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Lexikon der Mathematik: Riemannsche ζ-Funktion

definiert durch die unendliche Reihe \begin{eqnarray}\zeta (z):=\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }\frac{1}{{n}^{z}}.\end{eqnarray}Diese Reihe ist die wohl bekannteste Dirichlet-Reihe. Sie ist in der Halbebene H = {z ∈ ℂ : Re z > 1} normal konvergent und definiert daher eine in H holomorphe Funktion ζ.

An den geraden natürlichen Zahlen können die Werte der ζ-Funktion explizit berechnet werden. Es gilt die Eulersche Formel \begin{eqnarray}\zeta (2k)=\frac{{(-1)}^{k+1}{(2\pi )}^{2k}}{2(2k)!}{B}_{2k},\quad k\in {\mathbb{N}},\end{eqnarray} wobei B2k die Bernoullischen Zahlen sind. Beispielsweise gilt \begin{eqnarray}\zeta (2)=\frac{{\pi }^{2}}{6},\,\,\zeta (4)=\frac{{\pi }^{4}}{90},\,\,\zeta (6)\frac{{\pi }^{6}}{945},\,\,\zeta (8)=\frac{{\pi }^{8}}{9450}.\end{eqnarray}

Für k ∈ ℕ, k ≥ 2 kann die k-te Potenz der ζ-Funktion als Dirichlet-Reihe dargestellt werden, denn es gilt \begin{eqnarray}{\zeta }^{k}(z)=\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }\frac{{d}_{k}(n)}{{n}^{z}},\end{eqnarray} wobei \begin{eqnarray}{d}_{k}(n):=\displaystyle \sum _{{n}_{1}\cdots {n}_{k}=n}1\end{eqnarray} die Anzahl der Möglichkeiten, n als Produkt von genau k Faktoren zu schreiben, bezeichnet. Dabei werden auch Produkte, die sich nur durch die Reihenfolge der Faktoren unterscheiden, als verschieden angesehen. Speziell ist d2(n) = d(n) die Anzahl der Teiler von n, wobei 1 und n mitgezählt werden. Eine entsprechende Darstellung gilt für den Kehrwert der ζ-Funktion, nämlich \begin{eqnarray}\frac{1}{\zeta (z)}=\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }\frac{\mu (n)}{{n}^{z}},\end{eqnarray} wobei μ die sog. Möbius-Funktion ist, d. h. \begin{eqnarray}\mu (n)=\left\{\begin{array}{cl}1, & \text{falls}\,n=1,\\ {(-1)}^{k}, & \text{falls}\,n={p}_{1}\ldots {p}_{k}\,\text{mit}\\ &\text{verschiedenen}\,{p}_{1},\ldots, {p}_{k}\in {\mathbb{P}},\\ \text{0,} & {\text {falls}}\,{p}^{2}\,\text{|}\,n\,{\text{f}\ddot{\mathrm u}{\text {r ein}}}\,p\in {\mathbb{P}}.\end{array}\right.\end{eqnarray}Dabei bezeichnet \({\mathbb{P}}\) die Menge der Primzahlen.

Für die Reste der ζ-Reihe \begin{eqnarray}{R}_{N}(z):=\zeta (z)-\displaystyle \sum _{n=1}^{N}\frac{1}{{n}^{z}},\quad N\in {\mathbb{N}}\end{eqnarray} gilt folgende Abschätzung. Ist x0 > 0 und 0 < Δ < 1, so existiert eine nur von x0 und Δ abhängige Konstante C = C(x0, Δ) > 0 derart, daß für z = x + iy mit xx0 und |y| ≤ 2πδN gilt \begin{eqnarray}{R}_{N}(z)=\frac{{N}^{1-z}}{z-1}+{r}_{N}(z)\end{eqnarray} und |rN(z)| ≤ CNx.

