {(s, s) | sS}. Für das inverse Element gilt

\begin{eqnarray}{\left(\displaystyle \frac{r}{s}\right)}^{-1}=\displaystyle \frac{s}{r}.\end{eqnarray}

Das Inverse existiert genau für \(\frac{r}{s}\ne \frac{0}{1}\). Durch

\begin{eqnarray}\begin{array}{cc}\iota :R\hookrightarrow \text{Quot}(R), & r\mapsto \displaystyle \frac{r}{1}\end{array}\end{eqnarray}

wird der nullteilerfreie Ring R in seinen Quotientenkörper eingebettet. Quot(R) ist bis auf Isomorphie der kleinste Körper, der R als Unterring enthält.

Die Quotientenkörperbildung ist weit verbreitet. In dieser Weise entsteht aus dem Ring der ganzen Zahlen ℤ der Körper der rationalen Zahlen ℚ. Er ist der (bis auf Isomorphie) eindeutig bestimmte kleinste Körper, in dem die ganzen Zahlen eingebettet werden können, und auf den die Addition und Multiplikation fortgesetzt werden kann. Die obigen Definitionsregeln für + und · sind genau die Regeln der Bruchrechnung.

Der Körper der rationalen Funktionen 𝕂(X) über einem Körper 𝕂 ergibt sich in dieser Weise aus dem Polynomring, d. h. 𝕂(X) = Quot(𝕂[X]).

Dieselbe Quotientenbildung kann für beliebige kommutative Ringe R mit 1 und für eine beliebige nullteilerfreie multiplikative Teilmenge (multiplikative Menge) S, die 1 enthält, ausgeführt werden. In dieser Weise erhält man (in Abhängigkeit von S) den Quotientenring RS = S−1R. Der Quotientenring heißt auch Ring der Brüche. Ist S die Menge aller Nichtnullteiler von R, so erhält man den vollen Quotientenring. Im allgemeinen sind Quotientenringe keine Körper.

Ist 𝔭 ein Primideal in R, so ist S := R \ 𝔭 eine multiplikative Menge. Der Quotientenring RS heißt dann auch die Lokalisierung nach dem Primideal 𝔭 und wird auch mit R𝔭 bezeichnet.

Auch allgemeinere, nicht notwendig nullteilerfreie, multiplikative Mengen S sind möglich. In diesem Fall lautet die Äquivalenzrelation: (r, s) ∼ (r′, s′), falls es ein s″ ∈ S gibt mit

\begin{eqnarray}{s}^{\prime\prime}(r{s}^{\prime}-{r}^{\prime}s)=0.\end{eqnarray}

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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