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Lexikon der Mathematik: verallgemeinerte Frenetsche Formeln

ein System von Differentialgleichungen für reguläre Kurven in einer Riemannschen Mannigfaltigkeit, das neben anderen die klassischen Frenetschen Formeln für Kurven auf Flächen verallgemeinert.

Ist (M, g) eine n-dimensionale Riemannsche Mannigfaltigkeit mit einer positiv definiten Riemannschen Metrik g, ▽ der zugehörige Levi-Civita-Zusammenhang auf M, und α(s) eine durch die Bogenlänge s parametrisierte Kurve in M, so wird durch sukzessives Anwenden der kovarianten Ableitung auf den Tangentialvektor \(\dot{\alpha}(s)\) über die Rekursionsbeziehungen \({{\mathfrak{x}}}_{i}(s)=\dot{\alpha}(s)\) und \({{\mathfrak{x}}}_{1}(s)={\nabla}_{\dot{\alpha}(s)}{{\mathfrak{x}}}_{i-1}(s)\) eine Folge von Vektorfeldern \({{\mathfrak{x}}}_{1},{{\mathfrak{x}}}_{2},{{\mathfrak{x}}}_{3}\cdots \) definiert. Man setzt voraus, daß α(s) allgemein gekrümmt ist, d.h., daß die Vektoren \({{\mathfrak{x}}}_{1},\ldots,{{\mathfrak{x}}}_{n}\) des Tangentialraumes Tα(s)(M) für alle s linear unabhängig sind. Die lineare Hülle \begin{eqnarray}\mathcal{S}_{k}=\text{Span}\,({{\mathfrak{x}}}_{1},\ldots,{\mathfrak{x}}_k)\subset {T}_{\alpha (s)}(M)\end{eqnarray} heißt k-ter Schmiegraum von α.

Man konstruiert, ausgehend von \({{\mathfrak{x}}}_{1},\ldots,{{\mathfrak{x}}}_{n}\), ein begleitendes orthonormiertes n-Bein, also eine Folge \({{\mathfrak{e}}}_{1},\ldots,{{\mathfrak{e}}}_{n}\) orthonormierter Vektorfelder derart, daß für k = 1, …, n die ersten k Vektoren dieser Folge ebenfalls eine Basis von \({{\mathcal{S}}}_{k}\) bilden. Die kovarianten Ableitungen \({\mathop{{\mathfrak{e}}}\limits^{.}}_{i}={\nabla}_{\dot{\alpha}}{{\mathfrak{e}}}_{i}\) besitzen dann eine Darstellung \begin{eqnarray}{\dot{\mathfrak{e}}}_{i}=\displaystyle \sum _{i=1}^{n}{a}_{ij}{\mathfrak{e}}_{j}\end{eqnarray} als Linearkombination der Vektoren des begleitendes n-Beins.

Da \({{\mathfrak{e}}}_{i}\) in \({{\mathcal{S}}}_{k}\) liegt, liegt die Ableitung \({\mathop{{\mathfrak{e}}}\limits^{.}}_{i}\) in \({{\mathcal{S}}}_{i+1}\), sodaß die Koeffizienten aij für j > i + 1 gleich Null sind. Orthonormiertheit des begleitenden n-Beins bedeutet, daß \(g({{\mathfrak{e}}}_{i},{{\mathfrak{e}}}_{j})=0\) fü ij und \(g({{\mathfrak{e}}}_{i},{{\mathfrak{e}}}_{i})=1\) ist. Dies hat die Beziehung \begin{eqnarray}{a}_{ij}+{a}_{ji}=0\end{eqnarray} zur Folge. Somit bilden die Funktionen aij eine schiefsymmetrisehe Matrix, deren Elemente nur an den Stellen direkt oberhalb und unterhalb der Hauptdiagonalen ungleich Null sind. Man setzt κi = ai, i+1 für i = 1, 2, …, n − 1 und nennt κi die i-te Krümmung von α.

Die verallgemeinerten Frenetschen Formeln lauten dann \begin{eqnarray}\begin{array}{l}{{{\dot{\mathfrak e}}}_{1}}={{\kappa}_{2}}{{\mathfrak e}_{2,\,\,\,}}{{{\dot{\mathfrak e}}}_{n}}={{\kappa}_{n-1}}\,{{\mathfrak e}_{n-1}},\,\,\,\text{und} \\ {{{\dot{\mathfrak e}}}_{i}}=-{{\kappa}_{i-1}}\,{{\mathfrak e}_{i-1}}+{{\kappa}_{i}}\,{{\mathfrak e}_{i}}+1\,\,\left(2\le i\le n-1 \right).\end{array}\end{eqnarray}

Als Spezialfall ergeben sich die Frenetsche Formeln der ebenen Kurventheorie:

Ist \({\mathfrak{t}}(s)\) der Einheitstangentialvektor einer Kurve α, so wählt man einen Normalenvektor \({{\mathfrak{n}}}_{+}(s)\) von α derart, daß das Paar \(({\mathfrak{t}}(s),{{\mathfrak{n}}}_{+}(s))\) ein orientiertes begleitendes Zweibein von ℝ2 bildet. Die Ableitungen der Vektorfunktionen \({\mathfrak{t}}(s)\) und \({{\mathfrak{n}}}_{+}(s)\) erfüllen dann das Differentialgleichungssystem \begin{eqnarray}{\dot{\mathfrak{t}}}\left(s \right)={{\kappa}_{2}}\left(s \right){{\mathfrak{n}}_{+}}\left(s, \right)\,\,\,{{{\dot{\mathfrak{n}}}}_{+}}\left(s \right)=-{{\kappa}_{2}}\left(s \right)\mathfrak{t}\left(s \right),\end{eqnarray} die Frenetschen Formeln der ebenen Kurventheorie, in denen κ2 (s) die signierte Krümmung von α(s) bezeichnet.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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