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Lexikon der Mathematik: subharmonische Funktion

eine in einer offenen Menge D ⊂ ℂ definierte Funktion v mit folgenden Eigenschaften:

(1) Es gilt −∞ ≤ v(z) < ∞ für alle zD.

(2) Es ist v eine in D oberhalb stetige Funktion.

(3) Für jedes z0D und jede abgeschlossene Kreisscheibe \(\overline{{B}_{r}({z}_{0})}\subset D\) mit Mittelpunkt z0 und Radius r > 0 gilt \begin{eqnarray}v({z}_{0})\le \frac{1}{2\pi}\displaystyle \underset{0}{\overset{2\pi}{\int}}v({z}_{0}+r{e}^{it})\,dt.\end{eqnarray}

Einige Anmerkungen: Wegen v(z) < ∞ für alle zD und der Eigenschaft (2) folgt stets \begin{eqnarray}\displaystyle \underset{0}{\overset{2\pi}{\int}}v({z}_{0}+r{e}^{it})\,dt\lt \infty.\end{eqnarray}

Allerdings kann dieses Integral den Wert −∞ annehmen, in diesem Fall ist dann auch v(z0) =−∞. Ist U eine Zusammenhangskomponente von D, so ist entweder v(z) = −∞ für alle zU, oder die Menge {zU : v(z) = −∞ besitzt keine inneren Punkte. Insbesondere ist die Funktion v mit v (z) := −∞ für alle zD eine in D subharmonische Funktion. Die Definition ist in der Literatur nicht einheitlich. Manchmal wird die Stetigkeit von v in D gefordert, was den Fall v(z) = −∞ ausschließt.

Erste einfache Beispiele subharmonischer Funktionen erhält man wie folgt. Offensichtlich ist jede in D harmonische Funktion subharmonisch in D. Genauer gilt: Eine in D stetige Funktion ist harmonisch in D genau dann, wenn sie gleichzeitig subharmonisch und superharmonisch in D ist. Ist f eine in D holomorphe Funktion, so ist v := log |f| subharmonisch in D. Insbesondere ist die Funktion v mit v(z) := log |z| subharmonisch in ℂ.

Zur Formulierung äquivalenter Definitionen für subharmonische Funktionen ist folgende Bezeichnung hilfreich. Für eine kompakte Menge K ⊂ ℂ bezeichne Ch(K) die Menge aller stetigen Funktionen u : K → ℝ, die in K&ogr; harmonisch sind, wobei K&ogr; die Menge der inneren Punkte von K ist. Eine Funktion v : D → [−∞, ∞) erfüllt das Maximumprinzip in D, falls für jede kompakte Menge KD und jede Funktion uCh(K) mit v(ζ) ≤ u(ζ) für alle ζ ∈ ∂K bereits gilt v(z) ≤ u(z) für alle zK. Damit gilt folgender Satz.

Es sei v : D → [−∞, ∞) eine oberhalb stetige Funktion. Dann sind folgende Aussagen äquivalent:

(i) v ist subharmonisch in D.

(ii) v erfüllt das Maximumprinzip in D.

(iii) Für jede abgeschlossene Kreisscheibe BD und jede Funktion uCh(B) mit v(ζ) ≤ u(ζ) für alle ζ ∈ ∂B gilt v(z) ≤ u(z) für alle zB.

(iv) Fürjede abgeschlossene Kreisscheibe \(B=\overline{{B}_{r}({z}_{0})}\subset D\)gilt \begin{eqnarray}v({z}_{0})\le \frac{1}{\pi {r}^{2}}\displaystyle \int \displaystyle \mathop{\int}\limits_{B}v(x+iy)\,dxdy.\end{eqnarray}

Grundlegende Eigenschaften subharmonischer Funktionen:

(a) Sind v1, v2 subharmonische Funktionen in D und a, b > 0, so sind av1 + bv2 und max {v1, v2} subharmonische Funktionen in D.

(b) Es sei 𝒱 eine Familie subharmonischer Funktionen in D, die nach oben lokal gleichmäßig beschränkt in D ist, d. h. zu jeder kompakten Menge KD gibt es eine nur von K abhängige Konstante m ∈ ℝ mit v(z) ≤ m für alle zK und alle v ∈ 𝒱. Weiter seien v0 und v0 in D definiert durch v0(z) :=sup {v(z) : v ∈ 𝒱} und v0 (z) := lim supw→zv0(w). Dann ist v0 subharmonisch in D. Ist v0 oberhalb stetig, so gilt v0 = v0.

(c) Es sei 𝒱 eine Familie subharmonischer Funktionen in D derart, daß es zu je zwei Funktionen v1, v2 ∈ 𝒱 ein v3 ∈ 𝒱 gibt mit v3(z) ≤ min {v1(z), v2(z)} für alle z∈ D. Weiter sei v0 in D definiert durch v0(z) := inf {v(z) : v ∈ 𝒱}. Dann ist v0 subharmonisch in D. Ist insbesondere (vn) eine Folge subharmonischer Funktionen in D mit vn (z) ≥ vn+1 (z) für alle zD und n ∈ ℕ, so ist limn→∞vn eine subharmonische Funktion in D.

(d) Es sei (vn) eine Folge positiver subharmonischer Funktionen in D derart, daß \(v:=\mathop{\sum ^{n}_{n=1}} {v}_{n}\) oberhalb stetig in D ist. Weiter sei U eine Zusammenhangskomponente von D. Dann gilt entweder v(z) = ∞ für alle zU, oder v ist subharmonisch in U.

(e) Es sei (vn) eine Folge negativer subharmonischer Funktionen in D. Dann ist \(v:=\mathop{\sum ^{n}_{n=1}} {v}_{n}\) subharmonisch in D.

