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Lexikon der Mathematik: uneigentliche Differenzierbarkeit

liegt bei einer auf einer Menge D ⊂ ℝ definierten Funktion f : D → ℝ an einer inneren Stelle aD vor, wenn f an der Stelle a nicht differenzierbar ist, d. h. der Differenzenquotient Qf (a, x) für xa nicht konvergiert, aber Qf (a, x) für xa bestimmt divergiert, also Qf (a, x) → −∞ oder Qf (a, x) → ∞ gilt für xa. Man schreibt dafür f′(a) = −∞ bzw. f′(a) = ∞, nennt dies eine uneigentliche oder unendliche Ableitung und sagt auch, f habe an der Stelle a eine senkrechte Tangente.

Beispielsweise ist die durch \begin{eqnarray}f(x)=\mathrm{sgn}(x)\sqrt{|x|}\end{eqnarray} definierte Funktion f : ℝ → ℝ stetig und in ℝ \ {0} differenzierbar mit \(f^{\prime} (x)=1/(2\sqrt{|x|})\), aber wegen

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limx→0Qf (0, x) = ∞ an der Stelle 0 nicht differenzierbar, sondern uneigentlich differenzierbar.

Bei bestimmter Divergenz von Qf (a, x) für xa bzw. xa spricht man auch von linksseitiger bzw. rechtsseitiger uneigentlicher Differenzierbarkeit von f an der Stelle a und schreibt dafür \({f}_{-}^{\prime}(a)=\infty \), \({f}_{+}^{\prime}(a)=\infty \) usw.. Die durch xx2/3 definierte Neilsche Parabel n : ℝ → ℝ ist z.B. linksseitig und rechtsseitig uneigentlich differenzierbar an der Stelle 0, jedoch wegen \({n}_{-}^{\prime}(0)=-\infty \) und \({n}_{+}^{\prime}(0)=\infty \) dort nicht uneigentlich differenzierbar.

Auch etwa an Randstellen eines abgeschlossenen Intervalls D spricht man bei bestimmter Divergenz des Differenzenquotienten von linksseitiger bzw. rechtsseitiger uneigentlicher Differenzierbarkeit.

An inneren Stellen a ist jeder der Fälle

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mit c, d ∈ ℝ, cd möglich.

Man beachte, daß aus der uneigentlichen Differenzierbarkeit einer Funktion an einer Stelle nicht ihre Stetigkeit an dieser Stelle folgt, wie man schon an die Signumfunktion an der Stelle 0 sieht.

Mit Hilfe des Mittelwertsatzes der Differentialrechnung kann man zeigen:

Ist f : D → ℝ an einer inneren Stelle a ∈ D stetig und in einer punktierten Umgebung von a differenzierbar (also in (aϵ, a + ϵ) \ {a} mit einem geeigneten ϵ > 0), und ist f′(x) für xa konvergent oder bestimmt divergent, so ist f an der Stelle a differenzierbar bzw. uneigentlich differenzierbar mit \begin{eqnarray}{f}^{\prime}(a)=\mathop{\mathrm{lim}}\limits_{x\to a}{f}^{\prime}(x).\end{eqnarray}

Wie die Signumfunktion zeigt, ist die Voraussetzung der Stetigkeit an der Stelle a wesentlich

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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