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Lexikon der Mathematik: Raum-Zeit-Singularität

Begriff aus der Allgemeinen Relativitätstheorie, der ausdrückt, daß die Raum-Zeit irreguläres Verhalten im Sinne der Differentialgeometrie aufweist. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um eine Krümmungssingularität, und oft ist dies durch das Divergieren einer Krümmungsinvariante beschreibbar. Eine andere, in vielen Fällen jedoch dazu äquivalente Definition einer Raum-Zeit-Singularität besteht in der Bedingung, daß es eine Geodäte gibt, die sich nicht beliebig fortsetzen läßt, und daß sich dieses auch dann nicht verwirklichen läßt, wenn die gegebene Raum-Zeit als Teilraum in eine größere Raum-Zeit eingebettet wird.

Beispiel: Wenn der Riemannsche Krümmungsskalar R gegen oo konvergiert, so ist dies gemäß Einsteinscher Feldgleichung auch für die Spur des Energie-Impuls-Tensors der Fall; dies würde aber die Existenz einer beliebig hohen Energiedichte oder beliebig hoher Drücke zur Folge haben. Da dies physikalisch unakzeptabel ist, wird die Existenz von Raum-Zeit-Singularitäten so interpretiert, daß dort die Allgemeine Relativitätstheorie nicht mehr gültig ist, sondern durch eine Theorie der Quantengravitation ersetzt werden muß.

Bekanntlich gibt es Schwarze Löcher als Lösungen der Einsteinschen Feldgleichung, und diese haben im Zentrum r = 0 eine Krümmungssingularität: Hier ist zwar R selbst endlich, aber der Krümmungsskalar \({R}_{ijkl}{R}^{ijkl}\) divergiert bei r → 0. Ein Schwarzes Loch hat aber bei r = 2m einen Horizont, d. h., diese Fläche kann nur von außen nach innen überquert werden. Ein außen stehender Beobachter kann die Singularität also gar nicht sehen.

Ist eine Singularität nicht von einem solchen Horizont umgeben, spricht man von einer nackten Singularität. Die Hypothese der kosmischen Zensur (kosmischer Zensor) besagt, daß es keine nackten Singularitäten gibt. Ein Weißes Loch unterscheidet sich von einem Schwarzen Loch lediglich durch die Umkehr der Zeitrichtung.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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