(f) Es sei v eine subharmonische Funktion in D Dann gilt v(z) = lim supwz v(w) für jedes zD.

(g) Es sei v eine subharmonische Funktion in D, a := infz∈Dv(z) und b := supz∈Dv(z). Weiter sei ϕ: [a, b] → [−∞, ∞) eine monoton wachsende, konvexe Funktion. Dann ist ϕ &ogr; v subharmonisch in D

(h) Es sei v eine subharmonische Funktion in D und U eine offene Teilmenge von D. Weiter sei u eine oberhalb stetige Funktion in D, die subharmonisch in U ist mit u(z) ≥ v(z) für zU und u(z) = v(z) für zD \ U. Dann ist u subharmonisch in D.

(i) Es sei v eine subharmonische Funktion in ℂ. Dann existiert eine Folge (vn) stetiger, subharmonischer Funktionen in ℂ mit vn(z) ≥ vn+1 (z) für alle z ∈ ℂ und n ∈ ℕ sowie limn→∞vn(z) = v(z) für alle z ∈ ℂ.

Aus den Eigenschaften (a) und (g) erhält man weitere Beispiele subharmonischer Funktionen. Ist nämlich f eine holomorphe Funktion in D, so ist log+ | f | subharmonisch in D, wobei log+x := log x für x > 1 und log+x := 0 für 0 ≤ x ≤ 1. Weiter ist | f |p für jedes p > 0 subharmonisch in D. Insbesondere sind die durch v1(z) := log+ |z| und v2(z) := |z|p definierten Funktionen subharmonisch in ℂ.

Zweimal stetig differenzierbare subharmonische Funktionen können wie folgt charakterisiert werden.

Es sei v : D → ℝ zweimal stetig differenzierbar in D. Dann ist v subharmonisch in D genau dann, wenn Δv(z) ≥ 0 für alle zD, wobei. der Laplace-Operator ist.

Eine zweimal stetig differenzierbare Funktion v in D nennt man eine streng subharmonische Funktion in D, falls.v(z) > 0 für alle zD.

Subharmonische Funktionen spielen eine wichtige Rolle bei Perronschen Familien und beim Perronschen Prinzip.

Weiter ist der Begriff der harmonischen Majorante von Interesse. Dazu sei v eine subharmonische Funktion in D, und zu jeder Zusammenhangskomponente U von D gebe es einen Punkt zUU mit v(zU) > −∞. Eine harmonische Majorante von v ist eine harmonische Funktion u in D mit u(z) ≥ v(z) für alle zD. Falls eine solche Funktion u existiert (was im allgemeinen nicht der Fall sein muß), so gibt es auch eine kleinste harmonische Majorante u0 von v, d. h. es gilt u0(z) ≥ v(z) für alle zD und für jede weitere harmonische Majorante u von v gilt u(z) ≥ u0(z) für alle zD. Ist z. B. D = G ein beschränktes, einfach zusammenhängendes Gebiet und \(v:\overline{G}\to [-\infty, \infty)\) eine oberhalb stetige Funktion, die in G subharmonisch ist, so besitzt v eine kleinste harmonische Majorante.

Für subharmonische Funktionen v in ℂ sind noch die Begriffe Ordnung einer subharmonischen Funktion und Typ einer subharmonischen Funktion erklärt. Dazu sei für r > 0 \begin{eqnarray}M(r,v):=\mathop{\sup}\limits_{|z|=r}v(z).\end{eqnarray}

Es ist M(r, v) eine monoton wachsende Funktion von r. Ist v nicht nach oben beschränkt, so heißt \begin{eqnarray}\varrho =\varrho (v):=\mathop{\mathrm{lim}\sup}\limits_{r\to \infty}\frac{\mathrm{log}M(r,v)}{\mathrm{log}\,r}\end{eqnarray}

die Ordnung von v. Es gilt 0 ≤ ϱ ≤ ∞. Falls v nach oben beschränkt ist, so setzt man ϱ(v) := 0. Ist 0 < ϱ < ∞, so heißt \begin{eqnarray}\tau =\tau (v):=\mathop{\mathrm{lim}\sup}\limits_{r\to \infty}\frac{M(r,v)}{{r}^{\varrho}}\end{eqnarray}

der Typ von v (zur Ordnung ϱ). Man nennt v vom Minimaltyp, Mitteltyp oder Maximaltyp, je nachdem, ob τ = 0, 0 < τ < ∞ oder τ = ∞.

Für eine ganze Funktion f ist v := log | f| subharmonisch in ℂ. Ist z. B. f(z) = z, so ist v(z) = log |z|. Man erhält M(r, v) = log r und daher ϱ(v) = 0. Für f(z) = ez ist |ez| = e Re z, also v(z) = Re z, M(r, v) = r und daher ϱ(v) = 1 und τ(v) = 1.

Setzt man für eine in ℂ subharmonische Funktion v und r > 0 \begin{eqnarray}T(r,v):=\frac{1}{2\pi}\displaystyle \underset{0}{\overset{2\pi}{\int}}{v}^{+}(r{e}^{it})\,dt,\end{eqnarray}

wobei v+ (z) := max {v(z), 0}, so ist T(r, v) eine monoton wachsende Funktion von r. Ersetzt man in der Definition der Ordnung M(r, v) durch T(r, v), so erhält man den gleichen Wert für ϱ(v). Es ist sogar möglich, eine Nevanlinna-Theorie für subharmonische Funktionen in C zu entwickeln.

Subharmonische Funktionen können in analoger Weise auch in offenen Mengen D ⊂ ℝn definiert werden.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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