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Lexikon der Mathematik: Stetigkeit

ein für die gesamte Analysis wie auch Topologie zentraler Begriff, der das Änderungsverhalten von Funktionen erfaßt und Bezüge zur Anschauung präzisiert.

Stetigkeit erfaßt mathematisch exakt die grobe Idee, daß sich die Funktionswerte nur wenig ändern, wenn sich die Argumente wenig ändern. Dieses ist keineswegs eine ‚akademische‘ Fragestellung; denn in vielen Bereichen – auch des täglichen Lebens – möchte man sicher sein, daß sich kleine Veränderungen in irgendwelchen Eingabegrößen nur wenig – also gerade nicht „chaotisch“– auf das Ergebnis auswirken.

Eine der möglichen exakten Definitionen lautet wie folgt: Eine Abbildung f : ℝ → ℝ ist stetig genau dann, wenn es für alle a ∈ ℝ und ϵ > 0 ein δ = δ(a) > 0 so gibt, daß | f (x) − f (a)| < ϵ für alle x ∈ ℝ mit |xa| < δ gilt. Entsprechendes gilt für Abbildungen zwischen beliebigen metrischen Räumen (Stetigkeit in einem Punkt).

Einer der wichtigsten Sätze zur Stetigkeit ist der Zwischenwertsatz (Bolzano, Zwischenwertsatz von), der besagt, daß eine stetige reellwertige Funktion (einer reellen Variablen) alle ‚Zwischenwerte‘ annimmt. Er präzisiert und trifft den Kern der oft zu lesenden sehr vagen Beschreibung stetiger Funktionen, daß man diese ‚ohne abzusetzen zeichnen kann. Verallgemeinert wird der Zwischenwertsatz durch die Überlegung, daß das stetige Bild einer zusammenhängenden Menge zusammenhängend ist: Es seien im folgenden X und Y topologische Räume und f : XY stetig.

Für eine zusammenhängende Teilmenge ℤ von X ist f (Z) zusammenhängend.

Spezialfall des Zwischenwertsatzes ist der ebenfalls nach Bolzano benannte Nullstellensatz (Bolzano, Nullstellensatz von).

Ganz allgemein hat man das Ergebnis, daß das stetige Bild einer kompakten Menge wieder kompakt ist:

Für eine kompakte Teilmenge K von X ist f (K) kompakt. Sind X und Y speziell metrische (oder allgemeiner uniforme) Räume, so ist f auf K gleichmäßig stetig (gleichmäßig stetige Funktion).

Für reellwertiges f, d. h. Y = ℝ, hat man so den

Satz über die Annahme von Extremwerten:

Es existieren Stellen u, v in K mit \begin{eqnarray}\begin{array}{ll}f(u)=\min \{f(x):x\in K\} & \text{und}\\ f(\upsilon)=\max \{f(x):x\in K\}. & \end{array}\end{eqnarray} Insbesondere ist f also beschränkt.

Speziell gelten diese Überlegungen für (stetige) Funktionen, die auf einem kompakten Intervall (K = [a, b] für −∞ < a < b < ∞) definiert sind.

Zum Nachweis von Stetigkeit ist neben den Grundregeln (Stetigkeit von Summe, Differenz, Produkt, Betrag und Quotient stetiger Funktionen) die Aussage über die Stetigkeit zusammengesetzter Funktionen (Hintereinanderausführung, Komposition) hilfreich.

Für reellwertige Funktionen einer reellen Variablen zieht man häufig noch den Satz über die Stetigkeit der Umkehrfunktion heran:

Es seien I ein Intervall inund f : I → ℝ stetig und injektiv. Dann ist f streng monoton und J := f (I) Intervall. f−1 : J → ℝ ist dann im gleichen Sinne streng monoton und stetig.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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