Direkt zum Inhalt

Lexikon der Mathematik: Waringsches Problem

auf E. Waring zurückgehende fundamentale Fragestellung der Zahlentheorie.

In seinen Meditationes Algebraicae (1770) schrieb Waring:

„Omnis integer numerus vel est cubus; vel e duobus, tribus, 4, 5, 6, 7, 8, vel novem cubus compositus: est etiam quadratoquadratus; vel e duobus, tribus & c. usque ad novemdecim compositus & sic deinceps.”

Auf deutsch: „Jede ganze Zahl ist entweder ein Kubus, oder aus zweien, dreien, 4, 5, 6, 7, 8, oder neun Kuben zusammengesetzt: sie ist auch ein Biquadrat (eine vierte Potenz); oder aus zweien, dreien usw. bis zu neunzehn [Biquadraten] zusammengesetzt, usw.”

Nach geeigneter Interpretation des „& sic dein- ceps” behauptete also Waring:

Jede natürliche Zahl ist als Summe von höchstens 9 Kuben und auch als Summe von höchstens 19 vierten Potenzen darstellbar.

Allgemein gibt es zu jedem ganzen Exponenten \begin{eqnarray}k\ge 2\end{eqnarray}ein \begin{eqnarray}g\in {\mathbb{N}}\end{eqnarray}derart, daß jede natürliche Zahl n als Summe von höchstens g natürlichen Zahlen, von denen jede eine k-te Potenz ist, darstellbar ist.

Bei Waring findet sich kein Beweis dieser Behauptungen, die seither als Waringsches Problem bezeichnet werden.

Warings Motivation für diese Behauptungen war vermutlich der Vier-Quadrate-Satz von Lagrange (Lagrange, Vier-Quadrate-Satz von), nach dem sich jede natürliche Zahl als Summe von höchstens vier Quadraten schreiben läßt.

Das Waringsche Problem blieb lange Zeit ungelöst. Wieferich bewies 1909 die erste Waringsche Behauptung, daß jedes n als Summe von höchstens 9 Kuben darstellbar sei, und zeigte darüber hinaus, daß bei manchen n mindestens 9 kubische Summanden benötigt werden. Ebenfalls 1909 bewies Hilbert den letzten Teil der Waringschen Behauptung, die heute als Satz von Waring-Hilbert (Waring-Hilbert, Satz von) bekannt ist.

Die nächste interessante Frage ist die nach dem minimalen g zugegebenem k, das mit g(k) bezeichnet wird. g(k) ist also durch zwei Bedingungen festgelegt:

  1. Jede natürliche Zahl ist eine Summe aus k-ten Potenzen, wobei man höchstens g(k) Summanden benötigt.
  2. Es gibt mindestens eine natürliche Zahl, zu deren Darstellung als Summe von k-ten Potenzen mindestens g(k) Summanden nötig sind.

Johannes Albert Euler (ein 1734 geborener Sohn von Leonhard Euler) bewies um 1772 die folgende untere Abschätzung für g(k):

Für jeden ganzen Exponenten \begin{eqnarray}k\ge 2\end{eqnarray}gilt \begin{eqnarray}g(k)\ge {2}^{k}+\left\lfloor {\left(\frac{3}{2}\right)}^{k}\right\rfloor -2,\end{eqnarray}wobei \begin{eqnarray}\lfloor r\rfloor \end{eqnarray}die größte ganze Zahlr bezeichnet.

Man hat also beispielsweise die folgenden unteren Schranken, wobei die rechte Seite der Ungleichung (1) mit g*(k) bezeichnet wird:

Abbildung 1 zum Lexikonartikel Waringsches Problem
© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017
 Bild vergrößern

Im Fall k = 2 liefert der Vier-Quadrate-Satz von Lagrange damit g(2) = 4, und in den Fällen k = 3 und k = 4 erhält man genau die von Waring angegebenen Summandenanzahlen. Man vermutet, daß für alle \begin{eqnarray}k\ge 2\end{eqnarray}\begin{eqnarray}g(k)={g}_{*}(k)\end{eqnarray} ist; diese Gleichung ist für folgende Werte von k bereits bekannt:

Abbildung 2 zum Lexikonartikel Waringsches Problem
© Springer-Verlag GmbH Deutschland 2017
 Bild vergrößern

Darüber hinaus konnte Mahler 1957 (mit einer verfeinerten Variante des Satzes von Thue-Siegel- Roth) nachweisen, daß es insgesamt nur endlich viele \begin{eqnarray}k\in {\mathbb{N}}\end{eqnarray} mit g(k) > g*(k) gibt. Mahlers Beweis ist allerdings ineffektiv in dem Sinn, daß er er keine Möglichkeit enthält, eine obere Schranke für die Anzahl der Ausnahme-k anzugeben.

Eine weitere Variante des Waringschen Problems besteht darin, die Zahlen G(k) ≤ g(k) zu bestimmen; hierbei ist G(k) das Minimum aller Zahlen g mit der Eigenschaft, daß es eine Schranke x0(k,g) derart gibt, daß sich jede natürliche Zahl größer oder gleich x0(k, g) als Summe aus k-ten Potenzen mit höchstens g Summanden darstellen läßt (daß also für genügend große Zahlen g Summanden ausreichen). Die Zahl G(k) ist in aller Regel kleiner als g(k); so zeigte z.B. Dickson 1939, daß jede natürliche Zahl außer 23 und 239 als Summe von höchstens 8 Kuben darstellbar ist (also G(3) ≤ 8).

Über G(k) ist noch wesentlich weniger bekannt als über g(k); einige Resultate sind in folgender Tabelle zusammengestellt:

Schreiben Sie uns!

Wenn Sie inhaltliche Anmerkungen zu diesem Artikel haben, können Sie die Redaktion per E-Mail informieren. Wir lesen Ihre Zuschrift, bitten jedoch um Verständnis, dass wir nicht jede beantworten können.

  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

Partnerinhalte

Bitte erlauben Sie Javascript, um die volle Funktionalität von Spektrum.de zu erhalten.