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Lexikon der Mathematik: Stokes, George Gabriel

Mathematiker und Physiker, geb. 13.8.1819 Skreen (Irland), gest. 1.2.1903 Cambridge (England).

Stokes, Sohn eines Geistlichen, wurde in Skreen, Dublin und Bristol schulisch ausgebildet. Einer seiner Lehrer in Bristol, der Mathematiker und Philologe E.W. Newman, hat ihn nach eigenen Angaben entscheidend geprägt. Stokes studierte in Cambridge. Nach dem Studium blieb er als Mitglied des Lehrkörpers in Cambridge und erhielt 1849 die Lucasian-Professur. Daneben lehrte er auch an der Goverment School of Mines in London. Ab 1854 war er Sekretär, 1885 bis 90 Präsident der Royal Society, in den Jahren 1887 bis 91 Parlamentsabgeordneter, sowie von 1886 bis 1903 Präsident des Victoria Institute in London, das sich den Beziehungen zwischen Christentum und modernem Denken widmete. Im Jahre 1899 wurde Stokes geadelt.

In außerordentlichem Maße war Stokes in seiner mathematischen Arbeit von physikalischen Problemen beeinflußt. „Ausflüge“ in die „reine Mathematik“ unternahm er letztlich nur, um Methoden zur Lösung physikalischer Aufgaben aufzufinden. Seine wissenschaftliche Karriere eröffnete er 1842 mit der Bearbeitung von Problemen der Hydrodynamik. Er begann mit Untersuchungen zur gleichmäßigen Bewegung einer inkompressiblen Flüssigkeit und konnte die Aufgabe im zweidimensionalen und in speziellen dreidimensionalen Fällen (1845) lösen. Im Rahmen dieser Untersuchungen versuchte er, verschiedene Größen wie Temperatur, Viskosität, aber auch die Form des Gefäßes, in dem sich die Flüssigkeit bewegt, zu berücksichtigen. Er untersuchte die innere Reibung von Flüssigkeiten ab 1845, wobei er aber an die Existenz von Molekülen, die die französische Schule der mathematischen Physik behauptete, nicht glauben wollte. Ab 1847 untersuchte Stokes oszillierende Wellen im Wasser und wandte seine Theorie der inneren Reibung auf die Theorie der Pendelbewegung (1850) und das Verhalten des Wassers in der Erdatmosphäre an. Seine Forschungen über das Pendel führten ihn zu Überlegungen über die Gestalt der Erde und zu der Feststellung, daß die Gravitation auf dem Kontinent geringer als auf einer Insel sei. Er studierte die Schalltheorie und verband die Windstärkemessung mit der Lautstärkemessung. Ab 1845 hat sich Stokes auch mit der Lichttheorie befaßt, die Natur des Äthers aufzuklären versucht, und die Entstehung der Fluoreszenz richtig gedeutet.

In der reinen Mathematik arbeitete er über periodische Reihen (1847), führte 1847/48 den Begriff der gleichmäßigen Konvergenz ein, berechnete spezielle Integrale (1850), fand 1854 den nach ihm benannten Integralsatz, und löste verschiedene Differentialgleichungen.

Nach 1850 ging Stokes’ wissenschaftliche Produktivität stark zurück. Er beschäftigte sich mit experimentellen Untersuchungen, der „Naturtheologie“, entwickelte aber auch, neben J.E.Wiechert, die Impetustheorie der Röntgenstrahlen.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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