Die ζ-Funktion besitzt eine holomorphe Fortsetzung in ℂ \{1} und hat an z = 1 eine Polstelle der Ordnung 1 mit Residuum Res (ζ, 1) = 1. Die Laurent-Entwicklung von ζ mit Entwicklungspunkt 1 lautet \begin{eqnarray}\zeta (z)=\frac{1}{z-1}+\displaystyle \sum _{k=0}^{\infty }{\gamma }_{k}{(z-1)}^{k},\quad z\ne 1,\end{eqnarray} wobei \begin{eqnarray}{\gamma }_{k}:=\frac{{(-1)}^{k}}{k!}\mathop{\mathrm{lim}}\limits_{N\to \infty }\left(\displaystyle \sum _{m=1}^{N}\frac{{\mathrm{log}}^{k}m}{m}-\frac{{\mathrm{log}}^{k+1}N}{k+1}\right).\end{eqnarray}Speziell ist γ0 = γ die Eulersche Konstante.

Weiter gilt die Funktionalgleichung \begin{eqnarray}\zeta (z)={2}^{z}{\pi }^{z-1}\Gamma (1-z)\zeta (1-z)\,\text {sin}\,\frac{\pi z}{2},\quad z\ne 1,\end{eqnarray} wobei Γ die Eulersche Γ-Funktion ist. Setzt man \begin{eqnarray}\xi (z):=z(z-1){\pi }^{-z/2}\Gamma \left(\frac{z}{2}\right)\zeta (z),\end{eqnarray} so ist ξ eine ganze Funktion, und die Funktionalgleichung schreibt sich in der Form \begin{eqnarray}\xi (z)=\xi (1-z),\quad z\in {\mathbb{C}}.\end{eqnarray}

Aus der Funktionalgleichung erhält man ζ(z) = 0 für z = −2, −4, −6, …. Diese Punkte nennt man die trivialen Nullstellen der ζ-Funktion. Weiter folgt, daß außerhalb des Vertikalstreifens \begin{eqnarray}S=\{z\in {\mathbb{C}}:0\lt \mathrm{Re}\,z\lt 1\}\end{eqnarray} keine weiteren Nullstellen liegen. Man nennt S auch den kritischen Streifen von ζ.

Die berühmte Riemannsche Vermutung lautet:

Ist ζ(z) = 0 und zS, so gilt Re \(z=\frac{1}{2}\).

Sie ist bis heute weder bewiesen noch widerlegt worden.

Der Satz von Hardy besagt, daß auf der Geraden Re \(z=\frac{1}{2}\) unendlich viele Nullstellen der ζ-Funktion liegen. Für y > 0 bezeichne n(y) die Anzahl der Nullstellen zS von ζ mit 0 < Im z < y. Dann gilt die asymptotische Formel von Riemann-Mangoldt \begin{eqnarray}n(y)=\frac{y}{2\pi }\mathrm{log}\frac{y}{2\pi }-\frac{y}{2\pi }+r(y),\end{eqnarray} wobei r(y) ≤ c log y mit einer Konstanten c > 0.

Die Riemannsche ζ-Funktion spielt eine zentrale Rolle in der Zahlentheorie, insbesondere beim Beweis des Primzahlsatzes. Ein Zusammenhang zu Primzahlen liefert die Eulersche Produktentwicklung für die ζ-Funktion \begin{eqnarray}\zeta (z)=\displaystyle \prod _{p\in {\mathbb{P}}}\frac{1}{1-{p}^{-z}},\quad z\in H.\end{eqnarray}Für die logarithmische Ableitung der ζ-Funktion erhält man \begin{eqnarray}\frac{\zeta {^{\prime}}(z)}{\zeta (z)}=-\displaystyle \sum _{n=1}^{\infty }\frac{\Lambda (n)}{{n}^{z}},\quad z\in H,\end{eqnarray} wobei \begin{eqnarray}\Lambda (n)=\left\{\begin{array}{cl}\mathrm{log}\,p, & \text{falls}\,n={p}^{k}, p\in {\mathbb{P}}, k\in {\mathbb{N}},\\ 0, & \text{sonst}\text{.}\end{array}\right.\end{eqnarray} Man nennt Λ auch Mangoldtsche Funktion. In diesem Zusammenhang sei noch die Tschebyschew-Funktion ψ erwähnt, die für x ≥ 1 durch \begin{eqnarray}\psi (x):=\displaystyle \sum _{n\le x}\Lambda (n)\end{eqnarray} definiert ist.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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